Sowohl Vorgesetzte wie auch deren Untergebene bewegen sich heute in einem von Schlagwörtern, Floskeln und Fremdwörtern geprägten Umfeld.
Unerfüllte Erwartungen
Spätestens, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden, zeigt sich, dass man aneinander vorbeiredete. Dann nämlich entstehen Konflikte, die der Ranghöhere in der Regel gewinnt. Der Sache dient ein solcher Prozess nicht und ist auch für eine weitere Zusammenarbeit nicht förderlich. Doch er prägt die Unternehmenskultur und ist oft Ursache für Blockaden.
Probleme beginnen immer im Kopf, und da wir grundsätzlich eine innere Angst haben, nicht anerkannt zu werden oder zu versagen, äussern wir uns erst unverbindlich, dann konkret. Je besser wir dies gelernt haben, desto leichter finden wir Ausreden und Schuldzuweisungen.
Das ist unser Schutzmechanismus. Wir verarbeiten mit dieser Gewohnheit eigene Fehler, fühlen uns aber dabei letztlich nicht wohl. Für unsere Beziehungen und unsere Arbeitswelt ist ein solches Verhal-ten jedoch hinderlich und verkompliziert den Alltag. Eine Unternehmenskultur wird von vielen Faktoren beeinflusst. Ein wirkungsvolles Instrument, diese zu formen, ist unsere Sprache und Ausdrucksweise.
Sprache pflegen
Ungeachtet aktueller Modetrends sollten sich Vorgesetzte selbst um eine verständliche, ihrem Wesen entsprechende Sprache bemühen und das Umfeld auffordern, es ihnen gleich zu tun.
Verdecktes ansprechen
Sprache und Ausdruck haben auch etwas mit Ritualen zu tun. In jeder Konversation wird eine Botschaft mit einem Ja, Nein, Nicken oder Kopfschütteln bestätigt. Wer in diesem Ritual unehrlich ist, trägt wesentlich dazu bei, unklare Ausdrucksweisen zu unterstützen. Firmen, in denen sehr wenig über Fehler und Unzulänglichkeiten gesprochen wird, leben eine Kultur der Verdrängung. Ihre Sprache ist leise, freundlich, aber unverbindlich.
Die Firmen, in welchen Fehler als Herausforderung angesehen und besprochen werden, leben eine Unternehmenskultur der Offenheit sowie der Klärung. Ihre Sprache ist lebendig, direkt und entsprechend vertrauensbildend.
Haltung und Authentizität sind immer erkennbar
Eine unpräzise Sprache eröffnet Vorgesetzten viele Möglichkeiten, der Verantwortung ausweichen zu können. Dieses Verhalten ist dann adäquat, wenn Leitbild und Führungsgrundsätze auch unpräzise formuliert sind. Das ist in folgenden Beispielen ersichtlich:
- Alles sachlich zu benennen und Ich-Botschaften zu vermeiden, deutet auf die Absicht hin, Arbeiten im «freien Raum» stehen zu lassen, bis sich Freiwillige erbarmen oder sich genötigt fühlen, diese auszuführen.
- Sanktionen werden im Geschäftsalltag selten verhängt. Corporate Governance, Code of Conduct, Corporate Social Responsibility sind meist so abgefasst, dass sie wie eine Drohung als Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses sind, jedoch in den Verstössen zu wenig greifen, da der Interpretationsspielraum zu gross ist.
- Unverbindliche Sprache lässt Ungerechtigkeiten zu. Je tiefer in der Hierarchie (niedriger der Rang) desto strenger die Auslegung von Regelverstössen. Zum Beispiel: Eine Bargeldentwendung aus der Kantinenkasse hat in der Regel eine sofortige Kündigung zur Folge, ungeachtet der Gründe. Ein CEO hingegen, der erst durch einen «Whistleblower» wegen seiner sexuellen Übergriffe entlarvt wurde, verlässt die Firma mit einem goldenen Fallschirm, mit der Begründung, «sich neuen Herausforderungen stellen zu wollen».
Keines dieser Beispiele steht auf der Wunschliste von Unternehmenskulturen. Erst die ungenaue schriftliche Fassung der Rahmenbedingungen und der unverbindliche Umgang miteinander lassen diese Haltung und diese Situationen entstehen. Ist sie präzise, entsteht Verbindlichkeit. Ist sie unpräzise, entsteht Willkür.