Industrie 4.0, Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Big Data. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht mit diesen Begriffen medial bombardiert werden. Im unternehmerischen Kontext stellt sich die Frage nach der Adäquanz für das spezifische, eigene Unternehmen: Was bedeutet «Digitalisierung» für uns? Was muss eigentlich «digitalisiert» werden? Werden wir ersetzbar? Wo sollen wir beginnen? – Oft sind die Fragen so überwältigend, dass erst einmal nichts getan wird, getreu dem Motto: Dieser Kelch wird an uns vorübergehen.
Die schlechte Nachricht: Nein, das wird er nicht. Mitunter wird auch eine mehr oder weniger hektische Aktivität entwickelt und es werden zahlreiche Projekte gestartet, die alle ein wenig in Richtung Digitalisierung gehen, es werden externe Partner einbezogen, es wird an vielen verschiedenen Stellen gebohrt und es wird viel Zeit und Geld eingesetzt. Viel hilft eben viel.
Die nächste schlechte Nachricht: Das stimmt nicht und wenn Digitalisierung ein Feld ist, auf dem im spezifischen Unternehmen noch keine umfassende Kenntnis herrscht, erst recht nicht.
Digitalisierung betrifft alle Branchen
Was aber kann ein mittelständisches Unternehmen nun tun, um sich dem groben Thema «Digitalisierung», einem Thema, dem sich keine Branche verschliessen können wird und auch nicht sollte, zu nähern? Zunächst einmal gilt es, sich zu Gemüte zu führen, was der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger vor Kurzem sagte, indem er betonte, dass «Industrie 4.0» sich als Begriff zwar durchgesetzt habe, es aber tatsächlich um uns alle ginge und der richtigere Begriff daher «Gesellschaft 4.0» wäre. Unbenommen des Begriffs: Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die digitalen Möglichkeiten unser Leben weiter verändern werden, nicht nur unser Geschäft.
So wie die Smartphones unser Leben verändert haben, werden intelligente Algorithmen unser Leben verändern, wir werden über Prognosesysteme verfügen, die wir uns heute noch nicht vorstellen können, Maschinen werden noch intensiver miteinander kommunizieren und sich auch gegenseitig in der Performance verbessern, der in meiner beruflichen Vergangenheit als Informatiker Ende der 1980er-Jahre noch verlachte Begriff der «künstlichen Intelligenz» bekommt eine ganz neue Dimension. Wir werden entscheiden müssen, worüber wir Daten freigeben, und wir werden lernen müssen, diese Sensibilität für diese Datenfreigabe überhaupt zu entwickeln – wer hat zum Beispiel dauerhaft seine Ortungsdienste am Smartphone eingeschaltet? Individuelle Datenfreigabe pur.
Im unternehmerischen Kontext müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass keine – keine (!) – Branche von der Digitalisierung ausgenommen sein wird. Schon heute werden manche redaktionelle Berichte in Zeitungen von Computern quasi-automatisch geschrieben, Rechtsanwaltskanzleien experimentieren erfolgreich mit dem Einsatz von Computern für Arbeiten, die üblicherweise hochbezahlte Anwälte übernommen haben, durch die intelligente Auswertung von Daten entsteht eine immer grössere Auswertungsmöglichkeit für Unternehmen.