Strategie & Management

Mitarbeiterführung

Erfolgsfaktoren standortunabhängiger Führung

Internationalisierung, dezentrale Standorte, neue Arbeitsformen wie Home Office sowie Technologisierung und Kosteneinsparungen führen immer mehr dazu, dass Mitarbeitende des gleichen Teams oder Bereichs an unterschiedlichen Standorten tätig sind. Damit standortunabhängige virtuelle Führung gut funktioniert, sind einige Aspekte zu beachten.
PDF Kaufen

Die grosse Herausforderung der ortsunabhängigen Führung besteht darin, mit und unter den Teammitgliedern trotz der herrschenden Distanz ein Gefühl der Nähe und des Miteinanders zu  erreichen. Entscheidende Erfolgsfaktoren sind eine Kultur des Vertrauens, klar definierte und verstandene Ziele sowie Kommunikationsfähigkeit, Medienkompetenz und ein hoher Grad an Selbstorganisation.

Vertrauen schaffen

Der offensichtlichste Unterschied zwischen der direkten Zusammenarbeit und der virtuellen Führung ist die Art der Kommunikation und die fehlende Nähe. Daher ist bei der Führung auf Distanz die Beziehung zwischen den Mitarbeitenden und dem Vorgesetzten, gerade wegen der örtlichen Trennung, noch wichtiger. Durch eine gute Beziehung kann Vertrauen geschaffen werden. Stimmt die Beziehungsebene nicht, wird sich der Mitarbeitende isoliert und unsicher fühlen. Fehlendes Vertrauen verschärft die  Kommunikationsprobleme. Der Informationsfluss gerät ins Stocken und die Gefahr von Fehlinterpretationen und Fehlleistungen ist viel höher. Die Bereitschaft, bei Unklarheiten das direkte Gespräch zu suchen sinkt. Deshalb ist es wichtig, dass sich der Vorgesetzte bewusst um eine persönliche Beziehung mit seinen Mitarbeitenden, die nicht am selben Standort sind, bemüht und diese  nicht vernachlässigt, nach dem Motto: «Aus den Augen, aus dem Sinn.»

Vorgesetzte müssen ihren Mitarbeitenden vertrauen, dass diese ihre Arbeit auch dann verrichten, wenn sie sich nicht sehen. Sie müssen ihnen zutrauen, dass sie innerhalb ihrer Kompetenzen die richtigen Entscheidungen treffen und bei Unklarheiten rechtzeitig nachfragen bzw. informieren. Ist dieses Vertrauen nicht vorhanden, werden Vorgesetzte versuchen, via Kontrollen Sicherheit zu gewinnen. Dies schafft dann genau, was man nicht will, nämlich Misstrauen.

Anforderungen

Führungspersonen können dieses Vertrauen stärken sowie pflegen, indem sie immer wieder Präsenztreffen vereinba-ren und organisieren. Damit ein Vertrauensaufbau überhaupt möglich wird, ist es geradezu ein Muss, möglichst wöchentlich im Kontakt mit den Mitarbeitenden zu sein, für klare Zusammenarbeits-Regeln und deren Einhaltung zu sorgen, jegliche Möglichkeiten für soziale Kommunikation zu ermöglichen und Unterstützung in der virtuellen Arbeitswelt zu geben.

Damit die Führung auf Distanz gelingt, stellen sich drei Anforderungen an alle Beteiligten: Kommunikationsfähigkeit, Medienkompetenz und ein hoher Grad an Selbstorganisation. Im Speziellen geht es dabei um den Aufbau und Erhalt von vertrauensvollen Beziehungen, die Klarheit von Rollen, Verantwortlichkeiten, Prozessen und Werkzeugen, ein gemeinsames Verständnis der Zusammenarbeit, der Spielregeln und Normen, um die Transparenz der Fähigkeiten und Zuständigkeiten und die Klarheit von Zielen, Aufgaben und Prioritäten.

Bei länderübergreifender Zusammenarbeit kommen der Einbezug der kulturellen Vielfalt und Unterschiede sowie einer einheitlichen Arbeits-Sprache eine besondere Bedeutung zu. Es geht also um die Entwicklung interkultureller Team­fähigkeit sowie um den Aufbau des Verständnisses zwischen Partnern für die unterschiedlichen Kulturen der Team­mitglieder. Des Weiteren sind die unterschiedlichen Sprachfähigkeiten zu beachten und zu gewichten. Einzelne Teammitglieder sind ganz bewusst in ihrer Sprachkompetenz zu fordern und zu fördern. Je höher die Kommunikationsfähigkeit des Einzelnen ist, umso weniger entstehen Fehlleistungen, Konflikte und Missverständnisse aufgrund von Verständigungsproblemen.

Regeln für die Zusammenarbeit

Für erfolgreiche, standortunabhängige Führung ist bei deren Beginn ein Kick-off Meeting unerlässlich. Es muss die Möglichkeit geboten werden, sich persönlich zu treffen und näher kennenzulernen. Dies hilft beim Finden von Gemeinsamkeiten und dem Aufbau eines Wir-Gefühls und von Vertrauen und Akzeptanz. Zudem sollen und können an diesem Anlass die Kommunikationsgrundsätze und -regeln sowie die Art und Weise der virtuellen Zusammenarbeit besprochen und erarbeitet werden. Auch die Aufgaben, Ziele und Prioritäten des Teams müssen zwingender Inhalt des Meetings sein.

Für eine funktionierende Zusammenarbeit müssen eindeutige Regeln festgelegt und auch eingehalten werden. Es betrifft dies Vereinbarungen darüber, wie oft und wo Treffen stattfinden, wie Entscheidungen getroffen werden, auf welche Art und Weise Feedback und wie der Umgang mit Kritik erfolgen soll. Empfehlenswert ist auch die Abmachung darüber, wie  Verletzungen von Absprachen geahndet werden und in welcher Form die Mitarbeitenden von der Führungskraft und auch gegenseitig Unterstützung verlangen und erhalten sollen.

Die richtige Auswahl und Nutzung von geeigneten Kommunikationsmedien ist eine Kernkompetenz, die eine Führungskraft bei Führung auf Distanz braucht. Gerade die Auswahl des richtigen Me­diums kann die Risiken der medienvermittelten Kommunikation stark minimieren. Da Kommunikation den Arbeitsalltag am meisten prägt, ist es von hohem Wert, verbindliche Regeln auszuarbeiten, wie miteinander kommuniziert werden soll.

Jedes Team muss seine eigene Kommunikationsstrategie (wann, Mittel, Form), die geeigneten Tools sowie Kommunikations- und Teamregeln vereinbaren. Ein wichtiges Augenmerk soll dabei auf der Medienkompetenz jedes Einzelnen gerichtet sein. Dabei geht es um die technische Beherrschung der gewählten Anwendungen, die Sensibilität für die Eigenlogik der Medien, die Sicherheit der Medienwahl und ein angemessenes Medienverhalten. Trotzdem lautet die Erfolgsformel auch für standortunabhängige Teams «90 Prozent Mensch und zehn Prozent Technologie».

Kommunikations-Werkzeuge

Die richtige Wahl der geeigneten Kommunikationsmittel ist von entscheidender Bedeutung. Bei deren Bestimmung ist die jeweilige Kombination zwischen Zeit und Ort zu beachten. Je nach Gleichzeitigkeit oder Verschiedenheit von Zeit und Ort bei der Kommunikation sind unterschiedliche Formen sinnvoll. Dabei ist eine funktionierende und aktuelle IT-Infrastruktur eine wesentliche Grundvoraussetzung.

Da der E-Mail-Verkehr heute einen Grossteil der schriftlichen Kommunikation ausmacht, sollte für diesen spezifische Vereinbarungen getroffen werden. Und diese sollen folgende Themen regeln: Erwartete Antwortzeiten, Erwartungen an den Empfänger im CC, wer wird wann und weshalb ins CC genommen, maximaler Umfang, Umgang mit der Begrüs­sungs- und Abschiedsformel sowie die effektive Nutzung der Betreffzeile. Bei Unklarheiten und bei Konfliktsituationen, die durch ein Mail entstanden sind, sollte nicht per Mail geantwortet werden. In diesem Fall ist in jedem Fall ein persönliches oder zumindest telefonisches Gespräch zu suchen.

Porträt