Strategie & Management

Aus- und Weiterbildung I

Weiterbildung in Zeiten der Digitalisierung

Massive Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt schon in naher Zukunft sind absehbar. Dies bringt neue Herausforderungen für Arbeitnehmende wie auch die Unternehmen. Was dies für die Weiterbildung bedeutet und welche Trends bereits jetzt schon erkennbar sind, zeigt dieser Beitrag.
PDF Kaufen

«Was denken Sie, Herr Butz, wird es die klassischen mittleren und oberen Kaderstellen, wie wir sie heute kennen, in der digitalisierten Welt von morgen überhaupt noch geben? Oder werden wir demnächst alle durch einen Roboter ersetzt oder Neudeutsch outgesourct?» Diese Frage stellte mir kürzlich ein Verbandsmitglied bei einem unserer Networkingevents. Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht. Zu zahlreich sind die Faktoren, die auf diese Entwicklungen einwirken, und zu komplex ihr Zusammenspiel über die Zeit.

Neue Berufsfelder

Trotzdem, so viel scheint klar, dürfte es in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zu massiven Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt kommen – und dies nicht nur für die Unternehmen sowie die Mitarbeitenden in den klassischen kaufmännischen Branchen, welche wir beim Kaufmännischen Verband Zürich als Mitgliederverband sowie als Sozialpartner vertreten. Auch die Rückmeldungen, die wir im Austausch mit grossen sowie kleineren und mittleren Unternehmen erhalten, deuten in diese Richtung.

Deswegen jedoch schwarzzumalen, hal­te ich dennoch für verfehlt. Zum einen, weil aus den neuen Technologien immer auch neue Aufgaben und neue Berufsfelder entstehen, zum anderen, weil die zunehmende Komplexität unserer Lebens- sowie Arbeitswelt vermehrt nach hochspezialisierten Fachkräften verlangt, die über branchenübergreifende Kompetenzen verfügen.

Herausforderungen

Nichtsdestotrotz: Neben den grossartigen Chancen und den neuen Handlungsspielräumen, welche die rasante technologische Entwicklung eröffnet, bringt sie aber auch ganz neue Herausforderungen. Schon jetzt ergeben sich dank Internet und Co. flexible neuartige, bedarfsgerechte sowie kreativere Formen des (Zusammen-)Arbeitens – so etwa das Crowdworking, bei dem (verschiedene) Auftragnehmer oder Unternehmen über spezifische Onlineplattformen von unterschiedlichen Standorten aus an einem Projekt arbeiten.

In unserer Rechtsberatung nehmen wir in den letzten Jahren auch eine Zunahme bei Fragestellungen rund um die Teilzeitarbeit, das Homeoffice und die temporären Arbeitsverhältnisse fest. Und auch die Nachfra­ge nach Freelancetätigkeiten, bei denen freie beziehungsweise freischaffende Arbeitnehmende auf einer Projekt-/Auf­trags­basis für Unternehmen tätig sind, scheint zu steigen und dürfte in Zukunft auch weiter zunehmen. Dies zum Teil auf freiwilliger Basis, etwa weil die Arbeitnehmenden ganz bewusst frei über ihre Zeit, ihre Arbeitsinhalte und ihre Auftraggeber bestimmen möchten, teils aber auch deshalb, weil die Unternehmen statt auf feste Mitarbeitende in ihrem Betrieb lieber auf die projektbezogene Unterstützung von externen Fachkräften setzen, um so Kosten zu sparen und das Expertenwissen gezielt «abzurufen».

Während sich für die Unternehmen – nebst allen Vorteilen – auch neue Fragen, etwa zur IT-Sicherheit oder zur Bewahrung und Weitergabe von Wissen innerhalb des Betriebs stellen, sind aber auch die freischaffenden Arbeitnehmenden als selbstständig Erwerbende mit neuen Unsicherheiten konfrontiert: Die Konkurrenz ist gross, weil sie global ist, die Einkünfte schwanken und es stellen sich, nicht nur im Kontext grenzüberschreitender Auftragsverhältnisse, teils komplexe, arbeits-, sozialversicherungs- sowie steuerrechtliche Fragen.

Lebenslanges Lernen

Wer als Arbeitnehmer in diesem Umfeld auf Dauer wettbewerbs-, respektive arbeitsmarktfähig bleiben will, muss nicht nur flexibel und offen, sondern auch bereit sein, sich sein ganzes Berufsleben lang weiterzuentwickeln. Das kann auch Urs Achermann, Direktor Weiterbildung an der KV Zürich Business School (KVZBS), bestätigen: «Der Arbeitsmarkt wird je länger, desto dynamischer und mobiler. Und wer nichts mehr dazulernen will, wird es in Zukunft sehr schwer haben, seine Employability aufrechtzuerhalten – und zwar ganz unabhängig vom jeweiligen Alter.»

Wissen ist und bleibt also erfolgsentscheidend, wobei die einst erworbenen (Fach-)Kenntnisse heute aufgrund des rasanten technologischen Fortschritts oft schnell überholt sind. Umso wichtiger werden die Kompetenzen – insbesondere die Fähigkeiten in Vernetzung, in Beratung, in Führung, in Teambildung, in Kommunikation sowie im Umgang mit den neuen Technologien. Schliesslich bleibt der Mensch auch in Zukunft überall dort unersetzlich, wo Sozialkompetenzen, aber auch Kreativität sowie Einfühlungsvermögen gefragt sind.

Die junge Menschen, welche heute eine (kaufmännische) Berufslehre beginnen, sind sich dieser Tatsachen weitgehend bewusst – und setzen trotzdem oder gerade deshalb auf eine Berufsausbildung. Sie wissen: Eine Berufslehre ist auch heute noch ein verlässliches Sprungbrett, das ihnen eine erfolgreiche Karriere in Aussicht stellt, auch wenn sie dieser Sprung in Zukunft vermehrt – und wohl auch wiederholt – in andere Branchen und Aufgabengebiete führen wird.

Strukturelle Veränderungen

Für Unternehmen sieht René Wirz, Ansprechpartner für Firmenschulungen im Bildungszentrum Sihlpost der KVZBS, in einer immer dynamischeren sowie komplexeren Arbeitswelt noch weitere, existenziell wichtige Herausforderungen: «Früher wusste der Patron über jeden Handgriff und jede Tätigkeit seiner Mitarbeiter bis ins Detail Bescheid. Heute muss das Wissen geteilt werden. Nur so ist es möglich, die Kunden zeitnah zu bedienen. Hinzukommt: Wissen in der Firma aufzubauen und weiterzuentwickeln, ist gerade für kleine und mittelgrosse Unternehmen überlebenswichtig – so etwa im Hinblick auf einen Generationenwechsel beziehungsweise eine Nachfolgeregelung.»

Firmenwissen aufbauen

Dabei greifen die Firmen neben internen Lösungen, bei denen die entsprechenden Kompetenzen inhouse und on the Job weitergegeben werden, zusehends auch auf Seminare oder Zertifikatskurse sowie Weiterbildungen im Akademieformat zurück, welche die nötigen Führungs- und Managementqualitäten in kurzer Zeit kompakt vermitteln. Investitionen in die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden lohnen sich für Firmen auch deshalb, weil sie so langfristig marktfähig und bei gut qualifizierten Stellensuchenden ein attraktiver Arbeitgeber bleiben.

Klare Zielsetzungen

Während die kleineren Unternehmen über Weiterbildungen heute zum Teil ganz konkrete Fragestellungen abdecken möchten, beispielsweise wie man eine bestimmte Technologie im Betrieb möglichst sinnvoll nutzt, wollen sich die grös­seren Firmen vermehrt ein umfassendes Wissen über ganze Themengebiete aneignen – vom Cloud-Computing über die IT-Security bis hin zum Umgang mit der Arbeitswelt 4.0. Ein wichtiger Punkt aus der Sicht der Firmen ist dabei die Aktualität der vermittelten Inhalte sowie der konkrete, schnell umsetzbare Praxisnutzen, den eine Weiterbildung generiert. Ein Anliegen, dem die KVZBS höchste Priorität beimisst. Deshalb fokussiert sie an ihrem neuen Standort in der Sihlpost neben den klassischen Bildungsangeboten mit den zentralen Abschlüssen vermehrt auf Seminare und Zertifikatskurse. In Seminaren lassen sich spezifische Themen kurz und knapp vertiefen, während Zertifikatskurse einen Kompetenzgewinn in kurzer Zeit ermöglichen. Die Schule entwickelt ihre Kurse laufend und in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen und Fachleuten aus den verschiedenen Branchen.

Alle Lerninhalte können so zeitnah auf die Trends und die daraus resultierenden Bedürfnisse der einzelnen Unternehmen abgestimmt werden. Und aufgrund der wachsenden Nachfrage erarbeiten die Kursverantwortlichen vermehrt auch gemeinsam mit den Firmen spezifische, auf ihre jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittene Inhalte. Entscheidend für den nachhaltigen Erfolg einer Weiterbildung ist und bleibt aber, dass sich eine Firma schon im Vorfeld darüber im Klaren ist, was sie mit einem Kurs erreichen will.

Porträt