Gute Unternehmensberichte zeichnen sich durch drei Qualitäten aus. Erstens ist eine Unternehmensberichterstattung dann gut, wenn sie sich an den Erwartungen der Adressaten orientiert. Zu denen gehören in vorderster Linie die Investoren, sowohl die Fremd- als auch die Eigenkapitalgeber.
Zweitens sind die Konsistenz und die Vergleichbarkeit der Berichterstattung wichtig. Es darf zum Beispiel nicht sein, dass in einem Jahr Informationen zu einem bestimmten Thema vermittelt werden und diese im folgenden Jahr wieder unter den Tisch fallen. Analysten können Firmen nur dann bewerten, wenn sie zwischen den Geschäftsperioden vergleichen können. Vergleiche müssen auch zwischen Unternehmen möglich sein.
Drittens müssen Unternehmensberichte gut lesbar sein. Eine benutzerfreundliche Darstellung von Informationen in Form von Texten, Tabellen und Grafiken erlaubt es dem Leser, rasch und unmissverständlich das Wesentliche zu erfassen. Das bedeutet, dass nebensächliche Informationen oder aussageschwache Bilder weggelassen werden. In den letzten Jahren wurde die Unternehmensberichterstattung vor neue Herausforderungen gestellt. Die Menge an vermeintlich oder tatsächlich notwendigen Informationen ist angestiegen. Auch deren Veränderungsdynamik hat zugenommen. Manche Investoren sprechen von einem wachsenden «Dickicht an Informationen» oder von einer «Informationsüberdosis». Allerdings waren es oft gerade Investoren, die immer mehr Informationen von den Firmen verlangten.
Suche nach Form und Inhalt
Ein weiterer Grund für das Anschwellen der Informationsflut liegt im Wandel der unternehmerischen Wirklichkeit. Zum einen haben viele Geschäftsmodelle an Komplexität zugelegt. Firmen bewegen sich auf völlig neuen Marktfeldern und erschliessen sich unkonventionelle Kreise von Fremd- und Eigenkapitalgebern. Zum anderen öffnen sich durch die digitale Revolution und die Entwicklung zum Unternehmen 4.0 neue Kommunikationswege.
Fast alle Unternehmen befinden sich in einem Suchprozess, was die Formen und Inhalte ihrer Unternehmensberichterstattung anbelangt. Sie fragen sich, welche Informationen in welchen Bericht integriert werden sollen; sie überlegen, was als Hardcopy ausgedruckt und was im Internet in elektronischer Form publiziert werden soll. Nicht alle Investoren schätzen den Trend zur digitalen Berichterstattung. Viele können sich nur schwer von gedruckten und bebilderten Geschäftsberichten verabschieden.
Die gegenwärtige Phase des Experimentierens erschwert die Vergleichbarkeit und Analyse von Unternehmensberichten. Manche Unternehmen verkennen das Ziel und den Zweck einer Unternehmensberichterstattung und missverstehen den Geschäftsbericht als eine Art Marketinginstrument. Zu viel grafische Kreativität sowie attraktive Bebilderung ist kontraproduktiv. Es geht darum, die Aussagen im Sinne einer wirtschaftlichen Lagebeurteilung auf den Punkt zu bringen.
Ein grosser Teil der steigenden Informationsflut ist auf die wachsende Zahl neuer Gesetze, Verordnungen und Standards zurückzuführen. Obwohl die Finanzkrise mittlerweile sieben Jahre zurückliegt, ist deren regulatorische Aufarbeitung immer noch im Gang. Zwar nehmen Regelwerke wie Basel III von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) oder Erlasse der Schweizer Finanzmarktaufsichtsbehörde (Finma) primär den Bankensektor ins Visier. Doch die neuen Regulierungen beeinflussen indirekt auch die Geschäftstätigkeit und Berichterstattung der Unternehmen, die nicht dem Finanzsektor zuzurechnen sind.
Die börsenkotierten Gesellschaften sind bei der Rechnungslegung und Finanzberichterstattung mit vielen neuen Vorschriften des International Accounting Standards Board (IASB) und des Financial Accounting Standards Board (FASB) konfrontiert. Die neuen Bestimmungen in den International Financial Reporting Standards (IFRS) und in den United States Generally Accepted Accounting Principles (US GAAP) sind so zahlreich und komplex, dass ihre Inkraftsetzung immer wieder in die Zukunft verschoben wird. Mit Blick auf die Schweiz ist speziell zu erwähnen, dass durch die Annahme der Minder-Initiative und die daraus hervorgegangene Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) hierzulande domizilierte börsenkotierte Aktiengesellschaften seit dem 1. Januar 2014 einen Vergütungsbericht erstellen müssen.
Nachhaltigkeit als Trend
Seit einiger Zeit greifen viele Unternehmen die Thematik der Nachhaltigkeit in ihrer Unternehmensberichterstattung auf. Dabei spiegelt sich der Wandel der Unternehmensrealität wohl am deutlichsten wider. Firmen entwickeln ihre Geschäftsmodelle in Richtung «green and clean tech» weiter und stellen ihre Produkte nach höheren ökologischen und sozialen Standards her. Wenn sich Unternehmen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit tatsächlich verbessern, dann liegt es auf der Hand, in der Berichterstattung darauf hinzuweisen – nach dem Motto: Tue Gutes und sprich darüber. Nachhaltige Firmen kommen den Bedürfnissen jener Investorengruppen entgegen, die ihre Anlageentscheidungen auch aufgrund von Nachhaltigkeitskriterien treffen. Und sie nehmen Rücksicht auf die öffentliche Meinung, die mit wachsender Ablehnung auf Unternehmen reagiert, die sich ökologisch und sozial nicht korrekt verhalten.