Es kann nicht oft genug betont werden: Wachstum ist für unseren Wohlstand unerlässlich. Anzunehmen, dass Unternehmen oder auch Personen nicht wachsen wollen, ist ein Irrtum und Einzelfälle sind eher eine Bestätigung der Regel, als dass sie selbst zur Regel erhoben werden können. Insofern befremden mich – und das nicht nur als Wachstumsexperte, sondern auch als Mitglied der Gesellschaft – die Diskussionen um das Thema mitunter sehr, denn es werden doch zahlreiche ideologische Aspekte mit in die Debatte eingebracht.
Den Begriff Wachstum «wieder» positiv aufladen
Vor Kurzem fand eine jährliche Veranstaltung statt, die wir mit meiner Beratungsgesellschaft organisieren, der «Seeon Summit» auf Schloss Bensberg in Deutschland. Dabei handelt es sich um ein Gipfeltreffen eines kleinen Kreises von Unternehmern, Geschäftsführern und Vorständen aus unserem grossen Netzwerk, allesamt wachstumsstrebend. Als Gastredner hatten wir Alexander Graf Lambsdorff, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, eingeladen, und es war ausserordentlich wohltuend, dass Graf Lambsdorff auch darüber sprach, dass man sich dafür einsetzen müsse, das Thema «Wachstum» in der Gesellschaft positiv aufzuladen. Genauer muss man wohl sagen, «wieder» positiv aufzuladen, denn es gab durchaus Zeiten, in denen Wachs-tum nahezu ausschliesslich positiv konnotiert war, man denke an die Aufbauzeiten nach dem zweiten Weltkrieg, wo alle Hände gebraucht wurden, um den Wiederaufbau in vielen Staaten, insbesondere in Deutschland, zu schaffen. Natürlich wollte man wachsen.
So natürlich wie früher erscheint das Wachstumsverständnis und die Anerkenntnis des Wachstumserfordernisses heute nicht mehr. Sicher haben dazu auch Exzesse beigetragen, wie sie vor allem in der Finanzbranche (leider oft zu spät) zu erkennen waren. Wir erinnern uns daran, dass manche Firmen von Private-Equity-Gesellschaften erworben wurden, dabei der erforderliche Kaufpreis nahezu vollständig durch die über-nommene Gesellschaft als Darlehen aufgenommen werden musste und die übernommenen, zuvor gesunden, nun aber nicht selten fast überschuldeten Unternehmen für weiteres Wachstum – nahezu um jeden Preis – kämpfen mussten. Die Unternehmen wurden aufgehübscht und möglichst rasch wieder hochprofitabel veräussert. Einzige Gewinner? Die Investoren und ihre Fondsanleger. Die Innenleben jener Unternehmen? Eine Katastrophe.
Negativbeispiele sind Einzelfälle
Wohl ein jeder von uns mag Fälle kennen, bei denen es genau so zuging. Aber – und das ist ein starkes «Aber»: Es bleiben Einzelfälle, die durch ihre Prominenz einfach eine hohe Aufmerksamkeit erfahren haben. Die weitaus meisten Private-Equity-Gesellschaften sind hochseriös und ich habe mit so vielen Private-Equity-Gesellschaften gesprochen, dass ich glaube, mir ein Urteil erlauben zu können. Finanzinvestoren deswegen generell als «Heuschrecken» zu bezeichnen, wie es ein ehemals wortführender deutscher Politiker aus meiner Sicht völlig verantwortungslos getan hat, ist falsch und unlauter.
Ebenso verhält es sich mit den Vergütungen mancher Unternehmenslenker. Jawohl, es gibt unberechtigt hohe Vergütungen. Jawohl, jeder Unternehmer weiss, dass er im Zweifelsfall selber dafür geradestehen muss, wenn es seinem Unternehmen nicht gut geht, während die Unternehmensführungen so mancher Grossunternehmen für Erstaunen sorgen, wenn sie äusserst hohe Bezüge auch bei unternehmerischen Schieflagen beziehen. Aber – und hier ist wieder das «Aber»: Es bleiben Einzelfälle. Die weitaus überwiegende Zahl der Manager, Geschäftsführer, Vorstände arbeitet hochgradig verantwortungsvoll und seriös. Vergessen werden darf auch nicht, dass es Sache der Anteilseigner ist, über die Bezüge der Unternehmensführung zu befinden. Da haben wir uns nicht einzumischen.