Strategie & Management

Fallstudie: Mitarbeiterumfrage

Nur wer fragt, bekommt Antworten

«Wir wissen auch ohne Umfrage, dass unsere Belegschaft zufrieden ist!» Kann stimmen, muss aber nicht. Meistens verbirgt sich hinter dieser Aussage die Angst des Managements vor Transparenz. Eine Unternehmensführung, die auf vermuteter Mitarbeiterzufriedenheit basiert, kann gefährlich werden. Sie gleicht einem Blindflug im dichten Nebel des Betriebsklimas.
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Befindlichkeit, Motivation und Einsatzwille der Belegschaft haben entscheidenden Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und damit auf den finanziellen Erfolg. Übrigens: Mitarbeiter liefern – je nach Studie – 50 bis 70 Prozent der Verbesserungsvorschläge. Warum nicht einfach mal nachfragen?

Die Ausgangslage

Die latente Unsicherheit über das Betriebsklima kostet langfristig ein Mehrfaches einer Umfrage. Professionell durchgeführt, liefert sie hochinteressante und verblüffende Einsichten. Noch wertvoller sind die Ergebnisse, wenn Vergleichswerte aus einer früheren Umfrage vorliegen. Ein erfolgreiches Unternehmen der Maschinenindustrie hat die Umfrage 2009 zum zweiten Mal durchführen lassen. Die danach ausgelösten Sofortmassnahmen und Projekte bewahren den Konkurrenzvorsprung und stellen eine Investition in die Zukunftssicherung dar.

Interviews oder Fragebogen?

Der Kunde hatte sich für die Variante «Interviews» entschieden. So wurden 80 Mitarbeitende an zwei Standorten in je einstündigen Interviews mittels eines strukturierten, massgeschneiderten und statistisch korrekten Fragebogens befragt. Die Befragung erfolgte in einem Zeitraum von drei Wochen. Die PC-basierte Antworterfassung ermöglichte grafische Auswertungen (siehe Grafiken 1 bis 4) nach Standorten, Abteilungen und dem Gesamtunternehmen. Die Vorteile eines persönlichen Gesprächs gegenüber einem Fragebogen sind offensichtlich: Verständnis- und Vertiefungsfragen sind sofort möglich. Insbesondere lässt nur ein Gespräch das «Lesen zwischen den Zeilen» zu. Aus Effizienzgründen kommt der elektronische Fragebogen für Vollerhebungen ab zirka 100 bis 150 Mitarbeitenden zum Einsatz.

Nutzen einer Befragung

Eine Mitarbeiterbefragung wird erfahrungsgemäss nicht nur sehr geschätzt («Ich werde gefragt und kann mitwirken!»), sie weckt auch Erwartungen, dass Probleme anschlies­send behoben werden. Geschieht dann nichts, ist die Glaubwürdigkeit der Geschäftsleitung und damit das Vertrauen zerstört. Warum kann Transparenz mitunter auch schmerzhaft sein? Zwei Führungskräfte wurden ihrer bisherigen Funktionen enthoben und neu ihren Stärken entsprechend positioniert. Einige Schlüsselpersonen haben auf akute Konflikte hingewiesen und persönliche Anliegen vorgebracht: Die Mitarbeiterumfrage als willkommenes Ventil für Sorgen, Ängste und konstruktive Vorschläge.

Eine Mitarbeiterumfrage ist erst dann abgeschlossen, wenn die ausgelösten Projekte und Sofortmassnahmen ihre Wirkung im Tagesgeschäft entfalten und sich somit für das Unternehmen in barer Münze auszahlen. Ein Projektportfolio (siehe Grafik 5) sichert eine priorisierte Allokation der beschränkten Ressourcen auf die wettbewerbsentscheidenden Vorteile. Um Fortschritte zu erkennen, wird eine Umfrage vorteilhafterweise alle zwei Jahre durchgeführt. Beim Verzicht darauf läuft das Unternehmen Gefahr, Schlüsselmitarbeiter zu verlieren oder durch Kundenverluste und Konkurrenzaktivitäten eher ungünstig verändert zu werden.

Worauf es ankommt

Damit eine Mitarbeiterumfrage zu den gewünschten konstruktiven Ergebnissen führt, ist auf einige Punkte besonderen Wert zu legen:

  • Massgeschneiderte abteilungsspezifische Fragen
  • Vertraulichkeit der Aussagen wird zugesichert und strikte eingehalten
  • Anschliessende Ergebnispräsentation vor der Belegschaft
  • Rasche Umsetzung der erkannten Potenziale
  • Durchführung durch Externen, der als Vertrauensperson gilt
  • Fortschrittsnachweis bei Durchführung alle zwei Jahre

Eine Mitarbeiterumfrage entspannt das Klima zwischen Management und Belegschaft spürbar und fördert das gegenseitige Vertrauen. Zudem ist sie ein zentraler Bestandteil des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.

Der dichte Nebel des Betriebsklimas lichtet sich zusehends, wodurch Management, Belegschaft, Kunden und Finanzen gleichermassen profitieren.

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