Strategie & Management

Aus- und Weiterbildung

Warum lebenslanges Lernen nur Gewinner hervorbringt

Für KMU werden berufsbegleitende Bildungsangebote zunehmend unverzichtbar. Gemäss neuem Bildungsparadigma genügt es nicht mehr, solide Arbeitsplätze anzubieten. Weiterbildungsangebote sollen zusätzlich die Attraktivität von Unternehmen steigern, Mitarbeitende zufriedener machen und den wirtschaftlichen Interessen der KMU selbst dienen.
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Der Gedanke des lebenslangen Lernens hat sich heute als das neue Bildungsparadigma in Wirtschaft und Gesellschaft etabliert. Im Fokus stehen hierbei nicht in erster Linie Bildungsanbieter oder Unternehmen, sondern die Individuen mit ihrer jeweils spezifischen Bildungsbiografie.

Schöne neue Bildungswelt

Früher war Bildung als abgrenzbare Lebensphase dem Kindes- und Jugendalter zugeordnet. Darauf aufbauend galt es das Gelernte im Beruf anzuwenden. Und schliesslich folgte der Rückzug aus der Erwerbstätigkeit im Pensionierungsalter. Alle drei Phasen beruhten seit dem auslaufenden 19. Jahrhundert auf der Idee, sich eine Grund- und Berufsbildung als Investition fürs Leben anzueignen. Diese reichte in der Regel tatsächlich auch ein Leben lang. Der damalige berufsbiografische Dreischritt hiess: Bildung, Arbeit, Rückzug. Oder in seiner bildungsbürgerlich moralischen Wertung: investieren, Mehrwert schaffen, ausruhen.

Heute gibt es kein Ende des Lernens mehr. Lebenslanges Lernen verwirft die Idee, wonach die Bildungsinvestition der Jugendzeit bis zum Ende der aktiven Berufszeit nachwirkt und überdies ein gutes Leben im Pensionsalter ermöglicht. Lernen ist zu einem Lebenswert an sich geworden. Einerseits vereinfachen kontinuierliche Lernschritte die Anpassung an laufend neue berufliche Anforderungen. Andererseits ergänzen sich Beruf und Lernen auch deshalb, weil Arbeit nicht mehr nur auf Existenzsicherung ausgerichtet ist. Vielmehr erleben Menschen dann ihr Leben als besonders sinnerfüllt, wenn es ihnen gelingt, Erwerbsarbeit und Lernen im Gleichgewicht zu halten. Die Abbildung zeigt die Differenz zwischen altem und neuem Paradigma schematisch auf.

Altes und neues Paradigma

Beide Bildungsparadigmen – das alte und das neue – sind als mentale Modelle bei Führungspersonen und Mitarbeitenden in den Unternehmen heute nebeneinander präsent. Manche Führungskräfte orientieren sich nach wie vor am «alten» Modell: Bildung, Arbeit, Rückzug. Andere Vorgesetzte sind längst in ihrer individuellen Berufsbiografie selbst im «neuen» Modell unterwegs und agieren im Sinne von lebenslang Lernenden als Vorbilder. Gerade in den Unternehmen, die schon seit mehreren Jahrzehnten erfolgreich am Markt tätig sind, dürften manche Weiterbildungsentscheidungen von einem unbewussten Nebeneinander beider Paradigmen geprägt sein. Das kann sich dann in solchen Fragen äussern: Reicht denn die Ausbildung, die im frühen Erwachsenenalter abgeschlossen wurde, nicht mehr? Lohnt es sich denn für das Unternehmen, die Mittel für die Weiterbildung eines einzelnen Mitarbeitenden aufzuwenden? Wer profitiert letztlich – Individuum oder Unternehmen oder sogar bloss die Hochschule – von einer durchaus zeit- und kostenaufwendigen externen Weiterbildung?

Beruf und Weiterbildung

Um Mitarbeitende weiterzubilden, haben grosse Unternehmen in den letzten Jahrzehnten oft eigene, interne Bildungsorganisationen aufgebaut. Sie übernehmen – durchaus in Konkurrenz zu den öffentlichen Hochschulen in der Schweiz – die Funktion von «Corporate Universities». Dazu haben KMU keinen Zugang, und für den Aufbau vergleichbarer interner Weiterbildungsangebote fehlen ihnen die nötigen Mittel. Die oben formulierten Fragen stellen sich also insbesondere für Personal- und Unternehmensverantwortliche in KMU. Hier braucht es Antworten.

Viele Hochschul-Weiterbildungen haben sich auf das neue Bildungsparadigma ausgerichtet und adressieren die von KMU aufgeworfenen Fragen und Bedürfnisse. So bieten Weiterbildungslehrgänge heute durchaus auch weiterhin eine auf spezifische Wissens- und Fachfragen ausgerichtete Kompetenzerweiterung.

Aber das reicht nicht mehr. Studierende in Weiterbildungsangeboten erhalten zusätzlich die Möglichkeit in zunehmend selbst gesteuerten Lernarrangements nicht nur von Dozierenden und Experten zu lernen, sondern gezielt auch direkt voneinander und in engem Kontakt zu ihrem spezifischen Berufskontext. Neben dem Erwerb von Fachwissen lernen Studierende sich zu vernetzen, Wissen selbst zu erarbeiten und zu priorisieren, Fach- und Expertenwissen in die eigene Berufspraxis zu transferieren, in Teams zu arbeiten, anderen Menschen Lernen zu ermöglichen und ihren eigenen Lernprozess zu reflektieren. Diese Form des Lernens von und mit anderen – ein Lernen aus und mit der Differenz – ist in einem ersten Schritt deshalb wertvoll, weil hergebrachte Denkweisen sichtbar werden. Denn darauf aufbauend kann Reflexion sowie die gemeinsame Arbeit an Lösungen ganz neue Handlungsoptionen hervorbringen.

Solche Lernformen vermitteln neues Wissen, erweitern den Horizont, ermöglichen Lernen, das praktisch, relevant und umsetzbar ist, vermitteln Lerntechniken für kontinuierliches und zukünftiges Lernen und schärfen den Sinn dafür, wie die Organisationen, in denen wir heute arbeiten, in all ihrer Komplexität funktionieren. Als Konsequenz entsteht folgender Mehrwert: Mitarbeitende nehmen den persönlichen Berufsweg und die Mitgestaltung der eigenen Berufswelt zunehmend eigenverantwortlich, beeinflussbar und als Teil ihres Lebens wahr. Das Bewusstsein für die eigene Wirksamkeit wächst also, was die eigene Effektivität, Effizienz und Zufriedenheit erhöht.

Organisation und Mensch

Im Idealfall wird damit erlebbar, dass Unternehmen und die darin tätigen Menschen füreinander da sein können. Das alte Paradigma war davon ausgegangen, dass die Menschen Unternehmen dienen. Aber Unternehmen öffnen sich nun zunehmend nicht nur den Bedürfnissen ihrer Kunden, sondern auch denen der Mitarbeitenden. Sie verfolgen nicht mehr nur organisationsbezogene Selbstzwecke; und sind damit – weil ressourceneffizienter – nicht selten auch erfolgreicher. Denn von ihren Mitarbeitenden, die berufsbegleitend in Weiterbildungen unterwegs sind, können sie etliches lernen: Sie erhalten direkten Zugang zum oben beschriebenen Lernerwerb aus der Weiterbildungspraxis, den ihre Mitarbeitenden aufbauen, weil sie mit Studienkollegen zusammenarbeiten, die bei Mitbewerbern oder in angrenzenden Marktfeldern unterwegs sind. Dieser Dialog führt gerade KMU näher an den Markt. Die Investition in lebenslanges Lernen wird so zur Investition für das Unternehmen. Individuelle Kompetenzentwicklung und betriebliche Organisationsentwicklung gehen Hand in Hand.

Kurz: Das Paradigma des lebenslangen Lernens macht alle drei Akteure zu Gewinnern. Unternehmen verbessern ihre Marktkraft, die Hochschulen spielen wie vorgesehen ihre Rolle als Zentren der Vermittlung zwischen Expertise und Praxis und Absolvierende erhöhen ihre Kompetenzen sowie die Arbeitszufriedenheit. So wird der in der «Arbeitswelt der Zukunft» enthaltene Auftrag zur vermehrten Übernahme von Selbstverantwortung und Selbständigkeit, der oftmals auch als Bedrohung erlebt wird, zu einer Verheissung für Individuen und Unternehmen.

Aus dieser neuen Denkweise über Bildung hat sich auch das Lernversprechen der Hochschule Luzern ergeben. Demnach wird hier Weiterbildung nicht passiv konsumiert, sondern von allen Beteiligten aktiv mitgestaltet. Die Hochschule Luzern bietet die Rahmenbedingungen, in denen sich jede und jeder durch persönlichen Einsatz und Commitment entwickeln kann. So kommen Studierende und Dozierende gemeinsam voran und fördern und fordern sich gegenseitig. Hier werden Teilnehmer nicht weitergebildet – sie bilden sich weiter.

Porträt