Viele Unternehmen kämpfen heute um neue Mitarbeitende wie um neue Kunden. Eine Umfrage des Bundesamts für Statistik ergab, dass 32 Prozent der Unternehmen Rekrutierungsprobleme haben. Und die demografische Entwicklung wird diese noch verschärfen. Denn die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer gehen in Rente und müssen am Arbeitsmarkt ersetzt werden. Von wem? Besonders kritisch wird es da bei Fachkräften sowie beim Führungsnachwuchs zwischen 30 und 45 Jahren.
Neue Herausforderungen
Doch damit nicht genug. Im Rhythmus der sich globalisierenden Märkte steigen die Anforderungen an Qualifikation und Leistung der Mitarbeitenden rasant. Aus der immer kleineren Grundgesamtheit potenzieller Kandidaten eignen sich immer weniger wirklich für den Job. Wie soll man darauf reagieren? Die Anforderungen senken und Kompromisse machen? Sicher nicht. Und selbst wenn es gelingt, aussichtsreiche High-Potentials als neue Mitarbeiter zu gewinnen: Was dann? Machen die neuen Kräfte dann im Haus lebenslang Karriere als Fahnenträger der unternehmerischen Ambitionen? Wie man weiss, tickt da die neue Generation Y völlig anders. Geboren am Ende der 1970er- bis zum Ende der 1990er-Jahre, stellt sie neue Ansprüche an ihre Arbeit und Arbeitgeber.
Gut ausgebildet, optimistisch und selbstbewusst gehen viele davon aus, dass sie eigentlich alles erreichen können, was sie wollen. Ständig auf der Suche nach neuen Inspirationen und Herausforderungen, haben sie im Vergleich zu ihren Eltern ein neues Loyalitätsverhalten: deutlich illoyaler gegenüber dem Arbeitgeber als Institution. Loyal dafür gegenüber ihrer Aufgabe und ihrem Team. Leistungsorientiert zeigen sie hohes Commitment für ihre Projekte. Aber nur solange sie einen Sinn darin sehen, es ihnen Spass macht, sie etwas lernen und ihr Privatleben nicht unter der Arbeitsbelastung leidet. Viele Unternehmen haben erkannt, dass sie diese neuen Herausforderungen nicht mehr mit den Mitteln der Vergangenheit lösen können, und setzen bei der Rekrutierung und Motivation ihrer Mitarbeitenden vermehrt auf die Kraft des Employer Brandings.
Arbeitgeberprofil als Marke
Employer Branding ist die Entwicklung eines unmissverständlichen Arbeitgeberprofils eines Unternehmens und die sich daraus ableitende Schaffung einer intern und extern konsistenten Arbeitgeberwelt. Kern ist dabei ein klares Arbeitgebermarkenversprechen (Employer Value Proposition), das deutlich macht, wofür das Unternehmen als Arbeitgeber steht und was man als Mitarbeitender erwarten kann. Diese Positionierung bewirkt, dass das Unternehmen als Arbeitgeber genau bei den Menschen an Attraktivität gewinnt, die potenziell auch gut zum Unternehmen passen und gesucht werden. Prinzipiell gilt dabei: je schärfer positioniert, desto grösser die Attraktivität bei den richtigen Leuten. Und desto kleiner bei Personen, die nicht so gut zum Unternehmen passen. Employer Branding fördert diese Selbstselektion bei der Mitarbeitergewinnung – und senkt die Rekrutierungskosten. Zum Beispiel bewerben sich aufgrund eines starken Employer Brands bei der Unternehmensberatung McKinsey vornehmlich analytisch hochtalentierte, leistungsbereite sowie karriereorientierte Personen.
Ein gutes Employer Branding wirkt aber auch auf bestehende Mitarbeiter. Wenn das Arbeitgebermarkenversprechen glaubwürdig gelebt wird, stärkt dies Identifikation und Loyalität. Studien belegen das. Die Verbleibdauer der Mitarbeitenden und damit der «Return on Development» lässt sich um bis zu 50 Prozent steigern.
Das spüren auch die Kunden auf positive Art und Weise. Und davon profitiert wiederum das Image des Unternehmens. Viele Studien belegen diesen Zusammenhang zwischen Mitarbeiter-Commitment, Kundenzufriedenheit, Markenwert und Geschäftserfolg. Employer Branding fördert damit die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. Nicht nur indem es dabei hilft, das Problem des Fachkräftemangels zu beheben. Sondern auch durch den nicht zu unterschätzenden positiven Effekt motivierter Mitarbeiter auf den Unternehmenserfolg.
Die strategische Positionierung
Um einen starken Employer Brand aufzubauen und sich dessen positive Effekte zunutze zu machen, bedarf es einer strategischen Entwicklung, in welcher die Firma mithilfe eines klaren Arbeitgebermarkenversprechens (= Employer Value Proposition) als Arbeitgeber positioniert wird. Diese Positionierung sollte vor allem folgende drei Anforderungen erfüllen:
Charakteristisch: Das Employer Branding ist Teil des Corporate Branding. Eine Arbeitgebermarke ist keine neue Marke, sondern Teil der Unternehmensmarke. Die Arbeitgebermarkenstrategie muss somit aus der bestehenden Unternehmensmarke und der gelebten Identität herausgearbeitet werden und stimmig zu dieser sein.
Relevant: Eine Firma muss nicht attraktiv für alle Arbeitnehmer sein, sondern im Gegenteil nur für die richtigen. Die Positionierung eines Arbeitgebers muss somit auf die relevante Zielgruppe, die «Right Potentials», zugeschnitten sein.
Differenzierend: Ein Arbeitgeber muss im «war for talents» deutlich machen, was ihn substanziell unterscheidet von all den anderen Unternehmen. Das Arbeitgebermarkenversprechen sollte deshalb mutig und einzigartig sein. Es sollte sich nicht einklinken in den üblichen und erwartbaren Botschaften-Mix der Konkurrenz im Arbeitsmarkt.
Um ein derartig spezifisches, relevantes und einzigartiges Arbeitgebermarkenversprechen zu finden, das ein Unternehmen auch glaubwürdig und langfristig einsetzen kann, kommt man nicht an einem systematischen, analytischen Prozess vorbei. Dieser dauert erfahrungsgemäss je nach Grösse und Komplexität des Unternehmens zwischen zwei und sechs Monaten. Oberflächliche Schnellschüsse rächen sich in der Regel zu einem späteren Zeitpunkt und verursachen am Ende auch deutlich höhere Kosten.