Strategie & Management

Human Resources Management

Teamgestaltung im digitalen Zeitalter

Mit den sogenannten «Digital Natives» werden ganz bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten verknüpft. Welche konkreten Anforderungen diese Generation an potenzielle Arbeitgeber und einen zukünftigen Arbeitsplatz stellt, dokumentiert jetzt eine Studie.
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Fachkräftemangel, Pensionierungswellen, nicht zu besetzende Lehrstellen sind nur einige der Themen, die fast täglich in den Schlagzeilen sind. Es wird schwieriger, angesichts der demografischen Entwicklung qualifizierte Nachwuchs- und Fachkräfte in der Schweiz zu rekrutieren und langfristig an sich zu binden. Dadurch gerät die jüngere Generation der Erwerbstätigen immer mehr in den Fokus der Rekrutierungsarbeit des Human Ressources Management (HRM).

Was «Digital Natives» wollen

Eines wird allgemein angenommen, nämlich dass diese jüngere Generation neue Anforderungen an ihren Arbeitsplatz und Arbeitgeber stellt. Denn so wächst diese Generation mit smarter Technik auf und bedient sie, ohne nachzudenken. Auch wird sie oftmals mit Flexibilität, Schnelligkeit und virtuellen, sozialen Netzwerken in Verbindung gebracht. Die neuen IT-Medien könnten somit viele mögliche Antworten auf diese möglichen Erwartungen im Hinblick auf eine räumliche, zeitlich unabhängige sowie flexible Arbeitswelt geben. Aber wie sind nun tatsächlich die Erwartungen dieser jüngsten Generation in der Erwerbstätigenwelt, der sogenannten «Digital Natives»?

Das Institut für Qualitätsmanagement und Angewandte Betriebswirtschaft der FHS St. Gallen (IQB-FHS), Kompetenzzentrum Leadership und Personalmanagement, hat sich dieser Thematik angenommen und dazu 221 Lehrlinge zu ihren Erwartungen an ihre potenziellen Arbeitgeber befragt. Die Studie «Erwartungen der Digital Na­tives an ihren Arbeitgeber» bestätigt, dass die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Generationen zur Gestaltung der neuen Arbeitswelt wichtig ist und immer bedeutsamer wird.

Die «Digital Natives» wurden im Rahmen der Studie nach Arbeitgeberattraktivitätskriterien für die Bereiche Arbeitstätigkeit, Arbeitsumgebung, -atmosphäre, Karriere und Entwicklung, Identifikation mit dem Unternehmen und finanzielle Sicherheit befragt. Die gewählten Themenbereiche stellen für Bewerbende und Mitarbeitende entscheidende Faktoren dar, sich zu bewerben beziehungsweise in einer längerfristigen Anstellung zu bleiben. Wichtige Kriterien, die einen attraktiven Arbeitgebenden ausmachen, sind für die «Digital Natives» insbesondere die gegenseitige Achtung und die Unterstützung im Team, eine transparente Information und ein fairer Lohn. Weniger wichtig sind für diese Gruppe Imagekriterien wie Start-up und Marktführeridentifikation. Auch haben Arbeitsortkriterien wie ein Grossraumbüro oder Homeoffice für sie zurzeit keine grosse Bedeutung.

Arbeitgebermarke vermitteln

Es wird deutlich, dass Unternehmen die Erwartungen und Bedürfnisse der potenziellen Belegschaft ganz genau kennen sollten. Über die «Generation Z» beziehungsweise den «Digital Natives» ist vieles noch unbekannt. Die «Digital Natives» sind die erste Generation, welche komplett in der digitalen Welt aufgewachsen ist. Anders als die «Generation X», die meist erst im Erwachsenenalter den Umgang mit Computer, Internet, Handys kennen gelernt haben, sind sie seit Geburt mit den neuen IT-Medien wie Internet, Tablet oder Smartphone vertraut. Vielen der «Generation Y», die im Kindes- oder jugendlichen Alter Kontakt mit den neuen IT-Medien hatten, fällt der Umgang mit der Technologie leicht, der Umgang ist aber für sie nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit. Anders für die «Digital Natives». Für sie gehört die Nutzung der IT-Medien zu ihrem Alltag. Sie sind an Weiterentwicklungen interessiert bzw. nehmen daran aktiv teil.

Die Studie zeigt auch, dass «Digital Na­tives» nicht immer deutlich wird, warum ein Unternehmen für sie als Arbeitgeber interessant sein könnte. Mögliche Ursachen können darin liegen, dass sich die Unternehmen ihrer eigenen Arbeitgebermarke nicht bewusst sind oder dass sie ihre Werte und Kompetenzen nicht zielgruppengerecht kommunizieren. Die «Di­gital Natives» orientieren sich anhand der kommunizierten Werte und erwarten eine transparente Kommunikation. Die neuen IT-Medien bieten hier viele neue Chancen hinsichtlich der Rekrutierung, des Bewerbungsprozesses und auch der Mitarbeiterbindung. Die Nutzung von modernen Arbeitsmitteln und IT-Medien wie zum Beispiel Unternehmens-Homepage, wechselnde soziale Pattformen oder «WhatsApp» sind für diese Generation normal. Möglicherweise werden sie wenig differenzieren, ob sie diese nun ausschliesslich privat oder auch mit Blick auf die Arbeitswelt nutzen.

Generationen-Dialog fördern

Die Generation «Digital Natives» bringt viel Potenzial und Anwendungskönnen mit, doch sollte der Fokus der Personaler und Führungskräfte nicht nur auf dieser Generation liegen, da ansonsten wertvolle Kompetenzen verloren gehen können. Den «Digital Natives» fehlt die langjährige Erfahrung. Doch Erfahrung kann helfen, die Anforderungen, Leistungsfähigkeit und die Grenzen der Technik zu bewerten. Auch stellt sie ein wichtiges Pendant zu explizierbarem Wissen dar und gilt als Grundlage gelingender Zusammenarbeit von Experten, die sich selbst bei fachlicher Tiefe «blind» und oft «stumm» verstehen. Sie können die verschiedenen Handlungen der anderen und ihre Folgen einschätzen, sie antizipieren und aufgrund ihrer Erfahrung und Fachexpertise ihre eigenen Handlungen besonders ganzheitlich gestalten.

Die Gestaltung eines alle Berufsalter berücksichtigenden Personalmanagements erscheint somit unausweichlich. Vom Recruiting bis zur Personalentwicklung sollten alle Funktionen des HRM die Stärken aller Mitarbeitenden-Generationen beachten und sie nicht gegeneinander ausspielen. Ein integrierendes Personalmana­gement sollte dabei weitergehen, als nur individuell auf die verschiedenen Bedürfnisse einzugehen. Dazu notwendig ist, die verschiedenen Generationen füreinander zu sensibilisieren und gegenseitige Vorurteile aufzudecken und ab­zubauen. Dies kann durch einen Dialog zwischen den Generationen gefördert werden, in welchem sie gegenseitig ihre Stärken wahrnehmen und bereit sein können, einander zu «lehren» und voneinander zu lernen.

Statt einseitig die «Digital Natives» als Botschafter für technische Möglichkeiten und als Motivator für die Infragestellung von routinierten Arbeitsabläufen einzusetzen, kann so eine zweiseitige Beziehung aufgebaut werden, die Erfahrungswissen vermittelt und den Aufbau von stakeholderbezogenem Wissen und Können bei «Digital Natives» unterstützt werden. Voraussetzung hierfür ist eine freie, echte, gemeinsame Lernkultur und ein respektvoller sowie ein wertschätzender Umgang. Der Dialog der Generationen könnte ein Wettbewerbsvorteil in Zeiten der Di­gitalisierung werden.

Die Digitalisierung verändert die Arbeit selbst und verschiebt die Anforderungen an die Mitarbeiter. Neuste Software- sowie Assistenzsysteme können die Mitarbeitenden immer mehr bei der effizienten sowie effektiven Aufga­benerledigung unterstützen und bieten daher das Potenzial, die jeweils generationenspezifischen Schwächen auszugleichen. Dabei kommen in immer kürzeren Abständen neue Technologien auf den Markt, mit denen sich auch die Mitarbeitenden und Unternehmen auseinandersetzen müssen.

Kompetenzen-Mix entwickeln

Unklar bleibt, welche Technologien sich durchsetzen werden. Unternehmen stehen nun vor der Herausforderung, dass sie sich bewusst werden müssen, welche Kompetenzen von den zukünftigen Mitarbeitenden gefordert werden sollen. So werden Unternehmen z. B. vor die Frage gestellt, wie technikaffin die Mitarbeitenden in den unterschiedlichen Altersgruppen sein sollen, bleiben müssen und bleiben können.

Daher sollten Unternehmen sich nicht nur mit den Erwartungen sowie den Bedürfnissen der potenziellen Belegschaft auseinandersetzen, sondern sollten insbesondere die bereits vorhandenen Kompetenzen im Hinblick auf die Unternehmensstrategie prüfen, bevor sie sich näher mit der Zusammenstellung der Belegschaft befassen. Das heisst, dass die Unternehmen eine Ist-Analyse durchführen sollten, mit dem Fokus, welche Kompetenzen existieren. In einem weiteren Schritt sollte dann erarbeitet werden, welche Kompetenzen für das Unternehmen in Zukunft wichtig sind.

Mithilfe dieser Analyse können die Unternehmen die Altersstruktur und die Kompetenzen ihrer Belegschaft prüfen. Dies kann wertvolle Hinweise geben, welche Wissens- und Erfahrungsträger kurz vor deren Pensionierung stehen, welche Schritte zur Nachfolgeplanung anzugehen sind und ob Rekrutierungs- und Mitarbeiterbindungsstrategien geändert werden müssen. Je nach Situation, Branche und Unternehmensziel sind andere Kompetenzen wichtig. Einheitsrezepte sind deshalb nicht möglich. Jedes Unternehmen muss für sich die Soll-Kompetenzen definieren und die bereits bestehenden Kompetenzen mitberücksichtigen.

Die geschilderten Ergebnisse lassen vermuten, dass sich die Anforderungen der jungen Generation an Unternehmen als Arbeitgeber massgeblich von denen anderer Generationen unterscheiden. Daher sollten sich Unternehmen frühzeitig mit den Konsequenzen für sie als Arbeitgeber auseinandersetzen. Sie sollten aber auch berücksichtigen, was spezifische Herausforderungen für die junge Generation im Vergleich zu den älteren sind und welche Vorstellungen und Erwartungen sich mit zunehmendem Berufsalter verändern werden.

Mit der frühzeitigen Beschäftigung der Zusammenstellung der Belegschaft und deren Bedürfnissen können Unternehmen besser auf (potenzielle) Mitarbeitende eingehen und geeignete Personalmanagement-Massnahmen gestalten. Dabei sollten Unternehmen einen Generationenmix prüfen und den Dialog der Generationen fördern, da dies ein wichtiger Wettbewerbsvorteil im Zeitalter der Digitalisierung sein kann.

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