Strategie & Management

Markenführung

Markenorientierte Unternehmensführung und die Rolle von HRM

In der Serie «Im Fokus: Markenführung» (siehe Seite 42) beleuchtet das «KMU-Magazin» umfassend die Aspekte des Holistic Branding. In diesem Beitrag werden die beiden Themen Markenführung und Human Resource Management (HRM) vertieft und kausal miteinander verknüpft.
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Was hat HRM überhaupt mit Markenführung zu tun? Um diese Frage beantworten zu können, sollen zuerst zwei weit­verbreitete Mythen aufgelöst werden:

› Mythos 1: Nur grosse Unternehmen haben eine starke Marke.

› Mythos 2: Markenpositionierung ist Aufgabe der Marketing- und Kommunikationsabteilung.

Nein, jedes Unternehmen hat eine Marke und braucht ein Marke, sowohl Gross­unternehmen als auch KMU. Voraussetzung für eine starke Marke ist nicht, einen grossen, international bekannten Namen zu haben. Eine Marke ist vielmehr eine klare Definition der Stärken des Unternehmens und nicht zuletzt auch das Unterscheidungsmerkmal zur Konkurrenz. Eine stimmige Markenpositionierung zu haben bedeutet, auf diesen Stärken zu bauen und sämtliche Management-Prozesse und -Tools darauf abzustimmen.

Nein, Markenpositionierung ist nicht nur Aufgabe der Marketing- oder Kommunikationsabteilung. Sie betrifft alle Personen und alle Abteilungen – Geschäftsleitung, Führungskräfte und Mitarbeitende; Marketing, Sales, Operations und nicht zuletzt auch HRM. Wichtig: HRM ist dabei als Teil der täglichen Führungsarbeit, nicht als Aufgabe der Personalabteilung zu verstehen. Jede Führungskraft trägt dazu bei, die Marke gegen innen zu tragen (Employee Branding), so dass sie auch gegen aussen, nicht zuletzt auf dem Arbeitsmarkt (Employer Branding), erfolgreich wirken kann.

In den letzten Jahren haben viele Unternehmen die Wichtigkeit einer stringenten Markenorientierung für sich entdeckt: Meist steht dabei im Zentrum, dass Kunden das Markenversprechen kennen und dieses durch entsprechende Produkte und Dienstleistungen erfüllt wird. Oft bleibt jedoch nur ein kleines zeitliches und finanzielles Budget dafür übrig, die Markenpositionierung auch den eigenen Mitarbeitenden zu kommunizieren – oder sie werden ganz vergessen.

Employee Branding bedeutet, dass alle Mitarbeitenden die Markenpositionierung des Unternehmens verstehen und auch «leben». Ziel ist es, ein Mitarbeiterverhalten zu fördern, das mit dem Markenversprechen im Einklang steht. Das Verhalten jedes Einzelnen soll in die Marke einzahlen.

Wie kann erreicht werden, dass die Mitarbeitenden die Markenpositionierung kennen, verstehen und vor allem mit ihrem Verhalten das Einhalten des Markenversprechens ermöglichen? Neben einer kontinuierlichen und stringenten Kommunikation zur Aufklärung der Mitarbeitenden ist es zentral, dass Führungskräfte als Vorbilder agieren und ein konsistentes Verhalten nach innen und aussen gefördert wird. Dies verlangt, dass sämtliche Management-Prozesse und -Tools – auch oder gerade im HRM – auf das Markenversprechen abgestützt sein müssen: Mittels einer unternehmensspezifischen Ausgestaltung der Rekrutierung, Beurteilung und Entlohnung sowie der Mitar­beiter- und Führungskräfteentwicklung wird die Markenpositionierung nicht nur berücksichtigt, sondern bewusst gelebt und gefördert.

Es ist von zentraler Bedeutung, dass die Marke als Grundlage für unternehmensweite Führungsgrundsätze verstanden wird. Die Marke soll Basis für eine konsistente Mitarbeiterführung sein und Antwort geben auf die Fragen: Wie führen und entwickeln wir die Leute in unserem Unternehmen? Welches Verhalten fördern und belohnen wir? Welche gemeinsamen Werte sind uns wichtig und legen wir unserer Führung zugrunde? Dies führt zu einer gemeinsamen Kulturbildung, die mit der Marke des Unternehmens im Einklang steht. Die gemeinsame Kultur wiederum trägt dazu bei, sämtlichen unternehmerischen Entscheiden im Sinne einer Orientierungshilfe einen klaren Rahmen zu geben.

Wunschverhalten definieren

Eine wichtige Basis, die oft unterschätzt wird, ist die Festlegung von geforderten Kompetenzen in Job-Profilen. Meist bestehen Auflistungen von Aufgabenkatalogen für die Mitarbeitenden – oft sehr grob oder dann allzu detailliert und damit unstrukturiert. Ein professionelles Job-Profil beinhaltet jedoch einiges mehr: Sowohl den bestehenden als auch potenziellen künftigen Mitarbeitenden soll durch das Profil absolut transparent gemacht werden, was die Ausgangslage für die Position ist, welches die Zielsetzungen und Hauptaufgaben sind und welche Fach-, Methoden- und Persönlichkeitskompetenzen erforderlich sind, um die daraus resultierenden Herausforderungen erfolgreich meistern zu können. Bereits die kritische Auseinandersetzung im Prozess der Ausformulierung der Zielsetzungen sowie der erforderlichen Kompetenzen bedeutet ein Gewinn für die involvierten Führungskräfte. Zudem sind die Job-Profile eine wichtige Grundlage für weitere Tools wie z.B. aussagekräftige, professionelle Inserate sowie leistungs- und verhaltensbasierte Beurteilungsbogen zur Einschätzung und Entwicklung von Mitarbeitenden.

Nur wenn alle Mitarbeitenden und Führungskräfte die Marke mit ihrem Verhalten verkörpern und das Markenversprechen halten, kann sie schliesslich auch so gegen aussen getragen werden, dass ein starker Employer Brand wächst.

Wir denken bei «Employer Branding» schnell an grosse «Brands», an Grossunternehmen mit einem schweiz- oder sogar weltweit bekannten Namen. Einem Namen, der für ein Produkt und der auch für ein Unternehmen sowie seine Mitarbeitenden steht – der Arbeitgebername oder Neudeutsch: der Employer Brand. Google, Swiss Re, Credit Suisse, Microsoft – diese Marken nehmen stets Toppositionen in den Rankings der beliebtesten Arbeitgeber ein. Was ist nun mit den kleinen und mittleren Unternehmen, deren Name oft nur Branchenkennern bekannt ist? KMU, welche keine Produkte führen, die den Endabnehmern und somit potenziellen künftigen Arbeitnehmern geläufig sind? Wie können diese sich trotzdem einen Employer Brand schaffen, der nicht die erstbesten, sondern die wirklich besten Arbeitskräfte anzieht?

Diese Fragen sind heute wichtiger denn je. Viele kleine und mittlere Unternehmen, welche innovativ sind, sich weiterentwickeln und wachsen möchten, sind auf fähige Mitarbeitende angewiesen, denn es gilt: «People make the difference». Doch es ist gar nicht so einfach, gute Leute zu finden und zu halten.

Zur Schaffung eines Employer Brands gehört nicht nur ein bekannter Name. Sich mit den grossen Marken bzw. Unternehmen zu messen, ist oft nicht sinnvoll; KMU möchten tendenziell andere Persönlichkeiten anziehen und haben auch anderes zu bieten. Wichtig ist, sich der eigenen Stärken, insbesondere auch in Bezug auf die Attraktivität als Arbeitgeber, bewusst zu sein und diese aktiv zu kommunizieren. Grundvoraussetzung, damit die besten Mitarbeitenden auf dem Arbeitsmarkt überhaupt auf offene Stellen von KMU ansprechen und diese Stärken erkennen, ist die professionelle Gestaltung des Rekrutierungsprozesses. Der gesamte Ablauf der Rekrutierung muss effizient und transparent ausgestaltet sein, die einzelnen Schritte professionell gegen innen und aussen: Die Ausarbeitung von umfassenden Job-Profilen, die Schaltung von ansprechenden, aussagekräftigen Inseraten auf den passenden Suchplattformen, der Einsatz von fundierten halbstrukturierten Interviewbogen, die auf einheitlichen Kriterien beruhen, sowie allenfalls der Einsatz von Mini-Assessments, welche den Einblick in die Kompetenzen der Kandidaten noch vertiefen.

Gute Leute erwarten solch klare und professionelle Vorgehensweisen. Diese können Sie als KMU genauso bieten wie ein Grossunternehmen.

Ziel ist es zusammenfassend, im Rahmen eines integrierten Ansatzes, ausgehend von der Markenpositionierung, alle HR-relevanten Grundlagen aufeinander abgestimmt zu entwickeln. Dies ermöglicht den Aufbau und die Pflege einer unternehmensspezifischen Führungsphilosophie, die selbstverantwortliches und unternehmerisches Handeln im Sinne der Marke fördert.

Basis dazu ist das Wissen darüber, welche Mitarbeitenden mit welchen Kompetenzen zum Unternehmenserfolg und zur Umsetzung der Markenstrategie beitragen können. Dazu braucht es saubere Job-­Profile, die klare Kompetenzen beinhalten. Weiter muss ein Effort geleistet werden, diese Leute zu gewinnen und langfristig zu halten. Dies ist nur möglich, wenn die gesamte Rekrutierung und somit die Präsentation des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt professionell abläuft. So können sich auch kleine und mittlere Unternehmen durch klare und ehrliche Markenversprechen positionieren und von kleinen und grossen Mitstreitern abgrenzen, um die besten Leute für sich zu gewinnen. «

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