Wie können wir unser Projekt so konzipieren, dass wir bei Bedarf unser geplantes Vorgehen kurzfristig ändern können? Wie können wir es so durchführen, dass es unser Alltagsgeschäft möglichst wenig stört? Vor solchen Fragen stehen Projektmanager immer wieder. Einfach zu beantworten, sind sie in der Regel nicht. Vor allem weil bei der Projektplanung häufig ausser zahlreichen Wechselwirkungen auch die Interessen vieler Beteiligter zu berücksichtigen sind.
Entsprechend schnell verlieren Projektmanager bei komplexen Projekten oft den Überblick. Deshalb nutzen sie für das Projektmanagement in der Regel Softwareprogramme, mit denen sich der Projektverlauf und die verschiedenen Projektschritte gut dokumentieren lassen. Nur bedingt geeignet sind diese Programme jedoch meist, um ein Projekt mit den Beteiligten zu planen. Nicht nur, weil sich dann alle um einen Bildschirm scharen oder auf ihren Laptop starren müssten, sondern auch weil der mögliche Verlauf den Beteiligten nicht bildhaft genug vor Augen geführt wird. Deshalb werden Versäumnisse und Engpässe oft zu spät erkannt.
Projektplanung im Team
Aus diesem Grund suchen Unternehmen auch im sogenannten digitalen Zeitalter oft nach nicht computergestützten Methoden, um den Verlauf von Projekten zu planen – speziell dann, wenn bei ihnen
- viele Interessen und Wechselwirkungen zu berücksichtigen sind und
- für den Projekterfolg wichtig ist, dass alle Beteiligten aus Überzeugung am selben Strang ziehen.
Dies ist gerade bei Projekten, die auch eine Kulturveränderung erfordern, oft der Fall. Als Beispiel hierfür seien die Projekte zum Erhöhen der Agilität von Unternehmen oder von Unternehmensbereichen wie der Produktion oder Verwaltung genannt, die ausser strukturellen beziehungsweise prozessualen Änderungen meist auch eine partielle Änderung des Mindsets erfordern, denn bei ihnen ist der kollektive Meinungs- und Erfahrungsaustausch extrem wichtig.
Eine solche ist die Roadmap-Methode. Mit ihr lassen sich komplexe Projekte (fast) ohne Computer planen – ein paar Tapetenbahnen und Tischkärtchen sowie einige dicke Stifte und Krepp-Papier genügen als Hilfsmittel. Die Methode funktioniert wie folgt: Wenn ein Projekt ansteht, lädt der Projektleiter alle betroffenen Bereiche oder Personen zu einem Workshop ein. Sie treffen sich in einem Besprechungsraum. Zu Beginn des Workshops erläutert der Projektleiter oder ein Moderator, wozu das Treffen dient: Der Weg zum Ziel des Projekts – also zum Beispiel zur Neustrukturierung der Produktion oder Verwaltung – soll gemeinsam definiert werden.
Die Grobplanung
Dann schreibt der Moderator den Ausgangspunkt ans obere Ende mehrerer Tapetenbahnen, die er zuvor mit Krepp-Papier zusammengeklebt und auf den Tisch oder Fussboden gelegt hat. Zum Beispiel: «2. Januar 2022: Die Produktion stoppt.» Am unteren Ende notiert er das Ziel, zum Beispiel: «16. April 2022: Die umgebaute Produktionsanlage startet wieder – reibungslos.» Anschliessend bittet der Moderator die Anwesenden, zu notieren, welchen Beitrag sie zum Erreichen des Ziels leisten. Dazu teilt er Tischkärtchen aus, wie sie häufig bei Festtafeln verwendet werden.
Die Teilnehmer schreiben nun jeweils auf die Vorderseite der Tischkärtchen ihre Aufgaben mit Datum, bis wann die betreffende Leistung erbracht wird, und auf die Rückseite den Namen des Verantwortlichen. Also zum Beispiel auf die eine Seite «Leitung xy verlegt; bis 27. Januar» und auf die andere Seite «Werkstatt, Herr Müller». Oder: «Softwareschulung und QM-Workshop Teamleiter/Maschinenführer, KW 8: 21.–26. Februar» – «HR und IT, Frau Mayer und Herr Huber». Oder: «Probebetrieb neue Anlage, 8./9. April» – «Produktionsleitung, Herr Fischer». Jeder Beteiligte benennt also den Beitrag, den er oder sein Bereich zum Erreichen des grossen Ziels leistet, selbst.
Während die Teilnehmer die Tischkärtchen ausfüllen, zeichnet der Moderator mehrere «Spuren» (roads) auf die Tapetenbahnen. Auf diese schreibt er oben die verschiedenen Aufgabenbereiche – zum Beispiel «Elektroarbeiten», «IT», «Mitarbeiterschulung/-qualifizierung», «Qualitätsmanagement, -sicherung». Danach stellen die Workshopteilnehmer ihre Kärtchen nach Datum geordnet auf die betreffende Spur. Gemeinsam haben sie so in kurzer Zeit einen groben Ablaufplan für das Projekt, eine vorläufige «Roadmap», erstellt – und vor Augen.