Die Grenze zwischen Unternehmen und ihrem gesellschaftlichen Umfeld wird bis zum Jahr 2020 verschwimmen. Gesellschaft wird immer mehr in die Unternehmensstruktur eindringen. Deshalb werden erfolgreiche Firmen gelernt haben, auf gesellschaftliche Trends zu reagieren und diese Trends aktiv mitzugestalten. Unternehmen werden also neben fachlichen und betriebswirtschaftlichen auch gesellschaftliche Kompetenzen besitzen. Die Unternehmen, die diese gesellschaftlichen Kompetenzen heute zu entwickeln verstehen, werden morgen neue Erfolge feiern. Denn sie werden mit engagierteren Mitarbeitern eine innovativere Angebotspalette einem grösseren Kundenkreis direkter und bedürfnisgerechter anbieten können. Für dieses Ziel bedarf es der Entwicklung von gesellschaftlichen Kompetenzen in den Bereichen Organisation, Innovation und Reputation.

Trends & Visionen
Warum sich die besten Unternehmen vergesellschaften
Durch die Entwicklung von gesellschaftlichen Fähigkeiten im Bereich Organisation wird das Mitarbeiterengagement verbessert. Dies geschieht auf Grundlage der Tatsache, dass Unternehmen keine Mitarbeitende mehr beschäftigen werden, sondern Mitstreiter und Mitstreiterinnen. Während Mitarbeiter eine Anstellung suchen, wollen Mitstreiter mehr als das. Mitstreiter wollen sich in ihrer Arbeit entfalten, vorankommen, sich für etwas einsetzen, Sinn erfahren, lernen, wachsen, teilhaben. Ein Mitstreiter bringt also Überzeugungen, Pläne und Sehnsüchte mit zur Arbeit; und da diese von gesellschaftlichen Trends geprägt sind, bringt die Summe aller Mitstreiter gesellschaftliche Trends in das Unternehmen ein.
Unternehmen brauchen deshalb die Fähigkeit, Mitstreiter und gesellschaftliche Trends richtig in das Unternehmen einzubinden. Darin steckt ein immenses Potenzial. Denn richtig eingebundene Mitstreiter zeigen eine grössere Einsatzbereitschaft, weil sie nicht nur für Ziele des Unternehmens arbeiten, sondern gleichzeitig für persönliche und gesellschaftliche Ziele. Die richtige Einbindung von Mitstreitern ist hierbei von vier Rahmenbedingungen abhängig:
› Arbeitsumfeld
› Arbeitsaufgaben
› Führung
› Förderung
Arbeitsumfeld und Arbeitsaufgaben
Mitstreiter wollen in einem Umfeld arbeiten, in dem sie sich sicher und wohl fühlen. Zu diesem Umfeld gehören einerseits Unternehmensstruktur und -kultur sowie Personal- und Entlohungsadministration, andererseits die Zusammenarbeit mit Kollegen. In diesem Umfeld suchen Mitstreiter verantwortungs- und sinnvolle Arbeitsaufgaben; d.h. konkret: effektive und effiziente Arbeitsprozesse, Abwechslung, Mitbestimmung und Entscheidungsfreiheit zumindest in Teilbereichen des Tagesgeschäfts, Klarheit über Unternehmensstrategien und -ziele sowie stetig Feedback, sowohl lobender wie konstruktiv-kritischer Art.
Ein gutes und sicheres Arbeitsumfeld sowie verantwortungs- und sinnvolle Arbeitsaufgaben sind abhängig von einem einbindenden Führungsstil. Ein solcher Führungsstil ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit flachen Hierarchien oder dem gemeinschaftlichen Ringen um jede Entscheidung. Vielmehr bedarf es zur Einbindung klarer Strategie- und Zielvorgaben der Führung. Denn nur wenn die Ziele klar sind und klar kommuniziert werden, können Mitstreiter anfangen, sich zielgerichtet einzubringen.
Führung
Weiterhin braucht das Führungspersonal die Fähigkeit, Potenzial von Mitstreitern zu erkennen und zu fördern, Verantwortlichkeiten zuzuweisen, gleichzeitig Verantwortung abzugeben und dennoch Arbeitsprozesse zu beaufsichtigen, auch kritisches Feedback konstruktiv zu geben. Der Erfolg von einbindender Führung wird auch abhängig sein, ob Lösungen auf folgende gesellschaftliche Fragen gefunden werden: Wie binde ich Diversität ein (z.B. die immer grösser werdende Zahl ausländischer Mitstreiter)? Wie gehe ich mit Komplexität um, so dass ich die heutige und zukünftig weiter wachsende Fülle an Informationen und Anforderungen bewältige?
Förderung
Schliesslich wollen Mitstreiter gefördert werden, um sowohl persönlich als auch beruflich zu wachsen. Dabei geht es nicht in erster Linie um Geld. Es geht darum, den nächsten logischen Entwicklungsschritt tun zu können. Nötig sind deshalb gezielte Strukturen und Programme der Talent- und Karriereentwicklung, die sowohl dem Unternehmen nutzen als auch das Bedürfnis der Mitstreiter nach Weiterentwicklung befriedigen.
Die Entwicklung von gesellschaftlichen Kompetenzen im Bereich Innovation führt zu einer innovativeren Angebotspallette für einen grösseren Kundenkreis. Dies geschieht auf Grundlage der Tatsache, dass Innovation im Austausch mit «Aussen» stattfindet, wenn etwas Neues gelernt oder eine neue Perspektive eingenommen werden kann, ausserhalb des Arbeitsalltages und der Routine. Durch die Vergesellschaftung, die Auflösung der Grenzen zwischen Unternehmen und Gesellschaft, rückt das gesellschaftliche «Aussen» nun näher, tritt gar automatisch ins Unternehmen ein, z.B. in Form von Mitstreitern. Erfolgreiche Unternehmen werden ihre grössere Nähe zu diesem «Aussen» als Innovationskraft nutzen, um etwa für neue Kundenbedürfnisse neue Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können.
Das Innovationspotenzial als Folge von Vergesellschaftung kann auf drei Wegen genutzt werden:
› Intrapreneurship
› Social Entrepreneurship
› Stakeholder Engagement
Intrapreneurship
Das Intrapreneurship macht Mitstreiter zu Mitunternehmern und bietet so gleichzeitig ein hohes Mass an Einbindung an. Mitstreiter werden ermutigt, selbstständig ein Produkt oder eine Dienstleistung zu entwickeln. Produkt oder Dienstleistung sollen zwar zur bestehenden Angebotspalette und zu den übergeordneten Unternehmenszielen passen, aber gleichzeitg auf innovative Weise einen neuen Kundenkreis oder einen neuen Absatzmarkt ansprechen.
Das Intrapreneurship bietet also innovative Wachstumsmöglichkeiten von innen. Intrapreneurship schafft Freiräume und Anreize für Mitstreiter, ihr Innovationspotenzial zu nutzen. Die Innovationskraft der Gesellschaft, die in Form der Mitstreiter sowieso schon Einzug ins Unternehmen gehalten hat, wird somit für das Unternehmen genutzt.
Social Entrepreneurship
Das Social Entrepreneurship ermöglicht ebenfalls unternehmerische Innovation, hier indem aktiv ein mutiger Schritt in die Gesellschaft hinein gemacht wird. Social Entrepreneurship richtet sich zunächst auf die aktive Mithilfe bei der Lösung eines gesellschaftlichen Problems. Erfolgreiche Unternehmen werden verstanden haben, die bei dieser Mithilfe gewonnenen Arbeitserfahrungen wiederum innovativ für die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen zu nutzen.
Stakeholder Engagement
Innovation durch Stakeholder Engagement findet ebenfalls in der Interaktion mit der Gesellschaft statt. Erfolgreiche Unternehmen werden gelernt haben, mit bisher unbekannten Personengruppen, Institutionen oder Organisationen zusammenzuarbeiten, um innovative Lösungen für eigene Probleme zu finden. Wenn z.B. ein Unternehmen vor der Schwierigkeit steht, qualifizierten Nachwuchs zu rekrutieren, werden erfolgreiche Unternehmen rechtzeitig verstanden haben, mit Schulen, Hochschulen oder öffentlichen Behörden zu kooperieren, um ihre Nachwuchs-Pipeline zu füllen.
Die Entwicklung von gesellschaftlichen Fähigkeiten im Bereich Reputation führt zu einem direkteren und bedürfnisgerechteren Zugang zu Kunden. Dies geschieht auf Grundlage der Tatsache, dass die Gesellschaft vermehrt unternehmerische Transparenz, Glaubwürdigkeit und Verantwortung einfordert. Erfolgreiche Unternehmen werden diese Forderung als Einladung benutzen, mit der Gesellschaft in einen direkten Austausch zu treten.
Dieser direkte Austausch ist für Unternehmen zweifach förderlich. Einerseits lernen Unternehmen gesellschaftliche Trends und Bedürfnisse unmittelbarer und genauer kennen; dieses Wissen ist nützlich für die Bereiche Organisation und Innovation. Andererseits steigert der Austausch das Ansehen von Unternehmen, wenn sie Trends und Bedürfnisse entsprechend glaubwürdig und verantwortungsvoll berücksichtigen. Dies ist wichtig, weil die Besten nur für ein reputables Unternehmen bereit sind, engagiert und innovativ zu arbeiten, und weil für Kunden Reputation bei der Kaufentscheidung immer wichtiger wird.
Drei Mittel fördern Reputation:
› Corporate Citizenship
› Unternehmensethik
› Kommunikation
Corporate Citizenship
Mit Corporate Citizenship zeigt ein Unternehmen, dass es Teil der Gesellschaft ist. Es tut Gutes zum gesellschaftlichen Wohl. Erfolgreiche Unternehmen werden verstanden haben, dies gezielt in ihrem unmittelbaren wirtschaftlichen Wirkungsbereich zu tun; zum Beispiel ein Pharmazieunternehmen eröffnet Zugang zu Medikamenten, ein Haustechnikunternehmen kümmert sich um Energieeffizienz beim Unterhalt von Gebäuden. Durch diese Investition in etwas gesellschaftliches Gutes im unmittelbaren Wirkungsbereich gewinnt das Unternehmen einerseits neue Erfahrungen für die Bereiche Organisation und Innovation. Andererseits ist nur so glaubhafte Reputation zu erlangen. Denn in einer transparenten Gesellschaft bleiben einzelne gute Taten unglaubwürdig, wenn ein Unternehmen nicht grundsätzlich und im eigenen Wirkungsbereich verantwortlich wirtschaftet.
Unternehmensethik
Erfolgreiche Unternehmen werden ebenfalls eine funktionierende Unternehmensethik haben. Denn unethisches Verhalten demotiviert Mitstreiter, verhindert Innovation, beschädigt Reputation und unterbricht den Austausch mit Gesellschaft und Kunden. Eine ethische Unternehmenskultur hält Regeln bereit für angemessenes Verhalten in den Bereich Organisation, Innovation und Reputation.
Kommunikation
Schliesslich werden erfolgreiche Unternehmen gelernt haben, mit der Gesellschaft richtig zu kommunizieren. Sie werden verstanden haben, dass Eigenwerbung nötig ist, aber auch, dass Eigenwerbung glaubhaft erscheinen muss. Erfolgreiche Unternehmen werden deshalb auf eine Kommunikation der zwei Wege setzen. Sie werden einerseits mit grosser Klarheit ihre Themen und Inhalte vorbringen, andererseits aber die Öffentlichkeit ihrerseits zur Kommunikation einladen und zuhören. Denn von Antworten von «Aussen» kann ein Unternehmen viel für die Bereiche Organisation, Innovation und Reputation lernen. Und dies eben vor allem dann, wenn das Unternehmen auch gesellschaftliche Kompetenzen besitzt. «