Seit Jahren kannten die Transportpreise nur eine Richtung: bergauf. Getrieben von einem fast zehnjährigen Aufschwung und gekennzeichnet durch Fahrermangel, Mautausweitung und zunehmende Regulatorik, hatten verladenden Unternehmen regelmässige Preiserhöhungen zu akzeptieren. Das ändert sich jetzt - und nicht erst seit Corona: Schon in 2019 hat die Fahrleistung in den meisten Monaten abgenommen.
Mit der Corona-Krise kommt nun ein deutlicher Einbruch der Fahrleistung hinzu. Die Grundlage der Vereinbarung sollte sein: Konditionen gegen Auslastung. Es geht explizit nicht darum, eine Notsituation auszunutzen, sondern mit zusätzlichen Volumina den Transportdienstleistern zu ermöglichen, den Betrieb weiterzuführen und dabei bessere Konditionen zu erzielen.
Der Rückgang betrifft dabei insbesondere ungekühlte Full Truck Loads (FTL) und Less Than Truckloads (LTL) sowie Stückgut. Gleichzeitig sind bestimmte Verlader wie die Automobilindustrie oder die chemische Industrie deutlich stärker betroffen als zum Beispiel die Lebensmittelindustrie oder der Lebensmitteleinzelhandel. Transporteure in den stark betroffenen Branchen sind daher daran interessiert, zusätzliche Transportvolumina aus anderen Branchen zu akquirieren, um ein Mindestmass an Auslastung sicherzustellen.
Schnell sein
Wenn man sich als Auftraggeber die aktuell günstigen Konditionen sichern möchte, gilt es schnell zu sein, und das aus zwei Gründen: Zum einen wird es aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten Monaten zu einer wie auch immer aussehenden Normalisierung des Wirtschaftsgeschehens kommen, so dass das Interesse der Transportdienstleister an zusätzlichen Volumina abnehmen wird. Zum anderen werden Transportdienstleister die angestrebten günstigen Konditionen voraussichtlich nur für eine begrenzte Anzahl an zusätzlichen Kunden offerieren, um nach dem Wiederanspringen der Wirtschaft auch noch Volumina zu höheren Konditionen vermarkten zu können. Im Ergebnis gilt: Der frühe Vogel fängt den Wurm!
Verschiedene Branchen sind sehr unterschiedlich von der aktuellen Krise betroffen. Als Auftraggeber sollte man daher gezielt Transportdienstleister ansprechen, die ihren Kundenschwerpunkt in den stärker betroffenen Branchen haben und die man unter normalen Umständen ggf. nicht in eine Ausschreibung einbezogen hätte.
Anforderungen beschreiben
Branchenfremde Transportdienstleister kennen typischerweise nicht alle Anforderungen des verladenden Unternehmens im Detail. Um sicherzustellen, dass später im operativen Prozess alles reibungsfrei läuft und keine Preisaufschläge für bestimmte Faktoren gefordert werden, ist ein zweistufiger Prozess erforderlich: Zunächst sind alle Anforderungen an die neuen Transportdienstleister im Rahmen einer Ausschreibungsunterlage beziehungsweise eines Pflichtenheftes genau zu spezifizieren. Auch jene Anforderungen, die langjährige Hofspediteure vielleicht als selbstverständlich ansehen.
Im zweiten Schritt sind eingegangene Angebote umfassend dahingehend zu plausibilisieren, ob alle Anforderungen richtig verstanden wurden. Idealerweise geschieht das vor Ort beim potenziellen neuen Transportdienstleister, so dass alle relevanten Abteilungen wie Disposition, IT etc. direkt befragt werden können.
Den optimalen Mix definieren
Vor einer Vergabe an branchenfremde Transportunternehmer ist zu prüfen, welches Volumen überhaupt in Frage kommt. Um das Risiko anfänglich schwankender Lieferperformance zu begrenzen, ist in jedem Fall eine Hochlaufphase angeraten. Hinzu kommt, dass langfristige Partner wie die Hausspediteure auch gehalten werden sollen und dass daher auch nach der Hochlaufphase nur ein Teil des Volumens an neue Dienstleister vergeben werden kann.
Die Grundlage der Vereinbarung sollte sein: Konditionen gegen Auslastung. Es geht explizit nicht darum, eine Notsituation auszunutzen (siehe Punkt 6), sondern mit zusätzlichen Volumina den Transportdienstleistern zu ermöglichen, den Betrieb weiterzuführen. Gleichzeitig geht der Verlader mit der Beauftragung unternehmens- und branchenfremder Unternehmen auch ein Risiko ein, das in attraktiven Konditionen reflektiert sein sollte. Um dieses Projekt für beide Seiten attraktiv zu gestalten, sollten dann Auslastung und Konditionen zumindest mit einem mittelfristigen zeitlichen Horizont abgeschlossen werden.