Kein Bewerbungsgespräch gleicht dem anderen. Selbst dann nicht, wenn es um dieselbe zu besetzende Stelle geht. Die grosse Unbekannte ist der Kandidat. Ganz gleich, wie viele Fragen sich der Unternehmer oder Personalverantwortliche im Vorfeld überlegt hat und wie der Ablauf geplant ist – erst durch den Kandidaten wird das Bewerbungsgespräch zu dem, was es ist – ein Kennenlernen auf Augenhöhe. Jedes Unternehmen setzt dabei andere Massstäbe.
Gute Vorbereitung notwendig
Die Individualität der Stelle sowie der Person müssen berücksichtigt werden. Und zwar von der Mitarbeiterin am Empfang, der Bürokraft für die Buchhaltung über den Vertriebsleiter bis zum möglichen Geschäftspartner oder einem zukünftigen Nachfolger. Hinzu kommt, dass jeder Interviewer seinen individuellen Stil pflegt. Ist es dem einen wichtig, dem Kandidaten gleich die Anspannung zu nehmen, wird er zu Gesprächsbeginn einen hohen Redeanteil einnehmen. Anderen hingegen ist der Umgang des Bewerbers mit herausfordernden Situationen wichtig, sodass dieser unmittelbar mit seiner persönlichen Vorstellung beginnen und ins kalte Wasser springen darf. Letztlich gilt: Nicht für jede Stelle wird der gleiche Aufwand betrieben.
Dennoch sind gewisse Überlegungen für jedes Bewerbungsgespräch unabdingbar. Die Struktur und die Fragen müssen in Bezug auf die zu besetzende Stelle für alle Bewerber gleich und damit vergleichbar sein und das heisst: Am Ende mehrerer Gespräche muss eine Auswertung erfolgen können. Und so banal es klingen mag: Je besser die Vorbereitung, desto besser das Gesprächsergebnis.
Warum das so ist? Weil sich der Fragensteller umso stärker auf das Verhalten des Kandidaten und die Gesprächsführung konzentrieren kann, je detaillierter die organisatorischen Dinge geplant sind. Zeitplanung, Ortswahl, Gesprächspartner, Raumausstattung, Sitzordnung – Unklarheiten oder Flüchtigkeitsfehler behindern die umfängliche Konzentration auf den Menschen hinter dem Bewerber.
Fragetechnik entwickeln
«Wer fragt, der führt!» ist eine der vielen Redewendungen rund um das Thema Fragen. Und gleichzeitig eine exzellente Wahrheit für die Vorbereitung auf jedes Bewerbungsgespräch, denn der Weg dorthin erfolgt über eine exzellente Fragetechnik. Werden die falschen Fragen zum falschen Zeitpunkt gestellt, kann ein Gespräch auch erfolgreich in den Sand gesetzt werden. Im Sand wird das Bewerbungsgespräch ebenso verlaufen, wenn die typischen Fragen aus dem nächstbesten Bewerbungsratgeber gestellt werden. Die Fülle an Hilfestellungen für Bewerber führt dazu, dass sich viele hinter den vorgefertigten Antworten verstecken. Und schon entgeht dem Fragesteller das Wichtigste: die tatsächliche Persönlichkeit des Kandidaten. Dieser echten Persönlichkeit kommt nur derjenige auf die Spur, der bereit ist, das Bewerbungsgespräch mit einer exzellenten Fragetechnik auszustatten. Folgende Tipps helfen dabei:
Verschiedene Fragetypen verwenden
Nur bei Verwendung verschiedener Fragetypen bekommen Sie einen fundierten Eindruck vom Kandidaten und können neben dem Wissen auch die Verhaltenskompetenz und Persönlichkeit einschätzen.
Wohlwollend fragen
Gehen Sie wertschätzend in das Gespräch und freuen Sie sich auf einen Austausch auf Augenhöhe.
Mehr offene als geschlossene Fragen stellen
Offene Fragen animieren Ihren Kandidaten zum Reden und engen ihn in seiner Antwort nicht ein.
Dem Bewerber Zeit zum Nachdenken und Antworten geben
Gerade bei unerwarteten Fragen oder solchen, die mit Sicherheit nicht in einem Internetratgeber gefunden werden, dürfen Sie Ihrem Gegenüber Zeit geben und gespannt sein auf eine ehrliche Antwort.
Nachfragen
Hören Sie genau zu und gehen Sie auf die Antworten Ihres Kandidaten ein, bei welchen noch Unklarheiten bestehen.
Bewusst auch Phasen des «Nicht-Fragens» einbauen
Fragen können auch in eine falsche Richtung führen. Vor allem dann, wenn Sie zu wenig zuhören. Achten Sie auf die Sprechpausen des Kandidaten und stellen Sie nicht sofort die nächste Frage. Oftmals kann das Nicht-Fragen wichtiger sein als das Fragen.
Fragen für den Themenwechsel verwenden
Fragen erleichtern es uns, ein Gespräch zu führen und damit gezielt zu lenken.
So können Themenbereiche einfach gewechselt werden. Wenn Sie nach einer Frage zur Ausbildung die Gründe zur
Entscheidung dafür abfragen, wechseln Sie fast unbemerkt vom Themenkomplex Biografie in den Bereich der Motivation.
Den Inhalt der Fragen entlang des Kompetenzprofils entwickeln
Die intensive Vorbereitung der erforderlichen Kompetenzen für die zu besetzende Stelle zahlt sich aus, wenn Sie diese als Basis für Ihre Fragen verwenden, denn: Für jede Kompetenz können erfolgskritische Verhaltensweisen definiert werden, die wiederum in konkrete Fragen umgesetzt werden können.