Laut einer Studie des Advanced Institute of Management Research gehören Strategie-Workshops bei rund 76 Prozent der britischen Unternehmen zum Standard-Repertoire. Dies wird durch eine Studie im deutschsprachigen Raum aus dem Jahre 2012 bestätigt. Bei 45 Prozent der befragten Unternehmen finden solche Workshops jährlich statt. Zumeist sind die teilnehmenden Führungskräfte mit den unmittelbaren Ergebnissen des Workshops zufrieden.
Geänderter Rahmen
Wenn man jedoch nach dem Workshop den Blick auf die effektive Umsetzung im Unternehmensalltag wirft, ändert sich oft das Bild. Die Implementierung der vereinbarten Massnahmen geht zögerlich voran. Das, was man im Workshop diskutiert und entschieden hatte, scheint in der Organisation entweder nicht richtig verstanden oder zumindest nicht sonderlich enthusiastisch vorangetrieben zu werden.
Tatsächliche oder vermeintliche Ungereimtheiten und Hinderungsgründe stehen im Fokus der internen Diskussionen. Manchmal wird die gewählte strategische Richtung in Frage gestellt. Letztlich lassen Resultate auf sich warten.
Bei Workshops zur Überprüfung oder Neudefinition der Strategie zieht sich eine kleinere Gruppe von Führungskräften im Durchschnitt für einen halben bis zu zwei Tage zurück. Für diese Zeit sind die hierarchischen und funktionalen Ordnungen unter den Teilnehmern zumindest teilweise suspendiert. Es geht nämlich um einen offenen strategischen Austausch, bei dem es nicht zählt, wer wem Weisungen erteilen kann. Bestimmte Workshop-Spielregeln sollen gerade dazu dienen, das Denken und Verhalten der Manager jenseits der üblichen Schemata zu lenken, um neue Einsichten und Diskussionen zu ermöglichen. Gelockerte Kleidervorschriften, eine andere Umgebung und eine besondere Dramaturgie tragen ebenfalls zu diesem geänderten Rahmen bei.
Mit solchen Workshops tritt man also aus dem normalen Unternehmenskontext bewusst heraus. Dies gilt auch im Hinblick auf die etablierten Management-Prozesse und Gremienstrukturen. Strategie-Workshops sind gemäss den Management-Forschern Hendry und Seidl «strategische Episoden», in denen wichtige strategische Entscheidungen ausserhalb des gewohnten Bezugsrahmens gefällt werden.
Für die erfolgreiche Umsetzung
Diese Entscheide müssen aber wieder darin einfliessen und implementiert werden. Hiermit wird die Hürde deutlich, die es von der strategischen Episode des Workshops hin zur erfolgreichen Implementierung in der Organisation und durch die Organisation zu überwinden gilt.
Strategie-Workshops brauchen ein gezieltes Re-Coupling
Damit Strategie-Workshops am Ende nicht nur reine Episoden mit anekdotischem Charakter bleiben, ist es wichtig, mit der Umsetzungsgestaltung wieder am Unternehmenskontext anzudocken und die Resultate gezielt in die Organisation einzusteuern. Es geht um ein «Re-Coupling», wie dies im Strategy-as-Practice Research bezeichnet wird. Andocken bedeutet, in Kommunikation mit der Organisation als Ganzes und den einzelnen Einheiten zu treten und in der Umsetzung die Prozesse und Instrumente aktiv zu nutzen, die bereits etabliert sind.
Re-Coupling muss aber auch auf einer inhaltlichen Ebene stattfinden. Es muss ein Bezug der neuen Erkenntnisse und Entscheidungen zum bisherigen Strategieverständnis hergestellt werden. Bedeutung und Auswirkung der definierten Massnahmen auf laufende Initiativen sollten ebenso thematisiert werden. Dort, wo es um Kontinuität geht, muss die Anschlussfähigkeit sichergestellt werden.