Strategie & Management

Key Account

Jahresgespräche mit Firmenkunden führen

Industrieunternehmen arbeiten mit ihren Zulieferern oft auf der Basis von Kontrakten zusammen. Diese werden in sogenannten Jahresgesprächen Jahr für Jahr neu ausgehandelt. Auf diese Gespräche sollten sich die Key-Accounter gut vorbereiten – auch weil von ihrem Verlauf oft ihr Einkommen abhängt.
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Jahr für Jahr dasselbe Ritual. Die Einkaufsgremien der Industrieunternehmen laden ihre Zulieferer und Dienstleister zu Jahresgesprächen ein, in denen die Modalitäten der Zusammenarbeit neu aushandelt werden. Schon Wochen zuvor sind die Key-Account-Manager der Zu­lieferer nervös. Sie wissen: Vom Verlauf dieser Gespräche hängt neben dem Erfolg des Unternehmens auch dessen Gehalt ab. Schliesslich werden die meisten Verkäufer erfolgsabhängig bezahlt.

Basis für den Erfolg schaffen

Entsprechend angespannt gehen die Key-Accounter in die Gespräche – auch weil sie wissen, dass die Einkäufer, kaum ist die Tür geschlossen, ein Klagelied anstimmen: «Sie wissen ja, wie stark der Konkurrenzdruck in unserer Branche ist. Deshalb müssen Sie uns mit dem Preis entgegenkommen.» Dabei steht unausgesprochen die Drohung im Raum: Sonst müssen wir uns einen neuen Lieferanten suchen.

Viel Zeit in die Vorbereitung investieren

Entsprechend schnell geraten die Key-Accounter in die Defensive, wenn sie nicht gut vorbereitet sind – zum Beispiel, weil sie im Vorfeld nicht ausreichend analysierten, was bei Jahresgesprächen alles auf der Tagesordnung steht. Keineswegs wird in ihnen nur über die Preise und Liefermengen gesprochen. Es geht auch um Fragen wie:

  • Welche Qualität sollen die gelieferten Produkte/Problemlösungen haben?
  • Welche Leistungen sind im Lieferpaket enthalten?
  • Wie und wann wird geliefert?
  • Wie sehen die Zahlungsmodalitäten aus?
  • Und, und, und

Je genauer der Verkäufer im Vorfeld die Verhandlungspunkte analysiert, umso grösser ist der Verhandlungsspielraum.

Sich über den Markt informieren

Ein weiteres Themenfeld ist: Wie entwickelt sich der Markt? Verzeichnet zum Beispiel der Markt für Sensoren und
Mikro-Chips Zuwächse? Wie entwickeln sich die Rohstoffpreise und die Preise für Kunststoffprodukte? Welche Zuwächse sagen Marktforscher für Tablets oder LED-Leuchten voraus? Welche Gewinnspannen lassen sich damit erzielen? Je mehr Datenmaterial der Verkäufer hat, desto flexibler kann er argumentieren.

Ein drittes Themenfeld ist die Marktsituation des Kunden. Hieraus ergibt sich: Auf welchem Ohr ist er erreichbar? Informieren Sie sich vor dem Jahresgespräch also darüber, welche Bedürfnisse/Probleme Ihr Partner hat. Kämpft sein Unternehmen zum Beispiel damit, dass ihm Mitbewerber Marktanteile wegnehmen? Oder muss er seine Lieferkette und seine Produktionsprozesse neu organisieren, damit er schneller auf Marktveränderungen reagieren kann? Analysieren Sie auch die Beziehung Ihres Unternehmens zum Kunden: Welche Schwierigkeiten gab es im vergangenen Jahr? Wie wurden sie gelöst? Welche Umsätze erzielte das Unternehmen mit dem Kunden?

Eine Leistungsbilanz erstellen

Ermitteln sollte der Verkäufer auch, welche (Service-)Leistungen er und sein Unternehmen für den Kunden im zurückliegenden Jahr erbracht haben, die in keiner Rechnung auftauchten und zu denen er vertraglich nicht verpflichtet gewesen wäre. Die Erstellung einer Leistungsbilanz dient im Jahresgespräch, das nichts anderes als eine Vertragsverhandlung ist, als «Argumentationsfutter».

Eine kundenspezifische Argumentation entwerfen

Wenn der Verkäufer diese Infos hat, kann er anspruchsvolle und zugleich realistische Ziele für sein Jahresgespräch for­mulieren. Nun kann er definieren, mit welchem Maximal- und mit welchem Minimalziel er ins Gespräch geht und welche Verhandlungspunkte er bei Bedarf in die Waagschale werfen kann. Wenn diese Fragen beantwortet sind, sollte der Verkäufer eine kundenspezifische Argumentationskette entwerfen.

Doch formulierte Ziele sind noch lange nicht erreicht. Denn nun steht erst der Termin mit dem Einkaufsgremium vor der Tür. In ihm sollte der Verkäufer zunächst eine positive Gesprächsatmosphäre schaffen. Zum Beispiel, indem er dem Kunden nochmals vor Augen führt, welchen Nutzen dieser aus der Zusammenarbeit zieht. Dies sollte der Verkäufer nicht einfach sagen, sondern vielmehr fragen: «Wie waren Sie denn mit der Anlieferung im vergangenen Jahr zufrieden? Hat sich die Problemlösung x bewährt?»

Hat der Kunde den Nutzen der Zusammenarbeit vor Augen, kann der Verkäufer das Gespräch auf die Marktentwicklung überleiten. Zum Beispiel, indem er sagt: «Die Marktforscher prognostizieren, dass die Nachfrage nach Flüssigkristallen um 30 Prozent steigt. Und die Börse spekuliert zurzeit darauf, dass die Preise für Eisenerz weiter steigen. Daraus ergibt sich für Sie die Chance …»

Den Partner zum Träumen bringen

Hat der Einkäufer die Chancen vor Au­gen, ist es die Aufgabe des Verkäufers, dem Einkäufer zu illustrieren, wie sein Unternehmen ihn und dessen Unternehmen dabei unterstützt, die aufgezeigten Chancen zu realisieren. Hierfür müssen seine Vorschläge schon einen hohen Reifegrad haben. Das heisst, es sollten zum Beispiel schon Handouts oder Muster vorliegen, wie das Problem x oder die Aufgabe y besser gelöst werden kann. Sonst gelingt es ihm nicht, den Einkäufer auch emotional anzusprechen. Also kreist sein Denken nur um den Preis.

Doch selbst wenn er das Interesse des Einkäufers weckt, wird dieser nie sagen «Das ist aber toll. Dafür zahle ich Ihnen sehr gerne den gewünschten Preis.» Das darf er nicht, denn dies würde seinen Verhandlungsspielraum schmälern. Also wird er, selbst wenn ihn die Ausführungen begeistert, maximal mit einem kritischen Blick sagen «Das klingt zwar ganz interessant, aber …» und dann genauso hart um Liefermengen und -konditionen feilschen. Der Unterschied ist aber: Der Verkäufer hat eine andere Ausgangsbasis geschaffen. Also kann er auch eher sein Maximalziel erreichen.

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