Strategie & Management

Vertrauen als Erfolgsfaktor (Teil 2 von 2)

Welche Kommunikationskanäle vertrauensbildend wirken

Welche Rolle Vertrauen für die Arbeits- und Geschäftsbeziehungen einer Organisation spielt und welche Herausforderungen sich dadurch im Manageralltag ergeben, hat jetzt eine internationale Forschungsgruppe mit einer praxisnahen Befragung von Führungskräften untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse dokumentiert dieser zweiteilige Beitrag.
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Der erste Teil dieser zweiteiligen Serie beschäftigte sich in der letzten Ausgabe des «KMU-Magazin» (12/2015) mit Handlungsimplikationen für Führungskräfte aus Basis der repräsentativen Ergebnisse der Iconfi-Studie 2015 hinsichtlich Vertrauen und Vertrauensbildung sowie der Kooperation im Alltag eines Managers. Drei Hauptthesen und empirische Ergebnisse konnten gefunden werden.

  1. Die teils sehr unterschiedliche Gewinnung und Haltung der über 400 befragten Manager zum Wert «Vertrauen» an sich. Obwohl – vielleicht auch gerade weil – es als Grundbe­dingung der Kooperation angesehen wird, betrachten ausnahmslos alle Befragten die Frage des Vertrauens mit Berufskollegen sowie den Geschäftspartnern differenziert, detailliert und sehr reflektiert.
  2. Es wurden eindeutige und entscheidende Faktoren als Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit abgeleitet. Dazu gehören Sympathie und die vorhandenen Gemeinsamkeiten ebenso wie das Vorliegen von persönlichen Informationen, aber auch die fachbezogene Berufserfahrung. Besonders deutlich wird dies anhand exemplarischer kontraintuitiver Abweichungen bei der Beantwortung der Frage, wodurch Teamwork gehemmt wird, wie zum Beispiel der Karrierelevel oder die Zugehörigkeit zum Unternehmen.
  3. Die praktische Erfahrung im Führungsalltag, dass bei vielen Projekten oftmals «nichts passiert», weil alle abwarten, wurde durch die unterschiedlichen strategischen Verhaltensweisen aufgezeigt. Für diesen sehr bedeutsamen Sachverhalt, dem auch wieder Hemmnisse im Teamwork zugrunde liegen, wurden mögliche Lösungsrichtungen für das Management aufgezeigt.

Allen drei Thesen des ersten Teils gemeinsam ist, dass das Vertrauen immer noch die Basis der Kooperation und damit auch der Wertschöpfung in Organisationen ist. Und das völlig unabhängig von den Kontroll- und den Transaktionskosten, den Reportingsystemen und Ähnlichem. Was in dieser Studie erstmals gründlich und wissenschaftlich thematisiert wurde, ist der Weg zum Ziel Vertrauen.

Wie kann im Zeitalter von Web 4.0, von Social Media, Twitter und Co. – mit den Herausforderungen von Sicherheit, Technologie, IT, Datenschutz und in einer unkalkulierbaren Hyperentwicklung – der Mitarbeitenden als Menschen in einer Organisation noch Vertrauen entwickeln? Welche Ressourcen, Daten und Informationswege der Kommunikation sind hierfür essenziell, damit eine Kooperation der Mitarbeitenden für die Organisation effizient gestaltet wird? Und wie bewegt sich eine Führungskraft kommunikativ sinnvoll in der (digitalen) Arbeitswelt?

Es wird ausdrücklich an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei den folgenden Ergebnissen um eine wis­senschaftliche, unabhängige, neutrale Studie handelt. Die zu erläuternden Erkenntnisse dieser Studie gelten ausschliesslich für die Binnensicht einer Organisation, für die interne Arbeitswelt und die Führungskräfte. Die Ergebnisse stehen teilweise im Widerspruch zu anderen weitläufig bekannten Meinungsumfragen der Nutzung von digitalen Medien im Kunden- oder Privatbereich. Hier ist es aber eher so, dass viele Meinungsumfragen nicht wissenschaftlich erhoben werden – und dieser Anspruch im Übrigen auch gar nicht erhoben wird. Viele Ergebnisse aus dieser Studie werden daher möglicherweise auch zur Neubewertung manch wohlbekannter Meinungsumfrage führen.

These 1: Die Wahl des Kommunikationsweges beeinflusst das Vertrauen.

Entgegen mancher weltgewandten Meinung und des messbaren und eindeutig zurechenbaren Einsparpotenzials sowie der mühsamen Erfassung und steuerlichen Dokumentation etwaiger Kosten ist das persönliche Treffen immer noch die vertrauensbildende Massnahme Nummer eins. 98 Prozent aller befragten Manager – und zwar einhellig aus dem Dach-Raum, aus sämtlichen Branchen, aus allen Hierarchiestufen, jeder Unternehmensgrössen, altersübergreifend und aus beiden Geschlechtern, sowohl der Wirtschaft wie auch aus dem öffentlichen Dienst bewerten das persönliche Treffen auch im Jahr 2015 mit Abstand als die bedeutendste und beste Art, einen Kontakt herzustellen, zu pflegen und Vertrauen zu gewinnen.

Die aufgewandte Zeit, die damit verbundenen Kosten und Umstände der Organisation sind notwendig und sollten als Allerletztes Rationalisierungs- und Optimierungs- sowie kurzfristigen kalkulatorischen Interessen zum Opfer fallen. Anhand dieser empirischen Ergebnisse der Iconfi-Studie können ab sofort jegliche Grundsatzdiskussionen über die Sinnhaftigkeit und das Budget für solche Anlässe versachlicht sowie statistisch verankert werden.

Das Telefongespräch als weiterer zu diskutierender Kostenpunkt liegt aktuell als Medium immer noch weit vor der Vi­deokonferenz, obwohl hier Bild und Ton gleichzeitig vorhanden sind und es theoretisch eine Verbesserung des Kontakts sein müsste. Faktisch liegt das Telefon immer noch weit vorne, also sollte aktuell, wenn möglich, die Führungskraft bevorzugt diesen Kommunikationskanal nutzen. Ohne das im Detail begründen zu wollen, gibt es verschiedene Meinungen und Theorien, warum das Telefonat favorisiert wird: Zu viel an Information, Vertrautheit mit dem Medium, Qualität der Übertragung, technische Gegebenheiten, schlechtere Möglichkeit, um zu lügen, Einsicht in die Privatsphäre und so weiter. In international agierenden Unternehmen ist die Nutzung von Videocalls mit plus 21 Prozent ausgeprägter, jedoch wirkt auch hier das Telefongespräch vertrauensbildender.

E-Mail und Chat werden eher im Nachgang einer Kommunikationsbeziehung genutzt, also wenn das Vertrauen bereits vorhanden ist, beziehungsweise wenn es um die spätere Abwicklung von Arbeitsprozessen geht. Beide sind als vertrauensbildende Massnahmen zum gegenwärtigen Zeitpunkt des Manageralltags eher als sekundär einzustufen.

Heute erscheinen die neuen Kommuni­kationswege innerhalb der Organisation für die Führungskräfte eine Ergänzung und kein Ersatz zu sein. Das persönliche Treffen ist mit Abstand die wichtigste Kontaktart, um Vertrauen zu gewinnen, auch bei international tätigen Unternehmen, vor allem bei Projektstart, im Unternehmensnetzwerk und bei Teambildungsprozessen an sich.

These 2: Der gezielte Einsatz von digitalen Informationskanälen kann das Vertrauen erhöhen.

Für Führungskräfte stellt sich immer wieder die Frage, wie die Vertrauensgewinnung und damit die Zusammenarbeit mit un­bekannten, neuen Mitarbeitern über neuere, digitale Medien optimiert werden kann. Wie werden Informationen gesucht, beziehungsweise auf welchen Kanälen sollte «repräsentiert» werden? Die klassischen Informationsquellen sind auch hier aktuell immer noch dominant. In erster Linie werden die Referenzen bei anderen Mitarbeitern eingeholt. Zudem ist nach wie vor die Suche nach einem Foto oder einem Lebenslauf wichtig, dafür werden auch die internen Netzwerke genutzt.

Die wichtigsten Informationsmöglichkeiten sind: Andere Mitarbeiter fragen (direkte Erfahrung) und der erste Eindruck von Foto und Lebenslauf einer Person, dieser wird auch im Netz gesucht. Eine zunehmende Bedeutung haben professionelle Suchmaschinen und Netzwerke wie auch die persönliche Website, um eben diese Informationen auf anderem Wege zu erlangen. Immer aber bleiben die Suchmaschinen und andere Webangebote ergänzende Massnahmen. Bei den Mitarbeitern über 50 Jahren spielen auch Linkedin und Xing immer noch keine ausgeprägte Rolle.

Sie werden um die Hälfte weniger genutzt als bei den jüngeren Mitarbeitern. In der Zusammenarbeit von Mitarbeitern spielen Medien wie Facebook, Twitter, Youtube, Yasni, Pipl, Instagram kaum eine informative Rolle, die Nutzung dieser Tools entspricht ihrer Verbreitung. Immer noch werden diese in erster Linie privat genutzt und nicht geschäftlich.

Für den Alltag der Führungskräfte bedeutet dies hinsichtlich der Informations­kanäle, dass empfohlen werden kann, eine eigene Website mit den notwendigen Informationen, eben auch der Vertrauensverstärker, welche im letzten Artikel erwähnt wurden, zu besitzen und re­gelmässig zu aktualisieren.

Weiterhin erscheint es sehr wichtig, kontinuierlich die vorhandenen Informationskanäle, wie interne Webseiten, um neue Informationen zu ergänzen und zu aktualisieren und zumindest auf Xing – in der Schweiz auf Linkedin – auffindbar zu sein. Verstärker des Elementes «Sympathie» sind hier: Bild, Hobbys, Familie, Interessen. Diese Sympathiewerte sollten verstärkt werden und möglichst viele unterschiedliche Informationen sollten beigegeben werden, um über berufliche Erfahrung hinaus die Schnittmenge der Gemeinsamkeiten zu erhöhen. Hier ist es jedoch besser, sich etwas in Zurückhaltung und Bescheidenheit zu üben.

Bewusst sollten alle nötigen Informationen über die wirklich genutzten Informationswege und Technologien auch konsequent verbreitet werden. Die Kanäle der sozialen Medien sind auch im Jahre 2016 noch nicht der optimale Weg, um Berufliches zu verbreiten. Das wird auch nicht erwartet. Vor allem werden Führungskräfte über diese Wege noch nicht gesucht. Viel eher könnten hier selbstdarstellerische Effekte zu einem negativen Effekt führen, wenn jemand tiefer nachforscht.

Falls diese Technologieentscheidungen für die Organisation anstehen, es ist wichtig und nötig, eine (freiwillige) Möglichkeit im Unternehmen zu bieten, um Persönliches voneinander zu erfahren. Es muss nicht eine digitale Lösung des vertrauensvollen Austausches sein, ausgewählte Produkte könnten diese Rolle aber übernehmen, beispielsweise Enterprise Social Network. Der Mitarbeiter und die Führungskraft benötigen jedenfalls die Möglichkeit, um sich selbst ein Bild zu machen. Genauso wichtig ist es, dass sich die Mitarbeiter auch vorab informieren können, und zwar neben dem persönlichen Gespräch.

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