Strategie & Management

Einkaufsverhandlungen

Mit dem richtigen Ablaufplan effizient zum besten Ergebnis

Oftmals führt vor allem Zeitmangel dazu, dass Verhandlungen nicht ausreichend vorbereitet werden und entsprechend nicht zum gewünschten Ergebnis führen. Dieser Beitrag zeigt, wie in sieben Schritten die Basis dafür gelegt werden kann, Verhandlungsergebnisse auf effiziente Weise zu verbessern.
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Ob in Jahresgesprächen mit Lieferanten oder im Trubel des Tagesgeschäftes, die Zeit für Verhandlungen ist oft stark gedrängt. Ein zielgerichtetes Verhandeln durch sorgfältig vorbereitete Strukturen ist dann der Schlüssel zur Effizienz. Wichtig ist dabei vor allem: alle sich wiederholenden Verhandlungs-Bausteine einmalig vorzubereiten. Wie eine vom Autor durchgeführte Analyse zeigt, sind drei Viertel aller Verhandlungen identisch beziehungsweise die Vorgehensweise gleicht sich.

Sieben Schritte zur Optimierung

Darüber hinaus gibt es einige Details, die von Verhandlung zu Verhandlung variieren können. Diese wichtigen Unterschiede gilt es zu identifizieren, denn sie sollten vor jedem Verhandlungsbeginn eine gesonderte Betrachtung erfahren. Die zum Teil kleinen Unterschiede liegen beispielsweise in der Abhängigkeit vom Lieferanten, ob der Verkäufer Zugang zu eigentlich vertraulichen Interna und Entscheidungen besitzt und ob Wettbewerb vorhanden ist. Insgesamt kann in sieben Schritten auf Top-Verhandlungsergebnisse zugesteuert werden:

1. Analyse: Was behindert ein besseres Ergebnis?

Der Bauer pflügt sein Feld, der Lkw-Fahrer prüft Motor und Reifen. So verbessern sie die Chance auf guten Ertrag beziehungsweise auf gute Fahrt. Ähnlich bereiten sich gute Verhandler auf ertragsreiche Verhandlungen vor: Mit der Frage «Was behindert meinen Erfolg?» identifizieren Verhandler Stolpersteine.

Insbesondere der Fachbereich stellt oft ein Informationsleck dar. Ungewollt oder leichtsinnig gibt er in den Gesprächen mit dem Lieferanten zu viele für die Verhandlung relevante Informationen preis. Etwa, dass das Produkt besonders aus dem Wettbewerb heraussticht oder dass ein Wechsel zum Wettbewerber nicht in Frage kommt. Klar, dass ein Verkäufer unter solchen Voraussetzungen keine Notwendigkeit für einen marktgerechten Preis sieht; er hat den Auftrag ja schon in der Tasche.

Dagegen muss eingeschritten werden: Bevor der Einkäufer oder der Geschäftsführer in Verhandlung mit dem Lieferanten tritt, sollte er primär dafür sorgen, dass solch hinderliche Informationen nicht mehr aus dem Unternehmen dringen. Oftmals reicht es schon aus, die Mitarbeiter für die Brisanz, Wertigkeit und finanziellen Folgen zu sensibilisieren. In einigen Fällen müssen Informationslecks aber auch durch klare Anweisungen geschlossen werden.

Ein weiterer Stolperstein ist mangelnder Wettbewerb. Sei es durch Fünf-Sterne-Anforderungen (höchste technische Spezifikationen) oder Monopole. An den Monopolen zu rütteln, fällt schwer. Auf die Fünf-Sterne-Spezifikation haben die Unternehmensmitarbeiter und vor allem die Geschäftsführung aber durchaus Einfluss. Und sei es, dass lediglich für die Zeit der Verhandlungen nach aussen hin eine Vier-Sterne-Spezifikation als ausreichend deklariert wird. Damit steigt die Zahl der potenziellen Wettbewerber sprunghaft. Der Verkäufer kann sich seiner Sache nicht mehr so sicher sein wie vorher. Wenn eine Vier-Sterne-Lösung deutlich günstiger und dennoch die Qualität des Endprodukts zu 100 Prozent gewährleistet ist, so ist das sicher eine glaubwürdige Alternative.

2. Forderungsbegründung entwickeln – Konsequenz festlegen

Sind die Stolpersteine weitgehend aus dem Weg geräumt, gilt es, eine schlagkräftige Forderungsbegründung zu finden: Was rechtfertigt es, eine Preis- oder Leistungsforderung an den Lieferanten zu stellen? Erfolgreiche Verhandler suchen in diesem Zusammenhang nach einer Konsequenz (positiv wie negativ), die je nach Zugeständnissen des Lieferanten unterschiedlich ausfällt. Gängige Forderungsbegründungen samt Bausteinen für die Startrampe zeigt Abbildung 1.

Das Schwergewicht unter den Begründungen einer Forderung ist der Wettbewerb. Durch die Konfrontation mit Vergleichsangeboten kann die Verhandlung zum Ergebnis geführt werden. Die Konsequenz ist dann schwarz oder weiss: Der Lieferant erhält oder verliert den Auftrag. Punkt.

Die Konsequenz kann sich ebenso wie im Beispiel der Umsatzverteilung in Grauschattierungen zeigen. Der Lieferant erhält weniger Umsatz als bisher. Das reicht in der Praxis als Forderungsbegründung aus. Lieferanten sind oft auf Umsatzsteigerungen oder auf möglichst lange Kundenbindungen aus. Dann kann genau hier der Hebel angesetzt werden.

3. Startrampe formulieren

Als Nächstes ist die Startrampe zu formulieren zwecks eines förderlichen Gesprächseinstiegs. Mit ihr wird angezeigt, wie die Situation aussieht. Einem Bühnenbild im Theater gleich, kann das eine grüne sonnenbeschienene Wiese sein, die viele Umsätze verspricht und somit gute Konditionen herauslockt, es kann aber auch ein düsterer Wald mit dem bösen Wolfsrudel sein, der für den Wettbewerb steht und zu Zugeständnissen zwingt. Wichtig ist: Die Stimmung sollte das anvisierte Ziel fördern, aber auch der Beziehung zum Lieferanten Rechnung tragen. Sehr gut hat sich die Basisstrategie des Harvard-Konzeptes bewährt: «Hart in der Sache, respektvoll zum Menschen.»

4. Verhandlungsspielraum ausloten

Quasi jeder Verkäufer hat Zugeständnisse in der Tasche, wenn er zur Verhandlung mit dem Einkauf anreist. Diese gilt es nun abzufragen. So folgt direkt nach der Startrampe die erste Fragerunde. Auch sie kann zu 100 Prozent vorbereitet sein – und ist somit in der Verhandlung zeitsparend: «Wie weit können Sie den Preis senken?» Die Frage sollte auf unterschiedliche Art und Weise so häufig gestellt werden, bis ein deutlicher Widerstand erreicht ist.

5. Optimale Position innerhalb des Spielraums ausverhandeln

Anschliessend folgt der zweite Fragebereich: «Unter welchen Umständen sind Sie bereit, den jetzigen Punkt nochmal zu unterschreiten, und wo liegt dann Ihr bestmögliches Angebot?» Jetzt nennt der Verkäufer unter Angabe von Bedingungen das gesamte Spielfeld. Er darf all seine Wünsche nennen, etwa monatelange Forecasts oder Exklusivität in der Belieferung. Klar, dass er dann gerne im Preis noch weiter runtergeht.

Auch wenn der Einkäufer die Bedingungen teilweise nicht erfüllen kann, ist es von Vorteil, wenn er den maximal möglichen Nachlass kennt. Denn ist dieser Wert erst einmal genannt, so reden wir von einem Anker. Dieser Anker sorgt dafür, dass sich der Verkäufer mit seinem Angebot daran orientiert. So lässt er sich häufig auf weitere Zugeständnisse ein, die er ohne den Anker nicht gewährt hätte – und das auch dann, wenn zuvor daran geknüpfte Bedingungen nachher vom Tisch sind. Beispiel: Der Einkäufer sagt: «15 Prozent Nachlass ist gerade mal das, was Ihre Wettbewerber ohne Bedingungen angeboten haben. Das kann ich also nur als Basisangebot annehmen.» Der Verkäufer hat es nun deutlich schwerer, wieder von den 15 Prozent wegzuführen, als noch zu dem Zeitpunkt, als der Wert unausgesprochen war. Der Verhandler schafft also über den bestmöglichen Preis eine weitere Bewegung hin zum Optimum.

6. Da geht nichts mehr? Mauer auf Wahrheit testen

Früher oder später werden alle Verhandlungen zum Stillstand kommen: «Jetzt geht nichts mehr!» Dann gilt es, den Wahrheitsgehalt der Verkäufer-Aussage zu testen. Dazu konfrontiert der Einkäufer den Verkäufer vermeintlich mit dem Abbruch. Beispiel: «Zwölf Prozent reichen nicht! Wollen Sie es jetzt daran scheitern lassen?» Oder etwas weicher für enge Beziehungen: «Zwölf Prozent, das ist kaufmännisch nicht lukrativ! Würden Sie unsere Zusammenarbeit im Projekt x daran jetzt scheitern lassen?» Da der Verkäufer hiervor die grösste Angst hat, wird er – je nach Bluff oder Wahrheit – sehr klar reagieren (siehe Abbildung 2).

Hat der Verkäufer geblufft, erfolgt ein Wiedereinstieg in Phase 4. Beispiel: «Ich merke, Sie zögern noch. Wir können gerne ins Geschäft kommen, dafür bitte ich Sie aber um ein weiteres Entgegenkommen. Wo sehen Sie in dieser Sondersituation das äusserste Limit?» Oder aber der Verkäufer ist ehrlich, und bei dem angegebenen Zugeständnis ist wirklich Schluss. Vor dieser Situation haben viele Einkäufer Angst: «Was mache ich, wenn der Verkäufer sagt: ‹Ja, daran scheitert es.› Folgende Formulierung hat sich bewährt: «Gut, dann schreibe ich mir zwölf Prozent als Ihr finales Angebot auf. Ich werde das intern prüfen und Ihnen am kommenden Mittwoch zurückmelden, ob wir den Auftrag mit Ihnen oder einem Wettbewerber durchführen.»

7. Abschluss offen oder geschlossen?

Auch nach der Verhandlung kann eine Verhandlung noch weitergehen – das offene Ende. Statt einer Zusage erhält der Lieferant die Möglichkeit, sein Angebot anzupassen, und erhält beispielswiese diese Antwort: «Mit dem jetzigen Preis sehe ich für Sie allerhöchstens 50 Prozent Chance auf den Auftrag. Nehmen Sie diese Nachricht mit nach Hause. Wir gestatten Ihnen, bis Freitag nochmal ein besseres Angebot einzureichen!»

Der Einkäufer sollte davon aber nicht zu oft Gebrauch machen, da sich der Lieferant sonst darauf verlässt, nochmal nachbieten zu können. In der Regel sollte also das geschlossene Ende erfolgen. Entweder mit einer direkten Zusage: «Gut, dann sind wir uns einig!» oder einer späteren Zusage: «Am Mittwoch sagen wir Ihnen, ob es gereicht hat!».

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