Strategie & Management

Aus- und Weiterbildung

Warum digitale Bildung Chefsache ist

Digitale Weiterbildung wird immer wichtiger. Der Einfluss der Automatisierung und Digitalisierung auf die Arbeitswelt wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Obwohl IT-­Studienfächer gut besucht werden, braucht es trotzdem mehr Fachkräfte. Dabei sind auch soziale Kompetenzen gefragt.
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Die Deloitte-Studie von 2017 «Welche Schlüsselkompetenzen braucht es im digitalen Zeitalter?» beleuchtet die damit verbundenen Auswirkungen auf die Schweizer Unternehmen. Erwähnt wird darin eine Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, nach der in der Schweiz zwischen 1999 und 2010 103 000 Stellen durch den Substitutionseffekt verdrängt und 234 000 durch Komplementär­effekte geschaffen wurden. 

Durch die Automatisierung entstanden 131 000 neue Stellen. Dies entspricht etwa einem Viertel der Gesamtstellen, die in derselben Periode in der Schweiz entstanden sind. 

Fachkräfte fehlen

Für diese neuen Arbeitsplätze braucht man digital geschultes Personal. Der Bericht «Herausforderungen der Digitalisierung für Bildung und Forschung in der Schweiz» von 2017 bestätigt das. Die Schweiz gehört mit einem Anteil von fast fünf Prozent der Beschäftigten zu den Ländern mit der höchsten Dichte an Spezialisten der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). Lediglich im Mittelfeld befindet sich die Schweiz dagegen beim Anteil an IKT-Anwendern. Zwischen 2010 und 2015 verzeichneten die MINT-Fächer der Hochschulen bei den Studieneintritten einen Zuwachs von 14 Prozent, bei den IKT-Fachrichtungen hat die Anzahl Studierender an den Fachhochschulen und den universitären Hochschulen im selben Zeitraum um rund 25 Prozent zugenommen. 

Trotzdem ist gemäss einer Firmenbe­fragung der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH das mit Abstand grösste Problem für den Einsatz von IKT in Un­ternehmen die Fachkräfteverfügbarkeit. Rund 30 Prozent der befragten Firmen bezeichneten dies als Hemmnis. Das Potenzial für eine zusätzliche Mobilisierung von Fachkräften ist beschränkt. Personen, die einen Informatikberuf gelernt haben, sind bereits öfter erwerbsaktiv als der gesamtwirtschaftliche Durchschnitt, vor allem bei Frauen. 

Querschnittkompetenzen

Fachwissen in Bezug auf Computer und Elektronik wird immer wichtiger. Am wichtigsten sind laut Deloitte-Studie Fähigkeiten für komplexe Problemlösung und im Bereich Kundenservice. Kreativität und soziale Intelligenz dürften für die Ausübung vieler neu geschaffener Stellen bis 2030 erforderlich sein. 

Gefragt sein werden in Zukunft auch vermehrt Personen, die über ausgeprägte mathematische oder technische Kompetenzen verfügen. 

Gefragt werden nach OECD-Forschungen folgende Fachkenntnisse:

  • Herstellung von IKT-Produkten und Dienstleistungen, zum Beispiel Software, Websites, E-Commerce-, Cloud- und Big-Data-Anwendungen.
  • Programme und Anwendungen entwickeln und Netzwerke verwalten.
  • Die Beschäftigten in allen Berufsfeldern müssen zunehmend generische IKT-Kenntnisse erwerben, um solche Technologien in ihrer täglichen Arbeit nutzen zu können.
  • Querschnittskompetenzen, wie die Fähigkeit, komplexe Informationen zu verarbeiten, in vielfältiger Weise zu kommunizieren, Probleme zu lösen, im Voraus zu planen und schnell zu reagieren. Das spielt eine besonders wichtige Rolle, da aus heutiger Perspektive schwer abzuschätzen ist, wie sich die Digitalisierung entwickelt.

Viele Organisationen der Arbeitswelt, Bildungsinstitutionen, Anbieter überbetrieblicher Kurse, kantonale Bildungsverwaltungen sowie Berufs-, Studien- und Laufbahnberatungen befassen sich bereits aktiv mit dem Thema Digitalisierung, siehe Kastentext.

Staatliche Förderung

Die Berufsbildung muss Antworten auf die Digitalisierung liefern: So fordert es das Leitbild «Berufsbildung 2030». Der Bund fördert deshalb den digitalen Wandel mit Projektbeiträgen. Rémy Hübschi, Vizedirektor des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI meinte dazu: «Wir machen keine inhaltlichen Vorgaben. Die Berufsbildungsakteure wissen am besten, wo Handlungsbedarf besteht. Aber es gibt formale Vorgaben. Die Projekte müssen realistische Ziele verfolgen, nachhaltig wirken und von breitem Nutzen sein. 

Das Know-how und die entwickelten Instrumente sollen auch anderen Akteuren zur Verfügung stehen. Wir legen Wert auf Wissens- und Erfahrungsaustausch. Zusammengefasst lautet unsere Devise: fördern, sichtbar machen, vernetzen.»

«digitalinform.swiss» ist ein Webportal im Rahmen der ordentlichen Projektförderung des Bundes nach den Artikeln 54 und 55 Berufsbildungsgesetz (BBG). Es wurde im Dezember 2018 anlässlich des Spitzentreffens der Berufsbildung eingerichtet. Interessierte Kreise können sich auf dem Webportal informieren und nach ihren Bedürfnissen, Möglichkeiten und Interessen bei der Förderung des digitalen Wandels in der Berufsbildung aktiv beteiligen. Zudem können über dieses Webportal Projektskizzen eingereicht werden.

Fehler vermeiden

Gemäss «digitalinform.swiss» werden bei der digitalen Bildung vor allem folgende Fehler gemacht:

  • Projekte werden oftmals isoliert entwickelt und umgesetzt, dies ohne eine Vernetzung, Koordination oder einen Erfahrungstransfer mit anderen Aktivitäten.
  • Die Aktivitäten beruhen oft auf der persönlichen Motivation einzelner Personen. Eine systematische Durchdringung von grösseren Bereichen fehlt.
  • Zum Teil fehlt es den Institutionen am notwendigen Fachwissen sowie an personellen und finanziellen Ressourcen, um die digitale Transformation im nötigen Tempo voranzutreiben.
  • Die Arbeiten und Erkenntnisse aus der Wissenschaft zum Thema Digitalisierung und Berufsbildung sind zu wenig in der Praxis bekannt und werden daher kaum umgesetzt.

Das Bildungssystem soll rasch an die Anforderungen des Marktes angepasst werden. «digitalinform.swiss» unterstützt und fördert vor allem die Verbesserung der digitalen Kompetenzen in der Schule, die Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien beim Lehren und Lernen sowie Koordination und Kommunikation in der Bildungszusammenarbeit.

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