Strategie & Management

Kolumne

Was Traditionsmarken stark macht

Wie es gelingt, traditionsreiche Marken über Generationen frisch und attraktiv zu halten – drei zentrale Erfolgselemente.
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Manche Marken begleiten uns unser gesamtes Leben lang. Die Küche ausgestattet mit Miele-Geräten und Geschirr von Villeroy & Boch, mit dem Rimowa-Koffer auf Reisen und den Tiffany-Verlobungsring in einer kleinen Samtschachtel in der Hosentasche für den grossen Moment. Ob heute oder vor 50 Jahren, diese Marken begleiten Menschen unserer Gesellschaft seit Generationen. Insgesamt weisen alleine diese vier Marken eine Geschichte von 665 Jahren auf. 

Wenn man darüber nachdenkt, fallen einem Dutzende weitere Traditionsmarken ein, denen es gelungen ist, nach wie vor attraktiv und zeitgemäss zu sein – genau wie man sich an Marken erinnert, denen das nicht gelungen ist, die es heute vielleicht gar nicht mehr gibt. Aber was sorgt dafür, dass eine Marke cool bleibt oder verstaubt? Wie gelingt es einem Unternehmen, die eigene Marke als attraktives Symbol von Qualität beizubehalten, ohne mit der Zeit altbacken zu werden? 

Die Herausforderungen sind es, frisch, auf der Höhe der Zeit und attraktiv zu bleiben Gerade im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen gibt es zahlreiche familiengeführte Betriebe, die seit Generationen fest verwurzelt sind. Auch wenn diese es möglicherweise nicht zu einer solchen Markenbekanntheit gebracht haben über die eigene Region hinaus, stehen sie vor den gleichen Herausforderungen: Frisch, auf der Höhe der Zeit und attraktiv zu bleiben. Und das heute noch stärker als früher, da unseren Bezugsquellen und Möglichkeiten als Verbraucher kaum Grenzen gesetzt sind. 

Im Rahmen unserer Klientenprojekte beobachten wir drei Elemente des Selbstverständnisses von erfolgreichen Traditionsmarken immer wieder und helfen dabei, diese gezielt auszubauen, damit die Marken keinen Staub ansetzen, sondern ihren Glanz über Jahrzehnte beibehalten.

Das nötige Selbstverständnis

Moderne Traditionsmarken verfügen über ein starkes Selbstverständnis und kennen ihre Markenkontur millimetergenau. Diese Klarheit über das eigene Selbstbild sorgt für grosse strategische Vorteile in der Markenführung und damit für nachhaltiges Wachstum dieser Unternehmen von innen heraus. Drei zentrale Erfolgselemente dieses Selbstverständnisses sind dabei die folgenden:

  • Erfolgreiche Traditionsmarken bewahren ihre Tradition, werden aber nicht zum Museum.
  • Erfolgreiche Traditionsmarken sind immer wieder attraktiv für eine junge Zielgruppe und wachsen mit ihr.
  • Erfolgreiche Traditionsmarken sind sich ihrer Kernkompetenzen bewusst.

Tradition bewahren, ohne Staub anzusetzen: Erfolgreiche Traditionsmarken bewahren ihre Tradition, werden aber nicht zum Museum. Diese Marken verstehen es, ihre Geschichte gekonnt und interessant weiterzuerzählen. Auf eine stolze und prägnante Art und Weise sind sie quasi von Beginn an stark im Storytelling – möglicherweise in einer glorifizierten Art, aber der Kern der Geschichte ist wahr und baut stets eine emotionale und glaubhafte Brücke zu Kunden aller Zeiten. Dabei existieren wichtige inhaltliche Zäsuren, wie zum Beispiel besonders erfolgreiche Produkte, entscheidende Innovationen oder auch Wege, einen Tiefpunkt gemeistert zu haben. Entscheidend ist hierbei, dass nicht krampfhaft an einem Moment, einem Produkt, einem Gedanken festgehalten wird, sondern ebendieses Drehmoment für die 2020er-Jahre anzupassen oder neu zu erfinden.

Immer wieder aufs Neue attraktiv sein: Erfolgreiche Traditionsmarken sind immer wieder attraktiv für eine junge Zielgruppe und wachsen mit ihr. Modern gebliebene Traditionsmarken wachsen mit ihren Kunden, sie werden alt mit ihnen und es gelingt ihnen gleichermassen, den idealen Kundentypus in einer neuen, jungen Variante wieder für sich zu gewinnen. Dies bedeutet strategisch betrachtet wenigstens zwei Dinge. Erstens ein sehr klares Bild des idealen Kunden entwickelt zu haben und ihn in seinen unterschiedlichen Lebenslagen bewusst wahrzunehmen und erreichen zu können. Zweitens wenigstens etwas mehr als der jeweilige Branchendurchschnitt an Innovationskraft und Weiterentwicklung zu zeigen und aktuell attraktive Themen neu zu besetzen, um den eigenen Markenstandard zu halten. 
 
Kernkompetenzen kennen und einsetzen: Erfolgreiche Traditionsmarken sind sich ihrer Kernkompetenzen bewusst. «Schuster bleib bei deinem Leisten» scheint ein Sprichwort, das absolut nicht nach Weiterentwicklung klingt, sondern eher nach Langeweile und Stillstand. Das möchte ich aber kraftvoll verneinen, denn es meint in diesem Kontext, dass die Markenführung genau weiss, wofür die Marke steht, was Kunden, Partner, relevante Dritte ihr zutrauen und worin sie glänzen kann. Erfolgreiche Traditionsmarken überdehnen ihre Marke nicht. Sie agieren sehr spitz im eigenen Kernkompetenzfeld, pflegen und entwickeln diese Kernkompetenzen stetig, um die Strahlkraft immer wieder aufs Neue zu fokussieren oder, um im Bild zu bleiben, aufzupolieren.

Fazit

Eine starke Marke aufzubauen und diese Stärke über Jahrzehnte weiter herauszuarbeiten, ist eine grosse Herausforderung und manchmal eine Gratwanderung. Die Marke wie einen Muskel zu definieren, den man auch nicht nur mit Kraftübungen, sondern mit Beweglichkeit, Mobilität und Ausdauer, neuen Reizen und kurzen Erholungsphasen perfekt formt, ist die zentrale Aufgabe der Markenführung. Wird diese Aufgabe, die sehr viel Fokus und Verständnis für die Wurzeln und das Zukunftsbild der Marke erfordert, gemeistert, ist eine traditionsreiche Marke ein extrem wertvolles und starkes Wachstumsvehikel.

Alt zu werden und dabei jung zu bleiben, hat aus Markenperspektive sehr viel damit zu tun, klar, konsequent und kongruent die eigene Innovationskraft auf diejenigen Bereiche zu fokussieren, die voll und ganz den Markenkern stützen. Sich weiterzuentwickeln auf eine fortschrittliche und evolutionäre Weise – nicht in einer stufenweisen Revolution. Den idealen Kunden immer wieder in die aktuelle Zeit zu holen und sich auf Basis seiner neuen Bedürfnisse regelhaft selbst zu verjüngen. 

Haben Sie sich oder Ihr Unternehmen in dieser Kolumne wiedergefunden, empfehle ich Ihnen, sich den oben genannten Feldern zu widmen und für Ihre Marke zu durchdenken, ob und in welcher Form Ihre Markengeschichte heute attraktiv erzählt wird, wer Ihr idealer Kunde heute ist und wo dieser in zehn Jahren steht und in welchen Bereichen man Ihnen Kompetenz zuschreibt und was Sie aktuell für Ihre nächste Entwicklung daraus ableiten. Klar ausgerichtete Innovationskraft führt zu Wachstum.

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