Strategie & Management

Nachfolgeregelung (Teil 1 von 5)

Planung und Umsetzung exakt strukturieren

Die Regelung der Nachfolge im eigenen Unternehmen gehört zu den am meisten prä­genden Lebensereignissen. Sie stellt eine der grössten und in der Regel zugleich letzten unternehmerischen Herausforderungen für einen Unternehmer dar. Klare Strukturen bieten Perspektiven.
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Die Planung und Umsetzung einer Unternehmensnachfolge ist herausfordernd. Hauptverantwortlich dafür sind:

  • Anzahl involvierter Personen
  • Mehrfachrolle des Unternehmers
  • Emotionen
  • Interdisziplinäre Fachfragen
  • Aspekt Zeit

Kaum Standardlösungen

Im Zentrum steht der Unternehmer. Er nimmt während der Nachfolgeregelung – insbesondere bei Familienunternehmen – mehrere Rollen ein. Er ist meist in Personalunion:

  • Unternehmer
  • Familienoberhaupt
  • Elternteil des Nachfolgers
  • Inhaber bzw. Teilhaber
  • Verwaltungsrat bzw. Gesellschafter
  • Geschäftsleiter

Diese Konstellation und Rahmenbedingungen sind bei der Planung und Umsetzung von Nachfolgeregelungen unbedingt zu berücksichtigen. Meist können nur in Teilbereichen Standardlösungen angewandt werden. Jede Nachfolgeregelung ist einzigartig und aufgrund ihrer Komplexität ein Spezialfall. Weiter ist auch immer mit einer unerwarteten Nachfolge, zum Beispiel infolge eines Todesfalls, zu rechnen.

Volkswirtschaftliche Bedeutung

Das Thema Nachfolgeregelung ist höchst relevant. Vor allem aus volkswirtschaftlicher Perspektive sind erfolgreiche Nachfolgeregelungen von grosser Bedeutung. Dies verdeutlicht bereits ein Blick auf die Zahlen: In 45 057 Schweizer Firmen ist die Nachfolge noch nicht geregelt. Einzelfirmen haben die höchste Rate an ungeregelter Nachfolge. Das sind die Resultate der Studie «Nachfolgeregelung KMU Schweiz» der Firma Credita, Urdorf. Darin ist zu lesen: «In der Schweiz standen im Sommer 2012 insgesamt 45 057 Firmen vor einer offenen Nachfolgeregelung. Dies entspricht 9,7 Prozent aller aktiven im Handelsregister eingetragenen Einzelfirmen, GmbHs und AGs. Bei den Einzelunternehmen haben 15,7 Prozent der Firmen die Nachfolge noch nicht geregelt, bei den AGs sind es 9,2 Prozent und bei den GmbHs nur 3 Prozent.

Je nach Betriebsgrösse bestehen deutliche Unterschiede: Grosse Einzelfirmen haben vermehrt Nachfolgeprobleme, während bei den AGs und GmbHs der Anteil an Unternehmen mit ungeregelter Nachfolge mit zunehmender Betriebsgrösse kleiner wird. In der südlichen und westlichen Schweiz gibt es einen hohen Prozentsatz an Unternehmen mit offener Nachfolge­regelung, in der Zentralschweiz und in Zürich ist dieser Wert deutlich unter dem gesamtschweizerischen Durchschnitt. Während nur gerade 5 Prozent der Firmen aus der Informatikbranche eine ungeregelte Nachfolge haben, sind dies bei den Immobilienmaklern und -verwaltungen ganze 13,2 Prozent.»

Eine Studie des Family Business Centers der Universität St. Gallen und PricewaterhouseCoopers geht weiter davon aus, dass rund 3 Prozent der betroffenen Unternehmen innerhalb von fünf Jahren stillgelegt werden. Dies entspricht rund 7500 Unternehmen mit ca. 73 000 Arbeitsplätzen bzw. rund 1500 Unternehmen mit ca. 14 500 Arbeitsplätzen pro Jahr.

Die Hürden

Die Gründe für das Scheitern und die Nachfolgehindernisse sind vielfältig:

  • Schwierigkeiten bei der Übernahme­finanzierung
  • Divergierende Preisvorstellungen
  • Unterschiedliche Auffassung über die Unternehmenskultur und die Unternehmenszukunft
  • Zwischenmenschliche Differenzen
  • Kein geeigneter Nachfolger (fehlende fachliche Qualifikation, mangelnde persönliche Eignung)
  • Fehlende Akzeptanz des Nachfolgers bei den Mitarbeitenden
  • Die Nachfolgeregelung wird zu spät angegangen
  • Der Zeitbedarf für die Nachfolgeregelung wird unterschätzt
  • Der Übergeber kann nicht loslassen
  • Mangelnde Auseinandersetzung mit der zukünftigen Lebensplanung
  • Fehlende steuer- und erbrechtliche Kenntnisse
  • Kompromisse anstatt eindeutige Entscheidungen
  • Erben blockieren sich gegenseitig
  • Einseitige oder fehlerhafte Verträge
  • Keine klaren Businesspläne für die Zukunft
  • Hilfe von neutralen Dritten (Berater und Spezialisten) wird zu wenig in Anspruch genommen
  • Nichtbeachtung der Interessen von Anspruchsgruppen (Mitarbeitende, Kunden)
  • Unterschiedliche Erwartungen sowie offene und latente Konflikte nicht erkannt
  • Ungenügende Beachtung von steuerlichen und finanziellen Konsequenzen
  • Inadäquate Finanzierungsform

Durch ein strukturiertes und zielorientiertes Vorgehen können Fehler reduziert und die Erfolgswahrscheinlichkeit gesteigert werden. Die Regelung der Nachfolge ist als Projekt zu verstehen und sollte auch als solches gehandhabt werden. Dabei stellen sich wichtige Fragen:

  • Gibt es im Kreise der Lieferanten oder der Kunden jemanden, der Interesse hat, seine Wertschöpfungskette zu verlängern?
  • Gibt es Mitbewerber, die expandieren wollen, oder solche, die an einer regionalen Erweiterung interessiert sind?
  • Wer meldet sich auf ein Inserat?
  • Wer zeigt an einem der diesbezüglichen Internetportale Interesse oder soll sich das zur Nachfolge bestimmte Unternehmen selbst in einem solchen anbieten?
  • Gibt es artverwandte Betriebe, welche ihr Marktangebot um einen neuen Bereich erweitern wollen?

Am Ende der Tage braucht es speziell in dieser Frage auch Glück, im richtigen Augenblick am richtigen Ort zu sein, dennoch ist gerade hier die echte Bereitschaft der eigentliche Glücksritter. Sobald ein potenzieller Kopf gefunden ist, gilt es:

  • frühzeitig und konsequent gegenseitig die persönlichen Prioritäten auszutauschen,
  • zu prüfen, ob der gemeinsame Nenner gross genug ist, und
  • die inhaltlichen, organisatorischen, zeitlichen und finanziellen Eckpunkte schriftlich festzuhalten.

Wert- und Preisbestimmung

Die Lehre bietet eine Vielzahl von Bewertungsmodellen. Im Vordergrund stehen dabei die inskünftig erwirtschaftbaren Erträge, welche Basis der Refinanzierung des Kaufpreises sind. Der in der Theorie verschmähte Einbezug der vorhandenen Substanz in die Wertbestimmung behält in der Praxis bis heute hartnäckig seine Bedeutung.

Die gängigsten Bewertungsmethoden sind die rein ertragsorientierte DCF-Methode sowie die sogenante Praktikermethode, welche neben dem Ertragswert auch dem Substanzwert eine gewisse Bedeutung zukommen lässt. Es macht durchaus Sinn, einen Unternehmenswert mit verschiedenen Methoden zu plausibilisieren und so die Einflussfaktoren der Preisfestsetzung besser verstehen und gewichten zu können. Am Schluss muss der Preis jedoch bei beiden Parteien, neben dem sachlichen Nachvollzug, in erster Linie vom Bauch und Herzen anerkannt werden. Auch hier findet vor allem beim Verkäufer ein eigentlicher persönlicher Findungsprozess statt. Spätestens bei der Wertbestimmung können die Früchte einer gut geplanten Nachfolge geerntet werden, indem die beschriebenen Puzzleteile so zurechtgeschliffen sind, dass der Nachfolger bereit und fähig ist, den gewünschten Erlös zu bezahlen.

Der Aspekt Finanzierung

Was ist, wenn am Ende des Weges alles passt, sich jedoch einzig die Finanzierung der Nachfolge nicht realisieren lässt? Je nach Ausgangslage des Nachfolgers gilt es, die Finanzierung ganz von Anfang in die Überlegungen einzubeziehen. Vollständig im Interesse des Verkäufers richtet sich das Nachfolgemodell auf die finanziellen Möglichkeiten des Käufers so weit wie möglich aus. Das heisst jedoch nicht, dass dies finanziellen Einbussen gleichkommen soll. Weiter ist zu beachten, dass gewisse steuerliche Optimierungen bestimmte Finanzierungsabläufe verlangen oder ausschliessen.

Mögliche Finanzierungsschienen neben den Eigenmitteln sind:

  • Einbezug von Bankinstrumenten
  • zukünftige Dividendenerträge der zu übernehmenden Firma
  • zukünftige Lohnleistungen in Rentenform
  • Erbschaftsvorbezüge
  • Verkäuferdarlehen
  • Erwerb von Aktien in Form von leistungsbezogenen Gratifikationen

Selbstverständlich bedeutet auch hier mehr Zeit mehr Spielraum. Ganz nach dem Motto: In kleinen Bissen lässt sich ein grosser Happen besser verdauen.

Schlussfolgerungen

Zusammenfassend können die angerissenen Puzzleteile mit folgenden zugespitzten Thesen umrahmt werden:

  • Die ultimative Herausforderung jeder Nachfolge besteht in der Maximierung der Interessensabdeckung sowohl des Verkäufers als auch des Käufers. Ein wahrer Balance-Akt.
  • Seitens des Verkäufers bedarf es ausreichend Zeit, um den Erlös, materiell und inhaltlich, maximieren zu können. Ist der passende Kopf gefunden, soll die Braut optimal frisiert und gekleidet werden, was voraussetzt, dass das Gerippe, die Figur bereits vorher passend geformt wurde.
  • Die Erfahrung zeigt, dass der Gesamterlös gerade dann am höchsten ist, wenn die Nachfolge als Ganzes und optimal auf die Bedürfnisse und die Möglichkeiten des /der Nachfolger ausgerichtet wird.
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