Strategie & Management

Mobilität und Flottenmanagement II

Toyota baut weiter auf Wasserstoff als Antriebstechnologie

Die Wasserstoff-Technologie als Antrieb steckt noch in den Kinderschuhen. Und dem Konsumenten wird sie mit einem dünnen Tankstellennetz nicht eben schmackhaft gemacht. Toyota bleibt seiner Vision dennoch treu und lanciert mit dem neuen «Mirai» nun die zweite Generation des emissionsfreien elektrischen Fahrzeugs mit Brennstoffzellen- und Wasserstoff-Antrieb.
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Toyota betrachtet Wasserstoff als wesentliches Element der Energienutzung und -speicherung in einer zukünftigen nachhaltigen Gesellschaft. Wasserstoff hat das Potenzial für eine CO2-freie Mobilität nicht nur auf der Strasse, sondern auch auf der Schiene, zu Wasser und in der Luft – wie auch als Energiequelle für Industrie, Business und Wohnen. Wasserstoff ist auch ein effizientes Mittel zur Speicherung erneuerbarer Energie und kann an jeden Nutzungsort transportiert werden.

Auf Hybridbasis

Toyota begann 1992 mit der Entwick­-lung eines Wasserstoff-/Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugs und präsentierte 2014 den Mirai für den globalen Markt. Diese bahnbrechende Realisierung basierte auf der weltweit führenden Erfahrung mit der Hybridtechnologie als Kerntechno­logie für eine Reihe verschiedener elek­trifizierter Fahrzeugantriebe.

Das Basiskonzept der Hybridleistung wurde erfolgreich adaptiert für Hybrid­elektrische (HEV), Plug-in-Hybridelektrische (PHEV), Batterie-elektrische (BEV) und Brennstoffzellen-Elektro-Fahrzeu­ge (FCEV). Jeder dieser Fahrzeugtypen kommt unterschiedlichen Transportbedürfnissen entgegen: BEV für kürzere Strecken und den innerstädtischen Verkehr, HEV und PHEV für längere Distanzen im normalen Personenverkehr und FCEV für grössere Fahrzeuge wie auch für den Schwerverkehr und öffentliche Transportmittel.

Nun kommt eine neue Generation des Mirai – ein Auto, das die FCEV-Technologie auf einen höheren Level bringt und da­rüber hinaus durch Dynamik in Design und Fahreigenschaften mit mehr emotionaler Attraktivität ansprechen soll. Ein umfassend erneuertes Brennstoffzellensystem, intelligentes Packaging und aerodynamische Effizienz ermöglichen eine auf circa 650 km erhöhte Reichweite, mit reinem Wasser als einziger Emission.

Leistung und Design verbessert

Bei der Entwicklung des neuen Mirai legte Toyota Wert auf eine rundum gesteigerte Attraktivität, sei es in der Leistung wie auch im Aussehen, im Fahrgefühl und in den Fahreigenschaften. Eine Priorität lag dabei auf einer gesteigerten Reichweite gegenüber dem bisherigen Modell und auch gegenüber batterieelektrischen Fahrzeugen. Grössere Wasserstoffkapazität, höhere Effizienz und verbesserte Aerodynamik ermöglichen eine um 30 Prozent auf circa 650 Kilometer erhöhte Reichweite. 

Das Packaging – die raumsparende Anordnung der Fahrzeugkomponenten – ist beim neuen Mirai durch die modulare GA-L-Plattform gegenüber der Erstausgabe deutlich verbessert. Die neue Aus­legung des FCEV-Antriebs – vor allem durch die Platzierung des Brennstoffzellenstacks in der Front statt unter dem Fahrzeugboden – ermöglicht ein geräumiges Fünfsitzer-Interieur mit mehr Beinraum auf den Rücksitzen.

Ein wesentliches Ziel bei der Entwicklung des neuen Mirai war es, dem Fahrzeug eine emotional stärker ansprechende Ausstrahlung zu geben, als Fahrzeug, das die Kunden aufgrund seines Aussehens und seines Fahrgefühls wählen, nicht nur wegen seiner ökologischen Qualitäten. Die neue GA-L-Plattform und die Fortschritte in der FCEV-Technologie eröffneten hier neue Möglichkeiten.

Mehr Tanks, mehr Reichweite

Die Verwendung der GA-L-Plattform erlaubt eine raumsparendere Anordnung des Brennstoffzellenstacks und der Antriebskomponenten. Als Resultat ergibt sich eine geräumigere, fünfsitzige Kabine und eine günstigere Gewichtsverteilung. Insbesondere ermöglicht die neue Auslegung den Einbau von drei Wasserstofftanks; durch die grössere Treibstoffkapazität erhöht sich die Reichweite um 30 Prozent.

Die Tanks sind in einer T-förmigen Konfiguration angeordnet. Der grösste befindet sich längs unter der Fahrzeugmitte, zwei kleinere seitlich unter den Rücksitzen und dem Gepäckraum. Zusammen fassen sie 5,6 kg Wasserstoff gegenüber 4,6 kg der zwei Tanks beim bisherigen Modell. Die Anordnung der Tanks trägt zum tiefen Schwerpunkt bei und schränkt den Nutzraum nicht ein.

Die neue Architektur ermöglicht zudem den Einbau des komplett neuen Brennstoffzellenstacks in der Front – analog dem Motorraum – statt unter dem Fahrzeugboden, während die kompaktere Hochspannungsbatterie und der Elektromotor über der Hinterachse platziert sind. Wie weiter unten ausgeführt, ergibt die optimierte Antriebsanordnung eine 50:50-Gewichtsverteilung vorn:hinten. Die Tanks sind in einer stärkeren, mehrlagigen und dabei gewichtsparenden Bauweise ausgeführt – der Wasserstoff-Gewichtsanteil beträgt sechs Prozent der vollen Tanks.

Neues Brennstoffzellenstack

Das neue Brennstoffzellenstack und der Brennstoffzellen-Leistungsumwandler (FCPC) wurden speziell für die Verwendung mit der GA-L-Plattform entwickelt. Dabei ist es gelungen, alle Elemente im Stackgehäuse unterzubringen: Wasserpumpen, Intercooler, Aircondition mit Kompressoren und die Wasserstoff-Rezirkulationspumpe. Alle Komponenten sind kleiner und leichter und dabei doch leistungsfähiger. Das Stackgehäuse selbst ist durch die Fertigung im Rührreibschweissverfahren kleiner, mit weniger Abstand zwischen den Brennstoffzellen und der Gehäusewand.

Das Brennstoffzellenstack ist in Festpolymer ausgeführt wie im bisherigen Mirai, jedoch kleiner und mit nur noch 330 Zellen gegenüber 370. Trotzdem erreicht es einen neuen Rekord für die spezifi­sche Leistungsdichte von 5,4 kW/l (exklusive Endplatten). Die maximale Leistung ist von 114 auf 128 kW angestiegen, und das Kaltwetter-Verhalten ist so verbessert worden, dass nunmehr ein Start bei –30 °C möglich ist. Durch die Konzentration der Systemverbindungen innerhalb des Gehäuses sind weniger Komponenten notwendig, was wiederum Raum und Gewicht spart.

Der Fokus auf Innovationen und Ver­besserungen bei allen Komponenten ermöglichte 50 Prozent weniger Gewicht und trotzdem 12 Prozent mehr Leistung. Zu den neuen Massnahmen gehören eine geänderte Anordnung des Verteilers, kleinere und leichtere Zellen durch eine optimierte Form des Gaskanalabscheiders sowie die Verwendung innovativer Ma­terialien in den Elektroden.

Die Einheit umfasst auch den Brennstoffzellen-DC-DC-Converter (FDC) und modulare Hochspannungsteile, bei 21 Prozent kleineren Massen gegenüber dem bisherigen System. Das Gewicht ist um 2,9 Kilogramm auf 25,5 Kilogramm reduziert. Ermöglicht wurde das durch neue Technologien wie den erstmaligen Einsatz eines neuartigen Silizium-Karbid-Halbleitermaterials in den intelligenten Power-Model-Transistoren (IPM). Das bringt eine Leistungssteigerung und geringere Leistungsverluste mit weniger Transistoren, was wiederum den Einsatz eines kleineren Leistungsumwandlers ermöglicht.

Grösse- und Gewichtseinsparung wurden auch bei anderen Teilen des Stacks erzielt. Der Lufteinlass ist auf geringstmöglichen Druckverlust ausgelegt und enthält geräuschdämmendes Material, sodass das Einlassgeräusch im Interieur unhörbar ist. Der Auspuff verwendet ein Kunstharzendstück und ist für grosse Mengen an Luft- und Wasserausstoss dimensioniert, während ein grosser Auspufftopf zur Laufruhe im Interieur beiträgt. Das gesamte Luftsystem ist fast 30 Prozent kleiner als im bisherigen Mirai und wiegt 34,4 Prozent weniger.

Energiedichte und Dynamik

Der neue Mirai ist mit einer Lithium-Ionen-Hochspannungsbatterie ausgerüstet anstelle der bisher verwendeten Nickel-Metall-Hydrid-Einheit. Obwohl kleiner, hat sie eine höhere Energiedichte, leistet mehr und ist ökologischer. Mit 84 Zellen erzielt sie 310,8 V gegenüber 244,8 und 4,0 Ah gegenüber 6,5 Ah. Das Gewicht ist von 46,9 kg auf 44,6 kg gesunken, während die Leistung von 25,5 kW x 10 sec auf 31,5 kW x 10 sec gestiegen ist.

Der Einsatz der GA-L-Plattform vermittelt dem neuen Mirai entscheidende Vorteile wie den tiefen Schwerpunkt, eine verbesserte Beweglichkeit und eine wesentlich steifere Karosserie, was alles zusammen deutlich dynamischere Eigenschaften ergibt. Der Einbau des Brennstoffzellenstacks vorn und der Batterie und des Elektromotors hinten resultiert in einer 50:50-Gewichtsverteilung, wie sie auch bei Autos mit Frontmotor als ideal gilt. Die verbesserte Aerodynamik durch die tiefere Silhouette, die Vollverkleidung des Wagenbodens und der geringere Luftwiderstandskoeffizient tragen ebenfalls zu den Fahrqualitäten und erst recht zur hohen Reichweite bei. Die höheren Leistungen des neuen Brennstoffzellenstacks und der Batterie ermöglichen eine lineare, harmonische Kraftentfaltung beim Losfahren und ein souveränes Fahrgefühl, mit Übereinstimmung zwischen Gaspedaldruck und Beschleunigung. 

Luftreinigung beim Fahren

Die ökologischen Vorzüge des Mirai gehen über das emissionsfreie Fahren hinaus zu «Negativ-Emissionen» – das Auto reinigt sogar die Luft beim Fahren. Eine Toyota-­Innovation, ein katalysatorartiger Filter, ­ist in den Lufteinlass integriert. Wenn die Luft ins Fahrzeug und zu den Brennstoffzellen geführt wird, absorbiert eine elektrische Ladung am Stofffilterelement mikroskopisch kleine Schmutzpartikel, darunter Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxid (NOx) und PM-2,5-Partikel. Das System entfernt 90 bis 100 Prozent der 0 bis 2,5 Mikron kleinen Partikel aus der Luft, die ins Brennstoffzellensystem geführt wird.

Grosse Erwartungen

Die Einführung des neuen Mirai wird Toyota eine wesentlich grössere Markt­penetration bringen, mit zehnmal mehr Verkäufen als bisher. Dieses Wachstum basiert auf der höheren Leistung und vor allem der wesentlich gesteigerten Attraktivität des neuen Modells, unterstützt durch einen um circa 33 Prozent gesenkten Verkaufspreis.

Der Kundenkreis für ein FCEV-Fahrzeug wird sich auch aufgrund der laufend ausgebauten Wasserstoffinfrastruktur in verschiedenen Märkten erweitern. Die Tankstellen werden mehr, und diverse behördliche Massnahmen geben Anreize für eine saubere Mobilität.