Strategie & Management

Kolumne

Fünf Prinzipien starker Markenführung

Warum Markenführung erst dann erfolgreich ist, wenn sie langfristig und konsequent ausgerichtet ist. Auch in Krisenzeiten.
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Ich habe letztens an einer Vortragsveranstaltung zu Trends im E-Commerce teilgenommen und einen Vortrag gehört, bei dem es um E-Mail-Marketing-Hacks ging. Daraufhin habe ich mich gefragt: Was sind eigentlich Markenführung-Hacks? Oder auch: Was sind die zentralen Dinge, die in der Markenführung für einen langfristigen Erfolg berücksichtigt werden müssen? Welche Prinzipien kann man als grundsätzliche Empfehlung anwenden? Ich bin nicht auf richtige «Hacks» gekommen, denn für mich steht der Begriff zwar dafür, dass man etwas schnell umsetzen kann, allerdings auch dafür, dass es sich stückweise um Tricks oder Kniffe handelt, die, von allen angewandt, nicht unbedingt für das Gesamtsystem sinnvoll sind. Markenführung dagegen ist dann richtig erfolgreich, wenn sie langfristig und konsequent ausgerichtet ist

Prinzip 1: Den Markenkern kennen und pflegen
Die absolut essenzielle Basis wachstumsstarker Markenführung liegt in einem eindeutig definierten Markenkern und klaren umliegenden Markenwerten, die bekannt sind und gepflegt werden. Ohne diesen Kompass lässt sich nicht führen. Jede starke Markenführung beginnt also bei der Definition des Markenkerns. Sie nutzt den Markenkern als echte Orientierungshilfe. Grundsätzlich sollte sich jede Entscheidung auch nachträglich an der Marke erklären lassen – dann haben Sie konsistent gehandelt.

Prinzip 2: Markenverständnis im gesamten Unternehmen erzeugen
Marken werden von innen heraus zerstört oder gestärkt, und dabei genügt der Blick auf Vertrieb und Marketing bei Weitem nicht. Es braucht ein im gesamten Unternehmen ausgeprägtes Markenverständnis. Jede Führungskraft ist dafür verantwortlich, dieses innerhalb des eigenen Teams auszuprägen und sich im täglichen Handeln davon leiten zu lassen. Auch hierbei führt der einfachste und wirksamste Weg über den Markenkern. Jeder im Unternehmen sollte ihn kennen und ein Verständnis dafür haben, welchen Beitrag der eigene Bereich leistet, um markenkernkonform zu handeln. 

Prinzip 3: Den «So wie wir»-Weg finden und halten
Wachstumsstarke Markenführung ist geprägt von Haltung und Kreativität. Sie springt nicht auf jeden Zug auf und macht etwas «so wie andere» – sondern sie entwickelt Lösungen, Produkte, Dienstleistungen, Auftritt, Sprache, Vorgehensweisen, Kundengruppen genau so, wie es zu dieser Marke passt. Das bedeutet nicht, dass man das Rad immer wieder neu erfinden muss, aber es bedeutet, zunächst das Ziel zu fokussieren und dann denn eigenen Weg zu beschreiben. Eine Orientierung am Wettbewerb oder auch an Unternehmen aus ganz anderen Branchen kann sehr gute Impulse geben, Marke sein heisst aber, etwas Eigenes daraus zu machen.

Prinzip 4: Auf die eigenen Kernkompetenzen konzentrieren
Wachstumsstarke Markenführung besinnt sich auf das Wesentliche und wird nicht müde, die eigenen Kernkompetenzen zeitgemäss, nutzen- und kundenorientiert auf den Punkt zu bringen. Sie stellt nicht diverse Leistungen in den Mittelpunkt, sondern genau das, was das Unternehmen extrem gut kann. Sie agiert spitz, nicht stumpf. Hierbei ist nach aussen betrachtet vor allem die Kommunikation gemeint, die eine möglichst scharfe, eindeutige Positionierung begünstigt. 

Prinzip 5: Die Marke nicht überdehnen
Wachstumsstarke Markenführung tendiert dazu, tiefer, konzentrierter und klarer zu werden, und baut keine vermeintlichen Brücken in immer neue Bereiche. Sie macht lieber weniger – dafür konzentrierter – als mehr. Sie beantwortet die Frage, ob eine Idee, eine neue Leistung, eine neue Kategorie, eine neue Kundengruppe oder Nische usw. wirklich zum Markenkern passt, kritisch und klar orientiert am Markenkern. Sie achtet auf die eigene Kontur und verspielt kein Vertrauen in anderen Kategorien.

In Krisenzeiten den Kompass verloren
Es wird sich zu wenig die Frage gestellt, ob Themen tatsächlich zur Marke passen. Andersherum werden Entscheidungen zu lange nicht getroffen, die augenscheinlich sehr gut zur Marke passen. Woran kann das liegen? Beide Phänomene haben sich unserer Erfahrung nach in den vergangenen Monaten, in denen vieles infrage gestellt und unser privater wie auch unternehmerischer Alltag aufgrund der weltweiten Pandemie deutlich durcheinandergebracht wurde, noch verstärkt. Die Orientierungslosigkeit hat zugenommen, planvolles Vorgehen wurde durch situatives Handeln ersetzt, und das aus Markensicht absurde dabei: Viele Unternehmen haben auf andere geschaut, die in der gleichen neuen Situation waren, und nicht bei sich, bei ihrer Marke, nach Lösungen und Ansätzen gesucht. Sie haben übernommen, was andere tun, sie haben sich vom eigenen Weg entfernt, sie haben ihren Markenkern nicht als Kom­pass genutzt. Dafür waren «alle für den Konsumenten da», jeder hat nun einen Online-Shop, unterstützt den «Local Dealer» und bietet Homeoffice. Wir konnten mehr Gleichheit anstelle von Differenzierung beobachten. Zusätzlich war vieles neu zu organisieren, Abläufe, Lieferketten und Bezugsquellen oder Verkaufspunkte waren nicht mehr verfügbar, und Entscheidungen zu neuen Produkten, Nischen, die sich aufgetan haben, anderen Anwendungszwecken und damit auch strategisch neu zu erreichenden Zielgruppen wurden eher langsamer als schneller getroffen. Hier konnten wir ein höheres Bedürfnis nach Sicherheit, zum Beispiel anhand des Wunsches nach mehr Marktdaten, der Gewissheit, dass ein Trend auch bleibt, und tieferen Analysen beobachten und weniger Zutrauen in Kernkompetenzen und die eigene Markenstärke. Beide Ausprägungen bieten die Gefahr, die Marke zu schwächen und zu verwässern und Unstimmigkeiten in der Markenführung zu erzeugen, was stets etwas ist, das erst zeitversetzt spürbar wird und einen langfristig negativen Effekt auf die Markenbildung haben kann. Lassen Sie sich nicht beirren. Bei einer grossen Mehrheit unserer Klienten haben sich die strategischen Ziele nicht oder kaum verändert, der Weg dorthin muss jedoch teilweise neu gedacht werden, und dabei ist Ihnen die Marke ein zentrales Vehikel für Wachstum.

Fazit
Arbeiten Sie gezielt an den fünf Prinzipien. Verfügen Sie im Unternehmen über einen definierten und aktuellen Markenkern? Wann haben Sie diesen zuletzt im Management-Team diskutiert und analysiert? Ist Ihr strategischer Marken-Kompass noch aktuell und überall im Einsatz? Und ist er im gesamten Unternehmen bekannt? Wenn Sie diesen Beitrag an einem Wochentag lesen, fragen Sie doch einmal jedes Teammitglied, das Sie heute noch im Büro oder in einer Videokonferenz treffen, für was genau Ihre Marke steht in einem Wort. Werden Sie hellhörig bei Begründungen wie «Das machen xyz jetzt auch so» und kehren Sie das Argument um: «Bestens, dann werden wir es genau nicht so tun.» Sprechen Sie darüber, wofür Sie Spezialist sind, was Ihr Unternehmen besonders gut kann und wo die echten Kernkompetenzen liegen. Diese können durchaus aus einer Kombination an Know-how und Fähigkeiten bestehen. Analysieren Sie aus­serdem Ihre Marken-Welt. Welche Leistungen und Produkte liegen sehr nah am Markenkern, welche weiter ausserhalb? Es wird eine Art Sonnensystem oder Universum um den Markenkern herum entstehen, über das sich trefflich diskutieren lässt und das als Instrument bei Innovations-Meetings sehr hilfreich sein kann, um zu entscheiden, wie nah oder fern eine neue Idee tatsächlich liegt und ob die Gefahr besteht, die Marke möglicherweise zu überdehnen. Mit dem Fokus auf die fünf Prinzipien wachstumsstarker Markenführung schlagen Sie einen langfristig erfolgreichen Kurs ein, der Ihnen dabei helfen wird, Energien zu bündeln und mit einer klareren Kontur sichtbar zu werden. 

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