In vielen Unternehmen laufen heute mehrere strategische Projekte parallel, die sich überlappen und wechselseitig beeinflussen. Also müssen die Projekte koordiniert werden. Das haben die Entscheider in fast allen Unternehmen bereits vor Jahren erkannt. Deshalb etablierten sie in ihrer Organisation ein Projektmanagementsystem, das Fragen beantwortet wie:
- Was ist überhaupt ein Projekt (und was nur eine Sonderaufgabe)?
- Wie sollten Projekte geplant, durchgeführt und gesteuert werden? Und:
- Welche Instrumente werden hierfür genutzt?
Ausserdem hat sich das Ausbilden der Mitarbeiter im Bereich Projektmanagement, vor allem bei grösseren Unternehmen, zu einem festen Bestandteil der betrieblichen Weiterbildung entwickelt.
Also könnte man annehmen: Das Managen von Projekten bereitet den Unternehmen keine Schwierigkeiten. Schliesslich existieren die nötigen Strukturen und die Mitarbeiter haben das nötige Know-how. In der Unternehmenspraxis werden die verschiedenen Ziele der Projekte aber oftmals nur zum Teil erreicht. Das belegen zahlreiche Studien.
Und noch häufiger werden die Ziele zwar auf dem Papier erreicht – doch nur zu dem Preis, dass Folgeprobleme in Kauf genommen werden. Etwa, weil das Projektteam ab irgendeinem Zeitpunkt nur noch nach der Maxime agiert: Wir müssen, koste es, was es wolle, den gesteckten Zeit- und Kostenrahmen einhalten (sonst werden wir sanktioniert). Das bedeutet: Qualitätsmängel werden bewusst akzeptiert.
Fehlbesetzungen
Eine Ursache hierfür ist: In vielen Unternehmen besteht zwar ein Konsens darüber, dass in den grossen Changeprojekten die Basis für den künftigen Erfolg gelegt wird. Bei der Entscheidung, wer die Verantwortung für die Projekte übernimmt, fällt die Wahl aber oft auf Mitarbeiter, die zwar ein grosses (Entwicklungs-)Potenzial haben, jedoch noch keine gereiften Führungskräfte und Projektmanager mit starkem Rückgrat und einer festen Verankerung in der Organisation sind.
Die Projekte werden also so besetzt, dass sie für die Projektleiter eine Chance sind, sich zu bewähren. Nur selten wird ihre Leitung einem mit allen Wassern gewaschenen Projektmanagement-Profi übertragen. Hieraus ergeben sich Folgeprobleme – zum Beispiel, weil die Youngsters von den Bereichsleitern und Spezialisten nicht als gleichrangige Gesprächspartner akzeptiert werden. Oft sehen die «Bereichsfürsten» in den empor strebenden Projektmanagern auch Konkurrenten. Sie versuchen, diese kleinzuhalten.
Ein weiterer Nachteil eines solchen Vorgehens ist: Wenn die jungen «Stars» ein, zwei Grossprojekte erfolgreich gemanagt haben, erwarten sie die (zumindest zwischen den Zeilen) versprochene Belohnung: eine exponierte Führungsposition in der Linie, da diese meist besser dotiert und mit einem höheren Ansehen verbunden ist. Das bedeutet: Die nun erfahrenen Projektmanager stehen als Leiter von Grossprojekten nicht mehr zur Verfügung. An ihre Stelle treten erneut unerfahrene Projektmanager, die oft dieselben Fehler wie ihre Vorgänger begehen.
Führungserfahrung notwendig
Ein weiterer Knackpunkt ist: Das Leiten von Projekten wird in vielen Unternehmen primär als Management- und weniger als Führungs- oder gar Leadership-Aufgabe betrachtet. Dabei kommen reine Macher beim Planen und Durchführen grösserer Projekte meist nicht weit. Denn aus ihnen erwachsen meist viele Veränderungen in der Organisation. Entsprechend skeptisch und abwartend stehen die Mitarbeiter den Projekten anfangs gegenüber. Und sei es nur aus Angst, dass bestimmte Arbeitsroutinen hinfällig werden.
Deshalb müssen Projektmanager für die geplanten Veränderungen werben. Und zwar primär dadurch, dass sie die Betroffenen so früh und umfassend wie möglich über die Ziele des Projekts und dessen Verlauf informieren; ausserdem, indem sie die Betroffenen, so weit möglich, in das Projekt integrieren. Diese Aufgabe überfordert viele Projektmanager – auch weil sie zumeist keine erfahrenen Führungskräfte sind. Hinzukommt: Der Fokus der meisten Projektmanagement-Ausbildungen liegt auf den harten Erfolgsfaktoren. In ihnen lernen die Teilnehmer zwar «Wie erstelle ich einen Projektplan?» und «Wie kontrolliere ich, ob die Zeit- und Kostenpläne eingehalten werden?».