Viel Zeit und Energie wird in Vertriebsorganisationen investiert, um neue Massnahmen, Instrumente und vieles mehr zu entwickeln und umzusetzen. Auch die Weiterentwicklung von Fähigkeiten und Verhaltensweisen erfährt in diesem Zusammenhang eine gewisse Aufmerksamkeit. Ein gemeinsames Charakteristikum vieler Entwicklungsthemen im Vertrieb ist, dass Dinge zum Bestehenden addiert werden. Echtes Wachstumspotenzial ist jedoch auch im häufig unterbelichteten Handlungsbereich des Weglassens verborgen. Wachstum kommt eben auch von Weglassen. Der erste Schritt beim Heben dieser Potenziale ist die Erkenntnis, dass reines Addieren nicht zwangsläufig auch zu Wachstum führt, sondern dass vielmehr Weglassen eine wichtige Rolle spielt und die Reflexion des eigenen Tuns vor dem beschriebenen Hintergrund. Nachstehend zehn Punkte, die wir regelhaft in Wachstumsprojekten beobachten (und bearbeiten) und bei denen es sich lohnt, sie infrage zu stellen oder sogar auch zu stoppen:
Überall dort verkaufen, wo Licht brennt
Der grundsätzliche Zusammenhang, der in vielen Unternehmen gelebt wird, klingt trivial und im ersten Schritt sinnvoll: Der Vertrieb wird nach seinem Erfolg gemessen und dieser findet seinen Ausdruck massgeblich im Umsatz. Dies ist jedoch eine ausgesprochen eindimensionale und risikoreiche Betrachtung. Der erste Punkt, den es hier zu hinterfragen gilt, ist die Fokussierung der Zielgrösse. Umsatz sagt noch nichts über die Profitabilität aus, und es kommt alleine auf profitablen Umsatz an. Und selbst eine Orientierung am Profitabilitätsbeitrag greift zu kurz, denn nicht jeder Kunde und jeder Umsatz liefert einen gleich grossen Wachstumsbeitrag – selbst wenn Umsatz und Gewinn beim Einzelgeschäft identisch sind. Für eine strategische Marktbearbeitung gilt vielmehr, den idealen Kunden und den idealen Auftrag zu beschreiben. Kunden und Aufträge sind umso idealer, je besser sie die strategischen Ziele stützen. Damit diese Definition aber auch Wachstumswirkung entfaltet, sollte der Vertrieb sich auch hierauf konzentrieren dürfen. Man kann noch so oft über strategische Ziele sprechen, solange im Monatsgespräch alleine die kumulierten Umsatz- und Deckungsbeitragsgrössen betrachtet werden, wird der Vertrieb kurzfristige Erfolge jagen.
Angebote an jeden stellen
Einen echten Zeit- und Energiefresser im Vertrieb stellt die Arbeit mit Nicht-Entscheidern dar. Natürlich sind Empfehler und Fürsprecher im Unternehmen des Kunden wichtig, ausschlaggebend jedoch ist die Übereinkunft mit dem Entscheider. Es gilt also genau herauszuarbeiten, beziehungsweise herauszufinden, wer der Entscheider überhaupt ist und auf möglichst direktem Wege ins Gespräch mit diesem zu kommen. Als Faustregeln lohnt es sich, die folgenden zu erwägen: Kein Angebot ohne Gespräch mit dem Entscheider. Kein Angebot an Nicht-Entscheider.
Dem Kunden nach dem Munde reden
Ein Vertrieb, der dem Kunden nach dem Munde redet, wird vielleicht als freundlich wahrgenommen, regt aber nicht zum Denken an und bleibt selten im Gedächtnis. Gelingt es nicht, durch ein angeregtes Gespräch mit dem Kunden gemeinsame Ideen zu entwickeln, die der Kunde in der Form noch nicht hatte, so ist man tendenziell in der Lieferantenrolle und weniger ein Partner auf Augenhöhe. Es lohnt sich, anregende, vielleicht sogar provokante Fragen, Beobachtungen, Thesen zurecht zu legen, anhand derer man gemeinsam den tatsächlichen Bedarf des Kunden ergründet.
Die Kontrolle über den Vertriebsprozess abgeben
Vielleicht der wichtigste Hebel in puncto Effizienz und Schnelligkeit des Vertriebsprozesses ist es, die Kontrolle zu behalten. Die Voraussetzung ist, dass ein solcher Vertriebsprozess auch definiert und dem Vertrieb gegenwärtig ist. Ganz praktisch bedeutet die Kontrolle zu behalten, in jeder Stufe Verbindlichkeit zu erzeugen (inhaltlich, zeitlich) und möglichst viel der Verantwortung zu übernehmen – denn das eigene Handeln hat man am direktesten unter Kontrolle. Lautet die Vereinbarung mit einem Kunden, dass dieser sich «dann meldet», so hat man die Kontrolle verloren – dieser Zeit- und Energieverlust ist häufig vergleichsweise leicht zu verhindern.