Strategie & Management

Mobilität und Flottenmanagement III

Micro Mobility und E-Scooter: Rechtliche Aspekte

E-Scooter – es gibt Traumvorstellungen und Horrorgeschichten. Einerseits lockt der nachhaltig zurückgelegte Arbeitsweg ohne Verkehrschaos und Parkplatz-Sucherei, andererseits drohen Gefahren bis hin zu schwerwiegenden Unfällen. Die Realität liegt wohl irgendwo dazwischen.
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In einer Welt, in der Autos, E-Scooter, Elektrobikes und Fussgänger gemeinsam die Strassen nutzen, tauchen viele rechtliche und grundsätzliche Fragen auf. Interessierte, die an die Anschaffung eines E-Scooters denken, die auf den heimischen Strassen unterwegs sind oder Feriendestinationen erkunden möchten, müssen vor einem Kauf einiges bedenken. Ab wann darf ich oder mein Kind einen E-Scooter fahren? Muss ich einen Helm tragen? Wo ist es erlaubt, den E-Scooter zu benützen? Wer bezahlt in einem Schadenfall und brauche ich eine Versicherung? Nachfolgend eine kurze Übersicht, die Licht in das Fortbewegungs-Dickicht bringen soll. 

Micro Mobility  

Mobil zu sein, bedeutet schon lange nicht mehr, ein Auto zu besitzen. Gerade in den grossen Metropolen hat sich der vierrädrige Fahruntersatz aufgrund überreizter Verkehrssituationen und knapper Parkmöglichkeiten vielerorts als mobilitätshindernd herausgestellt. In Paris, Berlin, aber auch Zürich weiss man: «Klein und wendig» ist das neue «Gross und protzig.»

Den Begriff «Micro Mobility» einzufangen und zu umschreiben, stellt sich als her­ausfordernd dar, da unter den Experten bisher keine einheitliche Definition existiert. Eine grobe Vorstellung des Begriffs «Micro Mobility», oder Mikromobilität auf Deutsch, vermitteln schemenhafte Umschreibungen wie: «das anpassungsfähige Bewegen mithilfe von Fahrzeugen kleiner Grösse». Hierbei bewegt sich also das einzelne Individuum flexibel mit Kleinfahrzeugen fort. Es wird zwischen aktiver (nicht motorisierter) und pas­siver (motorisierter) Fortbewegung unterschieden.

Der E-Scooter

Der Grad der Elektrifizierung ist heutzutage ein wichtiger Punkt, ist aber für die Definition per se nicht ausschlaggebend. Vorliegend wird das Augenmerk auf die passive Fortbewegung mittels elektrifizierter Scooter (Roller oder «Trottinett») geworfen. Somit wird der E-Scooter von den anderen gängigen Mikromobili­täts­fahrzeugen, allen voran dem elektrischen Fahrrad, abgegrenzt.

E-Scooter werden als motorisierte Fahrzeuge definiert, die durch menschlichen Kraftaufwand in Verbindung mit einem elektrischen Motor angetrieben werden. Man kann sie auch als ein Trottinett mit elektrifiziertem Motor und aufladbarer Akkubatterie bezeichnen. Die elektrischen Scooter erreichen eine Geschwindigkeit von bis zu 30 km/h, auf öffent­lichen Strassen sind sie mit einer maximalen Geschwindigkeit von 20 km/h auf dem Fahrradstreifen erlaubt. 

Road Rules ­– Rechtliche Lage

In der Schweiz werden die E-Scooter anhand der Indikatoren «baubedingte Geschwindigkeit» und «Dauerleistung» in zwei Kategorien aufgeteilt. E-Scooter, die eine baubedingte Höchstgeschwin-digkeit von 20 km/h (maximale Geschwindigkeit bei reinem Elektrobetrieb auf ebener, gerader Strecke) und eine Dauerleistung von maximal 500 Watt besitzen, gehören zu den sogenannten leichten Motorfahrrädern. Diese sind dem klassischen Fahrrad gleichgestellt. Dementsprechend braucht es auf Schweizer Strassen also keine Typengeneh­migung und auch grundsätzlich keinen Führerausweis. Ebenfalls besteht keine Pflicht, einen Helm zu tragen. 

Aber E-Scooter ist nicht gleich E-Scooter. Die schnellen E-Scooter mit einer bau­bedingten Höchstgeschwindigkeit von 20 bis 30 km/h und einer Dauerleistung von 500 bis 1000 Watt gehören zu der zweiten Kategorie, nämlich derjenigen der Motorfahrräder. In diesem Fall muss der Fahr­untersatz über eine Typengenehmigung verfügen, sprich vom zuständigen Strassenverkehrsamt umfassend geprüft und für regelkonform und sicher befunden werden. Erst mit der Typengenehmigung ist diese Kategorie Fahrzeug auf Schweizer Strassen erlaubt.

Für diese Kategorie ist auch ein Fahrzeugausweis von nöten, ebenso wie die Beschaffung des allbekannten gelben Mofa-Kontrollschilds und der Mofa-Vignette. Damit verbunden ist auch das Obligatorium einer Haftpflichtversicherung, dies ebenfalls im Gegensatz zu den langsameren E-Scootern. Diese E-Scooter-Haftp­flicht­versiche­rung ist essenziell, denn im Schadenfall wird die private Haftpflichtversicherung den Schaden nicht übernehmen. Weiter gilt eine Helmpflicht; der Helm muss der Norm DIN EN 1078 entsprechen.

Für E-Scooter-Vermieter ist es obligatorisch, eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen, die sowohl die Fahrer als auch die Elektro-Scooter gleichermassen deckt, unabhängig davon, welche Staatsbürgerschaft der Fahrer besitzt. Im Falle der Nutzung eines E-Scooters in den Ferien im Ausland empfiehlt es sich stets, eine zusätzliche Reisekrankenversicherung abzuschliessen, sodass die aus einem Unfall resultierenden Behandlungskosten auch von der Versicherung übernommen werden. 

Generell gilt: E-Scooter gehören nicht auf den Bürgersteig. So wie Fahrräder müssen auch E-Scooter die Radwege und -streifen benützen, soweit diese vorhanden sind (Art. 46 Abs . 1 SVG). Einen E-Scooter zu benützen, ist ab 14 Jahren erlaubt, jedoch wird von 14 bis 16 Jahre ein Führer­ausweis der Kategorie M oder G benötigt. Ab 16 Jahren entfällt die Führeraus­weispflicht für langsame E-Scooter. Generell sind die Richtlinien des Astra (Bundesamt für Strassen) zu beachten.

Internationale Unklarheit

In der EU-Verordnung Nr. 168/2013 wird der E-Scooter in die Fahrzeugkategorie L1-eB eingeteilt, die den langat­migen Namen «leichtes zweirädriges Klein­kraftrad» trägt. Die Kompetenz der In­ver­kehrbringung und Überwachung der Fahrzeuge wird den einzelnen Mitglied­staa­ten zugeteilt. Somit bleibt die Re­gelung uneinheitlich, beispielsweise wird in Deutschland immer eine Typen­zu­lassung vorausgesetzt und in den Niederlanden sind jegliche Arten von E-Scootern bis anhin verboten. Auch trans­atlantisch ist die Rechtslage nicht viel einheitlicher. So weitreichend das Constitutional Law der Liberty of Mo­vement in den USA ist, so wenig konkret kommt es daher. Obwohl dieses Grundrecht in den Staaten sowie auch inter­national anerkannt ist, so verleiht es trotz allem kein Recht auf ein Fortbewegungs­mittel, abgesehen von den eigenen Beinen. Jeder US-Bundesstaat ist selbst für die Rahmenbedingungen der Benutzung von E-Scootern verantwortlich. So kom­mt es zu teilweise skurrilen Regelungen: Im Bundesstaat New York sowie in der Me­tropole selbst hat man grundsätzlich freie Fahrt mit den E-Scootern, mit Ausnahme jedoch des Stadtteils Manhattan.

Mobilität von morgen

So hell wie die Zukunft der elektrifi­zierten «Trottis» auch leuchtet: Einige Punkte müssen dennoch be- oder überdacht werden. Rechtlich und gesellschaftlich stellen sich bisher ungeklärte Fragen. Obwohl in der Schweiz sowie in den benachbarten Ländern die E-Scooter eine ungefähre Stellung zwischen den weiteren Fortbewegungsmitteln gefunden haben, so ist doch deutlich anzumerken, dass die Fahrzeugkategorien nicht originär auf die elektrischen «Trottis» zugeschnitten sind.

Der E-Scooter ist eine neue Form der Fortbewegung, der jüngst einen Aufschwung erfährt. Das Recht hingegen ist träge, es passt sich oft erst im Nachgang an die sich stetig verändernde gesellschaftliche Situation an. So kommt es, dass die heutige Regelung und Rechtsprechung zu E-Trottinetts dürftig oder noch überhaupt nicht vorhanden ist.

Es zeigt sich auch, dass diese Art von Fortbe­wegung in der Gesellschaft noch nicht vollumfänglich angekommen und akzeptiert wird. Die elektrifizierten Untersätze sind stärker als beispielsweise ein Fahrrad, aber schwächer als ein Motorrad. Es entsteht eine merkwürdige Zwischenkategorie, die rechtlich sowie gesellschaftlich schwer einzuordnen ist und die für die schwächsten Teilnehmer des Strassenverkehrs, für die Fussgän­-ger, aber auch für die E-Scooter-Nutzer selbst, einen besonderen Schutz verlangt.

Nach dem Ausgeführten lässt sich zusammenfassen, dass die E-Scooter, mitsamt weiteren elektrifizierten Fahr­zeugen der Kategorie Mikromobilität, eine interessante, neuartige Bewegungs­möglichkeit darstellen. Diese bietet freilich Anfangsschwierigkeiten und Knackpunkte, die es zu überdenken und zu optimieren gilt, doch das Potenzial ist unübersehbar.