Strategie & Management

Aus- und Weiterbildung IV

Was einen guten Business-Coach ausmacht

Der Einsatz und die Wirksamkeit von Business-Coaching sind heute in den meisten Unternehmen unbestritten. Bezüglich der Auswahl des geeigneten Coachs ist das Wissen jedoch noch gering. Die folgenden Handlungsempfehlungen sollen helfen, den «richtigen» respektive qualifiziertesten Coach zu finden und auszuwählen.
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Bei dem überaus grossen und unübersichtlichen Angebot von Coaching-An­bietern erweist sich die Suche nach dem geeigneten Coach meist als gar nicht so einfach. Dabei ist die Wahl des richtigen Coachs zentral für eine positive und erfolgreiche Zusammenarbeit. In einer Studie von Finke & Kanning (2018) mit 257 Personen, die mit dem Thema Coaching vertraut sind, wurde untersucht, wie Unternehmen Coachs auswählen. Die Schlussfolgerungen der Studie ergeben, dass sowohl das Image als auch die Erfahrung des Coachs eine gros­se Bedeutung haben. Dabei muss sich die Erfahrung noch nicht einmal auf die Erfahrung als Coach beziehen. Zudem zeigt sich, dass eine Coaching-Ausbildung lediglich von Vorteil, jedoch kein zwingendes Kriterium ist. 

Die Autoren kommen daher zum Schluss, dass es bis dato offenkundig nicht gelungen ist, in den Unternehmen ein Coaching-Bewusstsein zu etablieren, das primär auf einer fachlich-methodischen Expertise basiert. In den Augen vieler Entscheidungsträger liegt der Schlüssel zum Coaching-Erfolg erstaunlicherweise hauptsächlich in der Person des Coachs und weniger in seiner Ausbildung. Ergänzend kommen die Autoren zum Schluss, dass somit häufig Kandidaten mit einem fraglichen Leistungsnachweis im Coaching berücksichtigt werden, wenn diese vorwiegend über gute Fähigkeiten im Selbstmarketing verfügen und es ihnen gelingt, bei ihren Kunden durch Sympathie zu punkten.

Auswahlkriterien

Eine sorgfältige Recherche sowie die Beachtung einiger wesentlicher Punkte helfen bei der Auswahl und verhindern das ineffektive Engagement von ungeeigneten Coachs.

Suchen und finden

Das Internet liefert eine unübersichtlich grosse Anzahl von Angeboten und Coaches. Daher ist die Suche via befreundete Unternehmen, Personalverantwortliche und /oder Personalentwickler zu bevorzugen. Nutzen Sie deren Empfehlungen und Hinweise für die Vorauswahl. Oder wählen Sie den Weg über Coaching-Verbände, beispielsweise die International Coach Federation (ICF), den Schweizerischen Berufsverband für Coaching, Supervision und Organisationsberatung (BSO) oder via grosse und ausgewiese­­ne Coaching-Anbieter wie «Developing Talent» oder «MY24COACH». Bei Mitgliedern dieser Organisationen kann davon ausgegangen werden, dass sie fundierte Coaching-Erfahrung haben und seriös arbeiten.

Angebote vergleichen

Nachdem Sie bei der Suche einige Coaching-Anbieter evaluiert haben, nehmen Sie sich dann genügend Zeit für das Studium der entsprechenden Angebotsseiten im Internet. Holen Sie mehrere An­gebote ein und vergleichen Sie die Anbieter. In diesem Vergleich, analog der Personal-Auswahl und -Selektion, werden Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Coach-Anbieter deutlich. 

Auf Testimonials ist dabei grundsätzlich kein Verlass. Sie würden als Coach sicher auch keine negativen Aussagen publizieren. Zudem sind diese oft anonymisiert und selbst verfasst. Bitten Sie um konkrete Referenzen und nutzen Sie diese auch, fragen Sie also direkt nach, ob ein Coach empfohlen wird und weshalb.

Aus- und Weiterbildung

Achten Sie speziell auf die Aus- und Weiterbildung eines Coachs. Grundsätzlich gilt, je breiter und tiefer diese ist, desto sicherer manifestiert sich – gepaart mit der entsprechenden Berufserfahrung – Erfolg. Nicht zuletzt auch dank der Fähigkeit zur präzisen Analyse, zum Einfühlen, zum Perspektivenwechsel sowie zum Mit- und Querdenken. Überprüfen Sie, welchen Ausbildungs- und Erfahrungshintergrund ein Coach vorweisen kann. Eine fundierte Coaching-Ausbildung vermittelt zwar das notwendige Werkzeug, doch gibt es dafür nach wie vor keine einheitlichen Standards. Unzählige Anbieter bieten Kurzkurse, Zertifikate und Diplome in unterschiedlichen Qualitäten an. Eine seriöse Ausbildung umfasst mindestens 200 Präsenzstunden sowie praktische Arbeiten und schliesst mit einer Prüfung ab. Getrauen Sie sich ruhig nach Ausbildungsinstitut, Dauer der Ausbildung und Jahr der Absolvierung nachzufragen. Seien Sie kritisch und überprüfen Sie diese Angaben.

Berufs-, Führungs- und Branchenerfahrung

Ein Business-Coach muss ein generelles Verständnis für die Abläufe in einem Unternehmen beziehungsweise einer Or­ganisation mitbringen. Deshalb ist profunde Berufserfahrung unabdingbar. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Coaching basiert auf dem Dialog auf gleicher Augenhöhe. Wer als Coach erfolgreich und glaubwürdig sein will, muss nebst der Ausbildung aus Erfahrung schöpfen können. Aber aufgepasst auf Leute, die sich aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen (Spitzensportler, Personen, die ein Burn-out durchlebt oder eine Lebenskrise überstanden haben) als Coach berufen fühlen und keine entsprechende Ausbildung vorweisen können.

Wer Führungskräfte coachen will, sollte selbst ausgewiesene Führungserfahrung haben und die entsprechenden Herausforderungen kennen. Viele Coachs bringen das Argument vor, dass ihre Kompetenz in der Methodik liege und der Kunde für die Lösung zuständig sei und es so­mit irrelevant wäre, wie gut man den entsprechenden Management-Level selbst kenne. Aus meiner Erfahrung kann ich dem nicht zustimmen. Ich bin der Meinung, es ist sehr wohl relevant, schon allein deswegen, weil man dann ganz andere Fragen stellen kann und zudem als Coach weitaus überzeugender und sicherer auftreten kann.

Achten Sie bei der Durchsicht des Lebenslaufs auf summarische Aussagen, wie zum Beispiel Erfahrung auf Managementlevel, langjährige Führungserfahrung, ausgewiesene Ausbildungen und so weiter. Dahinter verbirgt sich meist das Fehlen von fundierten Ausbildungen für die angestrebte Zielgruppe. Als mehrjähriger Studiengangleiter und Dozent an Coaching-Ausbildungen sowie als Kenner des Marktes stelle ich oft fest, dass sich gewisse Coachs als überaus erfolgreich auf Toplevel darstellen (natürlich auf einer von Werbeprofis gestalteten Website), bei genauem Hinterfragen jedoch herauskommt, dass besagte Person wenn überhaupt lediglich ein kleines Team geführt hat (viele Coachs kommen aus der Erwachsenenbildung und haben nie wirklich Führungsarbeit geleistet), geschweige denn auf Executive-Level eine Führungsposition innehatte.

Erfahrungen erkunden

Erfragen Sie, ob der Coach Erfahrung mit Fällen hat, die mit Ihren vergleichbar sind. Auch wenn jemand seit mehreren Jahren Coachings durchführt, ist dies noch keine Qualitätsgarantie. Mehrjährigkeit ist nicht zwingend an Erfolg gekoppelt. Professionelle Coachs können nachvollziehbar angeben, wie viele Kunden sie betreut haben. Auf Senior-Level sollte ein Coach über mindestens 1000 nachweisliche Stunden an Coaching-Erfahrung verfügen.

Methoden und Interventionsformen

Fragen Sie, wie die Coachings konkret ablaufen und wie diese aufgebaut sind. Gibt es einen klaren und nachvollziehbaren Prozess? Erfahrene Coachs verfügen über ein Coaching-Konzept, das sie auch präsentieren können. Lassen Sie sich zudem die Methoden und Interventionsformen des Coachs erläutern. Professionelle Coachs sind methodisch kompetent und verfügen über ein breites Repertoire von Interventionen und Methoden.

Vorgespräch / Kennen­lerngespräch vereinbaren

Fragen Sie nach einem unverbindlichen Vor- und Kennenlerngespräch. Ein solches ist je nach Coach und dessen Vorstellungen kostenlos. Bedenken Sie jedoch, dass ein etwas intensiveres Vorgespräch bereits eine Intervention darstellt und eine Verrechnung daher auch gerecht­fertigt sein kann. Achten Sie auf die Erscheinung der Person, auf Unterlagen, Auftreten und Ausdruck, Glaubwürdigkeit und Professionalität. Bitten Sie um eine schriftliche Offerte und analysieren Sie diese vergleichend.

Diskretion prüfen

Überprüfen Sie, ob der Coach die so wichtige Diskretion wahrt. Werden Sie misstrauisch, wenn der Coach Referenzen namentlich nennt, ohne dass Sie danach gefragt haben oder die betroffenen Kunden die Erlaubnis dazu gegeben haben. Zudem wird Ihnen ein Coach auch nie über die Inhalte anderer Coachings Auskunft geben. Er wird Ihnen nur im Bei­-sein des Coachees sowie mit dessen ausdrücklicher Erlaubnis Rede und Antwort stehen, andernfalls verletzt er die Berufsregeln und das so wichtige Vertrauen zwischen Coach und Coachee.

Abgrenzung zu einer Therapie

Coaching ist sicher keine Psychotherapie. Schwerwiegende psychische Probleme und Abhängigkeitserkrankungen sind nicht das Tätigkeitsfeld eines Business-Coachs. Fragen Sie den Coach, wo und wie er die Grenzen zieht. Ein ausgewiesener Coach ist mit dieser Problematik vertraut.

Supervision

Alle professionellen Coachs haben einen Supervisor, um problematische Fälle zu reflektieren und aufzuarbeiten sowie um sich selbst (psychisch oder fachlich?) zu schützen und weiterzuentwickeln. Fragen Sie den Coach, ob er regelmässig eine Supervision in Anspruch nimmt und bei wem. Zudem ist es immer hilfreich, wenn jemand über eigene Erfahrung als Kunde oder Klient in einem Coaching oder Therapieprozess verfügt. Wer einmal eigene Baustellen beseitigt hat, dem fällt es leichter, sich in eine Person hineinzuversetzen, die gerade in diesem Prozess steckt.

Zertifizierungen

Viele Coaching-Verbände zertifizieren ihre Mitglieder. Diese Verbände setzen auf einheitliche Mindeststandards. Diese müssen die Mitglieder jedoch meist nur in einer Selbstdeklaration ohne jegliche Überprüfung angeben und somit ist die Aufnahme in einen Verband ein Leichtes. Die Zertifizierung ist daher allenfalls ein zusätzliches Kriterium, jedoch noch lange kein Garant für einen guten Coach. Oft entscheiden sich gerade erfolgreiche Coachs gegen die Zugehörigkeit zu einem Verband, da sie unabhängig sein und dieses Zusatzkriterium nicht bemühen wollen.

Passung Coach–Unternehmen–Coachee

Der beste Coach nutzt Ihnen wenig, wenn er nicht zu Ihrem Unternehmen und zum Coachee passt. Die gemeinsame Basis muss stimmen. Wichtig können dabei fallweise die Erfahrung mit der Unternehmensgrösse, der Organisationsform, der Unternehmenskultur und Branchenaspekte sein. Taugt der Coach als «Role Model» ? Kann er auf Augenhöhe mit dem Coachee kommunizieren? Kann er starken Persönlichkeiten etwas entgegensetzen? Zudem muss die persönliche Ebene, die Chemie zwischen Coach und Kunde, stimmig sein. Eine gute Beziehung zwischen Coach und Kunde ist die Grundlage eines erfolgreichen Coachings. Ob die so wichtigen «Soft Factors» tatsächlich stimmig sind, zeigt sich gewöhnlich erst im Verlaufe der ersten oder zweiten Coaching-Sitzung, daher ist es sinnvoll, diese Aspekte früh in der Anfangsphase zur Sprache zu bringen, um unnötige Leerläufe zu vermeiden.

Präsenz und Online-Coaching

Online-Coaching ermöglicht heute zeit- und ortsunabhängige Coachings. Dies spart Zeit und Kosten. Dabei ist Coaching per Skype, Teams oder Chat, Face-Time kein wirklich qualifiziertes Online-Coaching. Professionelle Online-Coaches sind für die speziellen Anforderungen trainiert und zertifiziert und benutzen zudem eigens dafür geschaffene Plattformen, auf denen die Arbeit mit spezifischen Coaching-Instrumenten möglich ist. Als gutes Beispiel kann ich hier «MY24COACH» anführen. In diesen Fällen ist das Online-Coaching dem Präsenz-Coaching in Wirkung und Effizienz absolut ebenbürtig.

Eine professionelle Präsenz-Sitzung findet in einem geschützten und beruflichen Raum respektive Rahmen statt. Privatwohnungen, Hotelzimmer, ruhige Bars oder dergleichen sind dafür absolut nicht geeignet. Dies vor allem dann nicht, wenn der Coach Preise jenseits von 200 Franken in Rechnung stellt.

Qualitätssicherung

Besprechen Sie mit dem Coach, wie und in welcher Form er die Qualitätssicherung durchführt. Auch hier können Sie schnell das entsprechende Mass an Professionalität erkennen, ob diesem Thema genug Raum eingeräumt wird und ob das Qualitätsmanagement systematisiert und durchdacht ist.

Dauer und Kosten

Ein Business-Coaching umfasst in der Regel vier bis zehn Besprechungen von einer bis eineinhalb Stunden. Nach diesem Zeitraum müssen sich mess- und spürbare Veränderungen hinsichtlich der Zielerreichung ergeben haben. Ansonsten ist das Coaching nicht erfolgreich verlaufen. Genau wie es unzählige Coachs gibt, gibt es unterschiedlichste Kosten-Ansätze. Professionelle Coaching-Stunden, die unter 160 Franken offeriert werden, sind mit grosser Vorsicht zu geniessen. Erfahrene und erfolgreiche Coachs verlangen in der Regel deutlich mehr und sind es auch wert. Marktübliche Ansätze liegen zwischen 200 und 300 Franken. Alles, was darüber liegt, ist allenfalls für Coachs gerechtfertigt, die ein hohes öffentliches Renommee genies­sen und die dank ihrer Bekanntheit eine
grös­sere Nachfrage sowie damit ein­hergehend höhere Preise verlangen können. Erfragen Sie den Stundenansatz für 60 Minuten. Oft werden 50 Minuten als Stunde verkauft.

Fazit

Überlassen Sie bei der Coach-Suche und -Auswahl so wenig wie möglich dem Zufall. Eine fundierte Abklärung und die Überprüfung des Coachs schützen Sie vor Blendern und ungeeigneten Anbietern.

Porträt