Oft sind Unternehmer der Meinung, ihr über viele Jahre aufgebautes Geschäft sei viel mehr wert. Letztendlich gilt bei einem Verkaufsprozess jedoch stets: Ein Unternehmen ist nur so viel wert, wie ein unabhängiger Dritter dafür bereit ist zu bezahlen. Die Kunst ist folglich, den unabhängigen Dritten zu finden, der einen überdurchschnittlich hohen Preis bezahlen kann, weil er mit dem Kauf grössere Synergien als ein Mitbewerber freisetzen kann oder eine strategische Lücke schliessen möchte. Dies schafft ein guter M & A-Berater, indem er sich viel Zeit nimmt für die spezifische Suche nach genau den Investoren, die an dem Unternehmen ein spezifisches Interesse haben und hohe Multiples zu zahlen bereit sind.
Deal Multiples: Marktpreise in speziellen Sektoren.
Deal Multiples entsprechen aktuellen Marktpreisen für gehandelte Unternehmen in spezifischen Sektoren, denn wichtig ist die Vergleichbarkeit. So werden aktuell (Stand von Oktober 2017) Unternehmen mit unter 50 Millionen Euro Umsatz in der Bauindustrie beziehungsweise im Handwerk mit circa fünfmal Ebit gehandelt; Pharmaunternehmen hingegen der gleichen Grössenordnung gehen im Schnitt zu achtmal Ebit über den Tisch.
Alle grösseren und kleineren M & A-Transaktionen werden in Datenbanken erfasst und von Finanzdienstleistern wie Mergermarket oder Reuters zum Kauf angeboten. Man findet jedoch auch frei zugängliche Angaben im Internet oder kann bei M & A-Beratern aktuelle Bewertungen erfragen. Börsen-Multiples für grosse, notierte Unternehmen können stark von denen für kleine (Small Caps) und mittelgrosse (Mid Caps) Unternehmen abweichen. Sie sollten nicht als Referenzwerte für kleinere Transaktionen herangezogen werden. Dies weil bei den kleinen Unternehmen die Geschäftsrisiken – auch aufgrund einer geringeren Transparenz – höher bewertet werden. Ein weiteres Manko sind fehlende Skaleneffekte.
Wenn Sie nun also den Wert Ihres Unternehmens schätzen möchten, nehmen Sie den um Sondereffekte bereinigten durchschnittlichen Umsatz der letzten drei Jahre beziehungsweise den Durchschnitt des Ebits der letzten drei Jahre und multiplizieren Sie diesen mit den jeweiligen aktuellen Deal Multiples für Umsatz beziehungsweise Ebit. Dann liegt Ihr geschätzter Unternehmenswert innerhalb dieser sich ergebenden Preisspannen.
Bewertung mittels Trading Multiples.
Die Deal Multiples gehören zu den vergleichswertorientierten Bewertungsverfahren – im M & A-Jargon «Comps» (von Englisch: Comparable Analysis) genannt. Ebenfalls zu dieser Kategorie zählen die sogenannten Trading Multiples. Hierfür werden öffentliche Finanzkennzahlen von möglichst ähnlichen börsennotierten Unternehmen im selben Sektor und mit möglichst ähnlicher Finanzstruktur verglichen, um den Mittelwert einer Bezugsgrösse zu bestimmen. Mit diesem Mittelwert, zum Beispiel der Ebit-Marge, kann man dann aufgrund des Börsenwertes (der Multiplikator entspricht dann dem Unternehmenswert an der Börse dividiert durch die Bezugsgrösse) Rückschlüsse auf den Wert einer nichtbörsen-notierten Gesellschaft ziehen. Werden an der Börse beispielsweise Textil-Unternehmen mit einem durchschnittlichen Ebit Multiple von achtmal gehandelt, dann kann man diese Zahl auch für die Bewertung eines grossen, nichtbörsennotierten Textil-Unternehmens heranziehen, das verkauft werden soll.
Wenn diese Annäherungen aufgrund von Marktwerten nicht ausreichen sollten, kann der Wert des Unternehmens auch über andere Bewertungsverfahren ermittelt werden.
2. Einzelwert-Verfahren: Bewertung des vorhandenen Vermögens
Die Einzelwertverfahren beispielsweise gehen von der Auflösung eines Unternehmens aus (Liquidationswert) und bewerten alle vorhandenen Vermögensgegenstände. Sie beantworten die Frage: Was bekomme ich in der Summe für die einzelnen «Assets» des Inventars (zum Beispiel für die gebrauchten Maschinen, für die Grundstücke, die Gebäude und so weiter) meines Unternehmens, wenn ich diese veräussere?
Darüber hinaus können auch Marken oder Kundenlisten verkauft werden und dazugezählt werden. Bei dieser Betrachtung sind davon allerdings die jeweiligen Ablösungsbeträge für vorhandene Verbindlichkeiten sowie die Liquidations-
kosten abzuziehen. Eine solche Berechnung ist einfach nachvollziehbar und kann selbst gemacht werden, weil man realistische Verkaufswerte für das Inventar ermitteln kann.
Oft werden beim Einzelwertverfahren Liquidationsbetrachtungen gemacht, um entscheiden zu können, ob der oder die Eigner das Gesamtunternehmen zu einem gebotenen Preis verkaufen sollten oder sogar einen höheren Gewinn erzielen könnten, wenn sie das Unternehmen selbst zerschlagen.
Wiederbeschaffungsrechnung als Entscheidungshilfe.
Auch Wiederbeschaffungsrechnungen (zum Beispiel das Errichten einer Produktionsanlage auf der grünen Wiese) werden oft zu Vergleichszwecken und als Entscheidungshilfe bei «Make or Buy»-Investitionen herangezogen. Oft hinken diese Vergleiche jedoch, da gewisse «Gegenstände» nur schwer monetär zu schätzen sind – so zum Beispiel das Erreichen der behördlichen Genehmigungen, die Dauer der Er- und Einrichtung der Produktion oder immaterielle Vermögensgegenstände. Daher sollten solche Berechnungen eher für das Ermitteln von Preisgrenzen angewandt werden als zum Ermitteln von Unternehmenswerten.