Einem Berater kann man vorwerfen, er sei ein Schlauberger, denn es ist eine verbreitete Unsitte, dass Berater die Welt immer von hinten erklären – billig, denn hinterher sind wir alle schlauer. Schwieriger ist es, die richtigen Zukunftsentscheidungen in der Gegenwart zu treffen. Aber: Beobachtungen und Muster sind unbestechlich, und um diese soll es in diesem Beitrag gehen. Es ist nämlich ebenfalls billig, äussere Ursachen zu zitieren, um mangelndes Wachstum zu rechtfertigen. Die Politik, Umweltauflagen, die Konjunktur, das Wetter, der böse Kunde, der nicht kaufen will, Lieferanten, die unerhörterweise die Preise erhöhen, Sanktionen gegen Russland, der starke Franken (situativ auch Dollar oder Euro), der Touristen vom Reisen abhält und Exporte erschwert, all dies sind häufig zu Hilfe gerufene Gründe, die erklären sollen, warum Wachstum nicht so eintritt, wie es erwünscht oder angekündigt war.
Wachstumsbarrieren
Tatsächlich stehen sich Unternehmen regelhaft selbst im Wege und verweigern sich das benötigte Wachstum aktiv selbst. Es geht in diesem Beitrag darum, möglichst objektiv herauszuarbeiten, was Unternehmen von innen heraus häufig im Wege steht, um gesundes, profitables Wachstum zu erzielen. Basis für diese möglichst objektive Betrachtung ist ein Instrument, das wir «Mandat Growth Indicator» genannt haben, und das es ermöglicht, denjenigen Unternehmen, die es unter der Regie meiner Kollegen und mir einsetzen, eine möglichst objektive Sicht auf das eigene Wachstum, auf Potenziale und Barrieren zu bekommen. Die Erkenntnisse basieren auf mehr als tausend Fragen in allen relevanten Unternehmensbereichen. Der interessierte Leser möge sich an mich wenden, um Näheres zu erfahren, dies würde hier zu werblich. Hier folgen drei ausgewählte, aber musterhafte Erkenntnisse, die wir bei mittelständischen Unternehmen im deutschsprachigen Raum erlangt haben:
1. Der Kunde ist nicht bekannt
Auf die Frage nach dem idealen Kunden werden uns sowohl im Marketing als auch im Vertrieb und in der Unternehmensführung in der Regel unterschiedliche Antworten gegeben, die auch in ihrer Qualität oft eine signifikante Spreizung aufweisen – von sehr konkret bis hin zu Ahnungslosigkeit. Wie aber soll ein Unternehmen sich auf die besten Kunden, auf die idealen Kunden, konzentrieren? Wie sollen noch nicht ideale Kunden zu idealen Kunden entwickelt werden, wenn die Vorstellung über jene idealen Kunden entweder nur sehr vage ist oder die Vorstellungen in unterschiedlichen Unternehmensbereichen fast schon verstörend stark voneinander abweichen? Kein Unternehmen wird behaupten, seine Kunden nicht zu kennen, aber bohrt man hinreichend tief, stellt sich in der Realität heraus, dass dieses «Kennen» der Kunden zu sehr von der in-dividuellen Sicht einzelner Mitarbeiter auf die Kunden lebt. Um profitabel und gesund zu wachsen, ist es aber erforderlich, dass das Unternehmen eine einheitliche Sicht auf seine idealen Kunden hat – dies ist wesentlich für die Gewinn- und Verlustrechnung.