Strategie & Management

Energie- und Umweltmanagement IV

Zum Umgang mit gefährlichen Stoffen und Altlasten

Die Entsorgung von gefährlichen Stoffen und Altlasten kann teuer werden. Nicht immer haftet der direkte Verursacher, auch neue Grundstückeigentümer und sogar Vermieter können zur Kasse gebeten werden, wie ein aktueller Bundesgerichtsentscheid zeigt.
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Im Bundesgerichtsurteil vom 28. Fe­bruar 2019 (1C_305/2018) wird ein Vermieter dazu verurteilt, die Entsorgungskosten für problematische Substanzen zu übernehmen, die der Mieter in den Miet­räumen deponiert hatte. Die Firma A. AG ist Eigentümer einer Parzelle, auf der der Mieter Firma B. AG eine galvanische Werkstätte betrieb. Über die B. AG wurde am 16. März 2015 der Konkurs eröffnet. Die Behandlungsbäder (Säure-, Lauge- und Cyanid-Bäder) blieben gefüllt in der Werkstatt stehen.

Im Juni 2015 führte die Abteilung für Umwelt (AfU) des Aargauer Departements Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) in Anwesenheit von Vertretern der A. AG einen Augenschein durch und stellte fest, dass die Substanzen eine Gefahr für die Umwelt und die sich in der Umgebung aufhaltenden Menschen darstellten. 

Haftungsfragen

Der Vertreter der A. AG anerkannte den Handlungsbedarf, teilte aber mit, dass sie die Entsorgung nicht selbst vornehmen wolle. Daraufhin ordnete die AfU mit Verfügung die ersatzweise Entsorgung der Chemikalien durch die Firma C. AG an und bevorschusste die Entsorgungskosten. Mit Verfügung stellte die AfU im November der A. AG die Entsorgungs­kosten von 126 528.70 CHF in Rechnung. Die A. AG reichte dagegen Beschwerde ein, diese wurde abgewiesen und der Fall gelangte mit einer Beschwerde vor das Bundesgericht. Die A. AG machte geltend, dass nicht sie, sondern die B. AG, be­ziehungsweise das Konkursamt, Inhaberin der Abfälle gewesen sei. Also sei nicht die A. AG massnahme- und kostenpflichtig, sondern der Kanton. 

Das Bundesgericht lehnte die Beschwerde mit folgender Begründung ab: 

Nach ständiger Rechtsprechung gilt als Inhaber, wer die tatsächliche Herrschaft über eine Sache hat, die nach Umweltschutzgesetz (USG Artikel 7) als Abfall gilt. Nicht erforderlich sei, dass der In­haber im zivilrechtlichen Sinn Eigentümer oder Besitzer der Abfälle ist. Grundsätzlich spielt es auch keine Rolle, ob der Inhaber für die Entstehung der Abfälle verantwortlich ist. Die A. AG meinte dazu, sie hätte die tatsächliche Herrschaft über die Substanzen nur wenige Tage gehabt, dazu auch noch am Wochenende. Zudem habe sie dem Ablagern/Zwischenlagern von Abfällen auf ihrem Grundstück nie zugestimmt. Nach herrschender Lehre, so das Bundesgericht, wird der Eigentümer, Pächter oder Mieter eines Grundstücks nicht zum Inhaber von Abfällen, die ohne sein Zutun von Dritten ordnungswidrig ab­gelagert beziehungsweise stehen gelas­sen werden. Die Person oder Firma, die die Abfälle ordnungswidrig stehen liess, bleibt Inhaber. 

Risiko liegt beim Eigentümer

Die Vorinstanz Verwaltungsgericht ging davon aus, die A. AG sei gegen Entgelt einverstanden gewesen, dass auf ihrem Grundstück eine galvanische Werkstatt betrieben und die dafür benötigten Chemikalien eingesetzt würden. Es liege deshalb in ihrer Risikosphäre, wenn sich die Mieterschaft nicht an ihre vertragliche Pflicht zur Entsorgung der Chemikalien nach Ende der Mietdauer gehalten habe. Dass die Chemikalien erst mit Einstellung des Betriebs zu Abfall geworden seien, spiele keine Rolle, sondern entscheidend sei, dass die Stoffe nicht ohne Kenntnis und gegen den Willen der Beschwerde­führerin auf ihr Grundstück verbracht worden seien. 

Diese Auffassung vertrat auch das Bundesamt für Umwelt Bafu. Der Vermieter könne das Risiko der Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtung des Mieters nicht zu Lasten des Gemeinwesens «sozialisieren». Dies würde auch dem von der Beschwerdeführerin angerufenen Verursacherprinzip widersprechen. 

Die Argumentation der Vorinstanz und des Bundesamts für Umwelt überzeugten das Bundesgericht. Die Richter meinten:

Auch wenn Substanzen ursprünglich Betriebsmittel für die Galvanisierung waren, sei von vornherein klar gewesen, dass die Chemikalien früher oder später als Abfälle entsorgt werden müssten, das heisst, dass es sich um potenzielle beziehungsweise künftige Abfälle handelte. Die Tatsache, dass zur Entsorgung nach Mietvertrag die B. AG verpflichtet war, könne die A. AG im Verhältnis gegenüber dem Gemeinwesen nicht entlasten. Die Beschwerdeführerin A. AG hätte vielmehr die Entstehung der Abfälle mitverursacht, weshalb ihre Inanspruchnahme auch mit dem Verursacherprinzip (Art. 2 USG) vereinbar ist. 

Verantwortung der Kantone

Bevor man ein Grundstück oder auch den Teil eines Gebäudes erwirbt, muss man unbedingt recherchieren, ob sich Altlasten auf dem betreffenden Gebiet befinden. Die Kantone erstellen einen öffentlich zugänglichen Kataster der belasteten Standorte. Ergibt eine Untersuchung eines im Kataster eingetragenen oder für den Eintrag vorgesehenen Standortes, dass dieser nicht belastet ist, so trägt das zuständige Gemeinwesen die Kosten für die notwendigen Untersuchungsmassnahmen (USG Art. 32d). Für die Veräus­serung oder die Teilung eines Grundstücks, auf dem sich ein im Kataster der belasteten Standorte eingetragener Grund befindet, braucht man die Bewilligung der Behörde. Die Kantone sorgen dafür, dass belastete Standorte saniert werden, wenn die Abfälle zu schädlichen oder lästigen Einwirkungen führen oder die konkrete Gefahr dafür besteht (USG Art. 32c). Die Kantone können die Untersuchung, Überwachung und Sanierung belasteter Standorte selber durchführen oder Dritte damit beauftragen, wenn dies zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Einwirkung notwendig ist oder der Verpflichtete nicht in der Lage ist, für die Durchführung der Massnahmen zu sorgen, oder trotz Mahnung und Fristansetzung untätig bleibt.

Das Verursacherprinzip

Die Kosten für notwendige Massnahmen zur Untersuchung, zur Überwachung und zur Sanierung belasteter Standorte trägt in erster Linie der Verursacher selbst (USG Art. 32 d). Wenn mehrere Verur­sacher beteiligt sein sollten, so tragen diese die Kosten entsprechend ihren Anteilen an der Verursachung. Wer lediglich als Inhaber des Standortes beteiligt ist, trägt laut Gesetz keine Kosten, wenn er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt von der Belastung keine Kenntnis haben konnte. Das zuständige Gemeinwesen trägt den Kostenanteil der Verursacher, die nicht ermittelt werden können oder zahlungsunfähig sind.

Die Behörde kann vom Verursacher verlangen, die Deckung seines voraussichtlichen Anteils an den Kosten für Untersuchung, Überwachung und Sanierung in geeigneter Form sicherzustellen, wenn von einem belasteten Standort schädliche oder lästige Einwirkungen zu erwarten sind (USG Art. 32d bis).  Entfernt der Inhaber eines Grundstücks Material aus einem belasteten Standort, das nicht wegen einer Sanierung nach Artikel 32c entsorgt werden muss, so kann er in der Regel zwei Drittel der Mehrkosten für die Untersuchung und Entsorgung des Materials von den Verursachern der Belastung und den früheren Inhabern des Standorts verlangen (USG Art. 32 b bis). Das gilt dann, wenn die Verursacher keine Entschädigung für die Belastung geleistet oder die früheren Inhaber beim Verkauf des Grundstücks keinen Preisnachlass wegen der Belastung gewährt haben und die Entfernung des Materials für die Erstellung oder Änderung von Bauten notwendig ist. Der Inhaber muss das Grundstück zwischen dem 1. Juli 1972 und dem 1. Juli 1997 erworben haben. Wichtig: Diese Ansprüche können längstens bis zum 1. November 2021 geltend gemacht werden.

Haftung nach USG

Das schweizerische Umweltschutzgsetz bezeichnet einzelne Einflüsse als Umweltschaden (gemäss Artikel 7 USG). Beispiele dafür sind etwa Luft- und Ge­wässer­verunreinigungen sowie Bodenbelastungen, die durch den Bau und 
Betrieb von An­lagen, durch den Umgang mit Stoffen, Organismen oder Abfällen oder durch die Bewirtschaftung des Bodens erzeugt werden.

Artikel 59a des Umweltschutzgesetzes (USG) betrifft die privaten und öffentlich rechtlichen Inhaber eines Betriebes oder einer Anlage, mit denen eine besondere Gefährdung der Umwelt verbunden ist. Sie haften für den Schaden aus Einwirkungen, die durch die Realisierung dieser Gefahr entstehen. Von der Haftpflicht wird befreit, wer beweist, dass der Schaden durch höhere Gewalt oder durch grobes Verschulden des Geschädigten oder eines Dritten verursacht worden ist (USG Art. 59a). Die Artikel 42–47 und 49–53 OR sind anwendbar.
 
Die Kosten von Massnahmen, welche die Behörden zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Einwirkung sowie zu deren Feststellung und Behebung treffen, hat der Verursacher zu übernehmen (USG Art. 59). Strengere Vorschriften in anderen Gesetzen des Bundes bleiben vorbehalten (USG Art. 3). 

Der Umweltverträglichkeitsprüfung unterstellt sind Anlagen, welche Umweltbereiche erheblich belasten können, sodass die Einhaltung der Vorschriften über den Schutz der Umwelt voraussichtlich nur mit projekt- oder standortspezifischen Massnahmen sichergestellt werden kann (USG Art. 10 a und b). Die Ersatzansprüche verjähren nach OR Art. 60, und zwar in einem Jahre von dem Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls nach zehn Jahren vom Tage der schädigenden Handlung an gerechnet. Das USG enthält ausserdem in Art. 60 und 61 Strafbestimmungen über Vergehen und Übertretungen. Vergehen können mit Busse und Gefängnis, Übertretungen mit Haft oder Busse bestraft werden. Das gilt auch für  den Versuch und die Gehilfenschaft. Bestraft werden können aus­serdem auch fahrlässige Handlungen. 

Sicherheitsmanagement

Um eine Umwelthaftung zu vermeiden, ist ein gutes Sicherheitsmanagement unerlässlich. Dieses ist für bestimmte Betriebe nach USG Art. 10 in der Störfall­verordnung vor­geschrieben. Zu empfehlen ist, dass alle Unternehmen Sicherheitsmassnahmen durchführen (siehe Checkliste). Als Vermieter muss man überprüfen, ob in der Mieterfirma ein geeignetes Risikomanagement besteht. Das gilt natürlich auch für die Übernahme von Unternehmen oder Fusionen. Die Brandschutzrichtlinien (BSV 2015) gelten schweizweit und richten sich an Eigentümer und Nutzer von Bauten und Anlagen sowie an alle Per­sonen, die bei Planung, Bau, Betrieb oder Instand­haltung von Bauten und Anlagen tätig sind. Die Richtlinien wurden per 1. Januar 2019 revidiert. Alle betrof­fenen Personen ha­­ben während des gesamten Lebenszyklus der Baute oder Anlage eine wirkungsvolle Qualitätssiche­rung im Brandschutz sicherzustellen. Die Massnahmen zur Qualitätssicherung im Brandschutz sind regelmässig zu überprüfen und im Bedarfsfall anzupassen. Die Qualitätssicherung ist durch Eigen- oder Fremdüberwachung zu gewährleisten. Für die Qualitätssicherung besteht eine Doku­mentationspflicht.

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