Strategie & Management

Mitarbeiterentwicklung

E-Learning und Blended Learning - Weiterbildung in Krisenzeiten

In den meisten Unternehmen hatten die Corona-Massnahmen Weiterbildungsaktivitäten zum Erliegen gebracht. Wer seine internen Aus- und Weiterbildungsstrukturen bereits auf Blended Learning oder reines E-Learning umgestellt hatte, konnte dagegen die Mitarbeiterentwicklung nahezu reibungslos fortführen. Ein Beispiel.

Während des ersten Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020 mussten viele Unternehmen ihre Aus- und Weiterbildung aussetzen oder drastisch zurückfahren. Fast immer waren es klassische Präsenzkonzepte, die wegen des Infektionsrisikos nicht mehr stattfinden konnten. Gerade Branchen, deren Produkte und Dienstleistungen häufig Änderungen unterworfen waren, standen damit nicht nur vor der Schwierigkeit, ihren Mitarbeitern keine Möglichkeiten zur Personalentwicklung mehr anbieten zu können. Sie waren auch nicht mehr in der Lage, jene Schulungen durchzuführen, die für den reibungslosen Ablauf ihres Tagesgeschäfts nötig waren, beispielsweise für Produktaktualisierungen.

Digitales Lernen

Unternehmen dagegen, die ihre internen Aus- und Weiterbildungsstrukturen bereits auf Blended Learning (einander ergänzendes Präsenzlernen und E-Learning) oder reines E-Learning umgestellt hatten, konnten ihre Bildungstätigkeit nahezu komplett aufrechterhalten und waren dank dieser Kompetenzsicherung ihrer Mitarbeiter auch an anderer Stelle krisenfester. Ein Beispiel dafür ist die Württembergische Gemeinde-Versicherung (WGV).

Um eine schnellere «Time to Competence» und «Time to Market» zu erreichen sowie um den Mitarbeitern ein gleichzeitig zeitgemässes und zukunftssicheres Lernen zu ermöglichen, hatte die WGV sich bereits 2015 an Cornelsen E-Cademy & Inside gewandt, einen Anbieter von digitalen Lösungen für die betriebliche Bildung. Mit deren Autorentool «E-Author», das keinerlei Programmierkenntnisse voraussetzt, erstellte die WGV in kurzer Zeit selbst eigene multimediale und interaktive Lernmedien.

Diese Inhouse-Lösung sparte nicht nur Kosten, sondern auch Zeit, da langwierige Abstimmungsprozesse mit externen Dienstleistern entfielen. Parallel standen die E-Learning-Experten von Cornelsen E-Cademy & Inside bei konzeptuellen und technischen Fragen jederzeit zur Verfügung.

Der Entwicklungsprozess

Im ersten Schritt richtete sich das Blended-Learning-Konzept der WGV nur an Mitarbeiter des Kundenservice. Hier war es besonders wichtig, aktuelle Informationen schnell verfügbar zu haben und für komplexe Inhalte zugleich den analogen Kontakt zu Trainern zu ermöglichen. Konkret sollten die Mitarbeiter durch das Blended Learning eine komplett einheitliche und stets aktuelle Qualifizierung erhalten, indem sie in die Lage versetzt wurden,

  • «on demand» zu lernen – also schnell und bei Bedarf nachzuschlagen, was gerade benötigt wird,
  • zeit- und ortsunabhängig zu lernen,
  • im eigenen Lerntempo zu lernen, Fehler machen zu dürfen und letztlich
  • ihre aaTime to Competence» und die «Time to Market» zu reduzieren.

Auf Basis der Vorlagen (Templates) des Autorentools «E-Author» entwickelte die WGV entsprechende Lernmedien. Klassische Texte und Fotos ergänzen hierbei Grafiken, Animationen, Audio- und Videodateien, Web Based Trainings sowie Übungen und Lernerfolgskontrollen mit einer Vielzahl an Aufgabentypen.

Die Umsetzung war so erfolgreich, dass das siebenköpfige Autorenteam der WGV ihre Lernwelt rasch erweiterte. Bald profitierte neben dem Kundenservice auch der Innendienst von den Möglichkeiten des digitalen Lernens, beispielsweise durch Online-Begrüssungs- und Vorstellungsrunden, IT- Einführungen sowie Produkt- und Softwareschulungen. Als dann die Corona-Pandemie begann, war die WGV innerhalb von zehn Tagen in der Lage, ihre Aus- und Weiterbildung komplett auf digitales Lernen umzustellen. Die Weiterqualifizierung der Mitarbeiter musste keinen einzigen Tag ausfallen.

Einfaches Krisenmanagement

Diese Flexibilität im Bildungssystem erleichterte auch andere pandemiebedingte Umstellungen. Durch die umfassende Lernwelt existierte der Digital Workspace bereits zu grossen Teilen und musste nur um Elemente ergänzt werden. Selbst dabei halfen E-Learning-Instrumente: Beispielsweise entwickelte das Autorenteam ein Seminarprogramm über die richtige Konzeption und Moderation digitaler Workshops.

Auch während des folgenden zweiten Lockdowns, der wieder teilweise Remote-Arbeit nötig machte, lief das digitale Lernen weiter. Der hohe Grad an Interaktivität und die Vielfalt der Medienformate trugen dazu bei, dass die gemeinsame Arbeitskultur selbst dezentral erhalten blieb. Besonders digitale Events halfen, den fortgesetzten Zusammenhalt zu sichern. Beispielsweise konnten alle Mitarbeiter via Liveübertragung auf ihre Homeoffice-Bildschirme an der Eröffnung der neuen Räumlichkeiten der WGV Akademie im September 2021 teilnehmen und sich anschliessend selbst in einem virtuellen 360-Grad-Rundgang durch die WGV Akademie manövrieren.

Erkenntnisse und neue Ideen

Aus dieser positiven Erfahrung heraus entwickelt das Autorenteam der WGV ein Konzept virtueller Führungen für den regulären Onboarding-Prozess. Auch neue Mitarbeiter und Auszubildende werden seither direkt an den digitalen Unterricht gewöhnt. Daher hat die WGV ihre früher vorrangig noch analog tätigen Trainer zu professionell zertifizierten E-Trainern ausbilden lassen. Zur Erweiterung der Medienvielfalt in den Lernmitteln entsteht darüber hinaus ein Lern-Podcast als zusätzliche Informationsquelle rund um die Kundenberatung und neue Tarife.

Diese neuen Entwicklungen verdeutlichen einen äusserst wichtigen Punkt: Das frühzeitige Einführen von E-Learning-Strukturen hat der WGV nicht nur geholfen, schnell und effizient im Ausbildungsbereich auf die Corona-Krise zu reagieren. Es hat auch dazu geführt, dass der Digitalisierungsschub dieser Jahre, den viele Unternehmen für sich verzeichnet haben, hier besonders kräftig und besonders weitreichend sein konnte.

In der Folge arbeitet die WGV an einem ganzheitlichen Konzept, um nicht nur die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter durch digitale Lernmittel, sondern auch deren digitalen Kompetenzen selbst nachhaltig weiterzuentwickeln. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf technologischen Anwendungen, sondern auch auf der Kommunikation, der Verwertung und Bereitstellung von Informationen im Netz, der Content-Produktion und rechtlichen Themen wie Datenschutz, dem Recht am eigenen Bild sowie der Informationssicherheit. Damit geht die zukunftsorientierte Personalentwicklung der WGV in die nächste Runde.

Fazit

Die früh gefällte Entscheidung für eine digitalisierte Bildungsstruktur erlaubte der WGV, Mitarbeiter auch während der Corona-Krise durch einfache Kommunikationswege sowie persönliches Engagement zu binden und fortwährend weiterzuqualifizieren. Heute gehört die WGV zu den Vorreitern einer nicht nur technologisch zeitgemässen, sondern auch kontinuierlich fortentwickelten, nachhaltigen und umfassend angelegten Weiterbildungspraxis. Angesichts immer schnellerer Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, anhaltender Krisen und des grassierenden Fachkräftemangels wird eine solche Praxis künftig noch entscheidender sein, um gerade in KMU leistungsstarke Kompetenz zu bilden und zu halten.

Porträt