Strategie & Management

Unternehmensentwicklung (Teil 1 von 3)

Die Wettbewerbsfähigkeit gezielt stärken

Unternehmen auf der Erfolgsspur zu halten, wird immer anspruchsvoller. Es gilt, den Prozess der Unternehmensentwicklung permanent auf neue Herausforderungen einzustellen. Wie ein Modell beim Durchlaufen der verschiedenen Entwicklungsphasen Orientierungshilfe geben kann, zeigt diese dreiteilige Beitragsserie.
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Die Welt ist für die Unternehmen noch schnelllebiger geworden. Wollen sie auf der Erfolgsspur bleiben, so gilt es, aufmerksam zu bleiben und sich permanent weiter zu entwickeln. Die Herausforderungen im Bereich der Unternehmensstrategie werden für Unternehmen auch in Zukunft bestehen bleiben. Wie eine McKinsey-Studie aufzeigt, hatten über einen Zeitraum von zehn Jahren lediglich 0,8 Prozent der über 1000 untersuchten Firmen ein konstant stärkeres Umsatzwachstum und eine höhere Rendite als der Branchendurchschnitt.

Kleine und mittelständische Unternehmen bilden das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft. Über 80 Prozent der Unternehmen beschäftigen heute weniger als 10 Mitarbeitende und über 65 Prozent aller Beschäftigten sind in einem Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden tätig.

Gerade diese kleinen und mittleren Unternehmen verdienen hinsichtlich der strategischen Ausrichtung eine grosse Aufmerksamkeit. Denn Entwicklungen wie die Globalisierung der Weltwirtschaft, wachsende Konkurrenz oder auch die Entwicklung neuer Technologien haben in den letzten Jahren den Wettbewerbsdruck erheblich erhöht. Die Dynamik des Alltags bedingt infolgedessen für die Unternehmen eine stetige Weiterentwicklung. Es gilt, sich permanent auf die Erfolgsspur auszurichten, und falls eine Flaute oder gar Krise aufkommt, möglichst rasch wieder auf die Erfolgsspur zurückzukehren.

Das Lebenszyklusmodell

Eine Orientierungshilfe beim Durchlaufen der verschiedenen Entwicklungsphasen kann der «Love-Story-Navigator» sein. Das Modell basiert auf dem Lebenszyklus einer Unternehmung und gibt einen strukturierten Prozess vor, der ein systematisches Vorgehen ermöglicht. Der Navigator ist ein umfassendes Modell und beeinflusst dadurch die strategischen Entscheidungen einer Unternehmung – von der Geschäftsidee hin zur Positionierung und Entwicklung eines Angebots, über die Zielgruppenwahl zum (qualitativen) Wachstum bis hin zur Kommunikation. Er unterstützt die Unternehmen zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen (strategischen) Massnahmen und Handlungsempfehlungen. Das Zentrum des Navigators symbolisiert den Kern eines Unternehmens und repräsentiert damit als Herzstück die sogenannten Leadership-Fähigkeiten (siehe Abb.1).  Die fünf wiederkehrenden Phasen symbolisieren den Lebenszyklus einer Unternehmung. Die einzelnen Lebenszyklus-Phasen beinhalten sogenannte Strategietool-Empfehlungen und zeigen dadurch die für die Unternehmen möglichen Entwicklungsschritte und Lösungsansätze auf. Welches Tool dabei in welcher Phase eingesetzt wird, hängt davon ab, in welcher Phase sich das Unternehmen gerade befindet. Das so für die jeweilige Phase anzuwendende Strategietool wurde sorgfältig evaluiert und ausgewählt. Es soll ja für die Unternehmung einen möglichst hohen Wirkungsgrad (Nutzen) erzielen.

1. Phase: Start

Am Anfang der Start-Phase steht die Geschäftsidee. Chancen auf Erfolg haben Geschäftsideen, die ein Kundenbedürfnis befriedigen und damit einen möglichst hohen Kundennutzen generieren. Der entscheidende Schritt, um eine Geschäfts­idee in ein erfolgreiches Unternehmen umzuwandeln, sind sowohl Vision wie auch Strategie. Während die Vision kurz und prägnant beschreibt, wie das Idealbild der Zukunft einer Unternehmung aussieht, bestimmt die Strategie, in welchem Bereich das Unternehmen aktiv ist und wie es sich gegenüber den Mitbewerbern positioniert.

Die Vision

Folgende zwei grundlegende Elemente gelten als Bestandteile einer Vision: Ein Bild von der Zukunft mit einem grossen, «unverschämten» und anspruchsvollen Ziel, das in 10 bis 30 Jahren erreicht werden soll. Der eigentliche Zweck eines Unternehmens sowie die grundlegenden Überzeugungen und Werte; also das, was die Unternehmung substanziell ausmacht, der Wesenskern.

Eine Vision soll die Herzen und Seelen der Menschen erreichen. Oder anders ausgedrückt: Die Orientierung soll dabei immer am Wesenskern der Unternehmung bleiben. Stellvertretend zu dieser Aussage passt ein Zitat von Antoine de Saint-Exupéry, welches sich darauf bezieht, Menschen für ein Vorhaben zu gewinnen, indem man die Vision in den Vordergrund stellt und den Weg (die Strategie) dorthin erst aufzeigt, nachdem die Menschen motiviert und begeistert sind: «Willst du ein Schiff bauen, so rufe nicht Menschen zusammen, um Pläne zu machen, Arbeit zu verteilen, Werkzeug zu holen und Holz zu schlagen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem end­losen Meer. Dann bauen sie das Schiff von alleine.»

Gute Visionen zeichnen sich durch ein lebendiges, konkretes und anschauliches Bild aus, das sich die Mitarbeitenden gut vorstellen können. Die Vision darf durchaus auch mit Hoffnungen und Träumen verbunden sein. Wesentlich ist dabei, dass die Mitarbeitenden dadurch motiviert und begeistert sind. Deshalb stehen denn auch die Bedürfnisse der Kunden und der Mitarbeitenden im Zentrum.

Als ein Beispiel für eine starke Vision von einer grösseren Unternehmung gilt beispielsweise Walt Disney, welche nicht nur die Herstellung von Cartoons bezweckt, sondern «Menschen glücklich machen will». Visionen sind nicht nur etwas für grosse Unternehmen. Oftmals hört man von KMU: «Wir haben andere Sorgen.» Dabei werden oftmals auch dort Visionen und Werte vom Unternehmer vorgelebt. Nur werden diese selten bewusst reflektiert, manchmal sogar missachtet und ihre positive Wirkung infolgedessen gar nicht genutzt. Die Frage, für was ein Unternehmen steht, wird oft erst im Zeitpunkt geklärt, wenn das Bedürfnis besteht, sich gegenüber einer bestimmten Zielgruppe ausdrücken zu wollen oder zu müssen.

Die Strategie

In Bezug auf Unternehmen steht Strategie für das Vorgehen, mit einem Massnahmenplan langfristig Ziele zu erreichen. Der Strategie-Experte Michael E. Porter, der grundlegende Regeln für die Wettbewerbsstrategie aufstellte, bezeichnet Strategie als «eine in sich stimmige Anordnung von Aktivitäten, die ein Unternehmen von seinen Konkurrenten unterscheidet». Strategie soll also die Aktivitäten eines Unternehmens langfristig festlegen und zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Oftmals fehlt es in den KMU an Zeit, sich mit strategischen Fragen auseinanderzusetzen. Oftmals richten sich die Mitarbeitenden am Tagesgeschäft aus. Eine Strategie zu haben, bedeutet jedoch, sich von der Konkurrenz abzuheben oder sich zu unterscheiden. Will eine Unternehmung nicht dem ruinösen Preiskampf ausgesetzt sein, so benötigt sie eine glasklare Strategie. Doch aufgepasst: Die Steigerung der betrieblichen Effizienz führt zu operativer Effektivität, nicht aber zu einer Strategie! Ziel ist nicht, in der gleichen Segelregatta schneller zu sein, sondern eine andere Regatta zu wählen.

Drei Schritte zu einer erfolgreichen Strategie

Strategische (Neu-)Ausrichtung fest­legen: Bei der strategischen (Neu-)Ausrichtung geht es darum, das Leistungsangebot zu definieren und den Wettbewerbsvorteil zu bestimmen. Also die Frage zu klären, mit welchen Produkten / Dienstleistungen wir zukünftig welche Nische (Kundengruppe, geografischen Raum etc.) besetzen und über welche Vertriebskanäle wir diese versorgen wollen. Finanzielle Führung entwickeln: Unternehmen müssen auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet sein. In den Mittelpunkt rückt die Leistung einerseits und der Output andererseits. Es muss feststellbar sein, wie viel Arbeitsleistung (Kosten) ein Produkt /eine Dienstleistung verschlingt und wie viel Ertrag es abwirft. Die finanzielle Führung muss mit unserer strategischen Ausrichtung und unseren Aktivitäten übereinstimmen. Setzen wir unsere Ressourcen für die wirklich relevanten Aktivitäten und Aufgaben ein?

Eine Verzichtsplanung vornehmen (trade-offs): Jede erfolgreiche Strategie benötigt auch eine Verzichtsplanung. Diese zu bestimmen, fällt zwar nicht immer leicht, ist aber zwingend nötig. Denn: Jede strategische Ausrichtung ist nur dann nachhaltig, wenn wir uns auf diese fokussieren und die Ausrichtung nicht verwässern. Sowohl die Vision einer Unternehmung wie auch deren Strategie sind die Grundlage und fundamentaler Bestandteil eines Businessplans, welcher als wesentliche Voraussetzung für ein Erfolg versprechendes Vorhaben steht.

2. Phase: Durchbruch

Die Durchbruchs-Phase ist oftmals unter anderem mit dem Gewinn eines beziehungsweise mehrerer Kundenaufträge gleichzusetzen. Das heisst, der Kunde entscheidet sich für das Angebot des Unternehmens. Mit dem Entscheid für das Angebot bietet sich auch die Gelegenheit, weitere Referenzkunden auf dem Markt zu ergattern und dadurch wiederum neue Kunden zu gewinnen. Die Anzahl der Mitarbeitenden kann somit steigen. Gerade in dieser turbulenten Phase gilt es für den Unternehmer, den Überblick über die verschiedenen Themenbereiche – die sich an der Unternehmensstrategie orientieren – zu behalten. Ein Frühwarnsystem kann in dieser Phase für Entspannung sorgen und den Überblick innerhalb der Unternehmung wesentlich erhöhen.

Das Frühwarnsystem

Frühwarnsysteme gibt es in verschiedenen Bereichen. Das Prinzip ist jedoch jeweils dasselbe und kann deshalb auch im Bereich der Betriebswirtschaft angewendet und auf die eigene Unternehmung angepasst werden. Grundsätzlich verfolgt ein Frühwarnsystem das Ziel, aufkommende zukünftige Gefahren frühzeitig als solche zu erkennen und Gefährdete möglichst schnell darüber zu informieren.

Beispiel: ein Tsunami-Frühwarnsystem. Während im Meer die Messstationen Veränderungen wie Seebeben oder erhöhten Wasserdruck registrieren und via Satellit an zentrale Frühwarnzentralen übertragen, sollen im Bereich der Wirtschaft negative Tendenzen und operationelle Risiken erkannt werden, um so zwar nicht einen Tsunami, aber eine Umsatzminderung, einen Schaden oder gar einen Konkurs abzuwenden. Die Reaktionszeit ist dabei entscheidend, denn «je früher Alarm gegeben wird, desto mehr Zeit bleibt den Menschen zur Flucht» beziehungsweise den Unternehmen zum Handeln.

Die Balanced Scorecard als Führungs- und Steuerungsinstrument

In den 1990er-Jahren entwickelten Kaplan & Norton an der Harvard-Universität ein Kennzahlen- respektive ein Führungsinformationssystem namens Balanced Scorecard (BSC). Dieses Führungsinformationssystem setzt die Wirkfaktoren des Geschäftsmodells eines Unternehmens zueinander in Beziehung und stellt die Interaktionen in der sogenannten Strategiekarte mit den vier klassischen Dimensionen Finanzen, Kunden, Prozesse sowie Mitarbeitende dar. Dieses Konzept ist in der Betriebswirtschaft heute verbreitet. Sie ist eine hervorragende Methode, um ein Unternehmen ganzheitlich und strategiegeleitet zu führen und zu steuern. Dabei wird das Unternehmen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet.

Die Balanced Scorecard (BSC) dient als Bindeglied zwischen der Unternehmensstrategie und ihrer Realisierung bzw. definiert den Handlungsrahmen für die Umsetzung der Strategie. Unabhängig von der Firmengrösse ist sie bei KMU sofort umsetz- und anwendbar. Die BSC erlaubt es, mögliche Fehlentwicklungen zu erkennen und zu korrigieren. Als lebendiges Führungs- und Steuerungsinstrument muss sie regelmässig überdacht und an neue Entwicklungen angepasst werden (mindestens ein Mal im Jahr). Denn schon Kaplan und Norton hatten erkannt: Gute Geschäftsergebnisse beruhen auf Entscheidungen, die in der Regel mehrere Jahre zuvor im Unternehmen gefällt worden sind. Die Kernfrage lautet deshalb: Was müssen wir tun, damit wir auch morgen (nächstes Jahr, in drei Jahren usw.) noch erfolgreich sind?

Die Erfolgstreiber

Viele KMU orientieren sich primär an finanziellen Messgrössen wie Umsatz oder Ebit. Doch diese sagen nichts darüber aus, warum bestimmte Ziele erreicht wurden und andere nicht. Sie bieten damit wenige Anhaltspunkte für proaktive Eingriffe. Es gilt, die Erfolgstreiber wie zum Beispiel die Leistungen der Mitarbeitenden, das Innovationspotenzial, die internen Abläufe oder die Kundenbeziehungen abzubilden sowie messbar zu machen. Dies immer mit dem Fokus für die Erreichung der Gesamtziele der Unternehmung. Dabei stehen die ermittelten Erfolgstreiber straff in Einklang mit der Vision und den strategischen Zielen des Unternehmens.

Eine erste Version der BSC wurde von KPMG zusammen mit Apple in den 1990er-­Jahren entwickelt. Sie fördert und fordert Spitzenleistungen. Zudem kann sie helfen, Mitarbeitende mit mehr Verantwortung auszustatten, damit diese ihre Arbeitsprozesse selbst steuern und ständig nach Verbesserungen streben können.

Die Rolle des Unternehmers

Wie eingangs erwähnt, ist die Welt für Unternehmungen aufgrund der Globalisierung, der Dynamisierung, des Einflusses der Kapitalmärkte oder auch durch Innovationsschübe um einiges schnelllebiger geworden. Viele Unternehmen gehen davon aus, dass das, was bereits in der Vergangenheit Erfolg gebracht hat, auch in der Zukunft am meisten Erfolg verspricht. Dies gilt es jedoch aufmerksam zu beobachten. Es gilt zu versuchen, mögliche (Markt-)Veränderungen zu antizipieren und sich ständig den veränderten Gegebenheiten anzupassen. Für den Unternehmer als Führungsperson gilt es, das Umfeld und das eigene Unternehmen sehr aufmerksam zu beobachten.

Als Basis dazu ist für den Unternehmer die stetige Persönlichkeitsentwicklung von entscheidender Bedeutung. Der Umgang mit sich selbst wird dabei zu einem Schlüsselthema der Zukunft, die Führung der eigenen Person zur Grundlage jedes Führungsverhaltens. Den meisten Unternehmen kann nichts Besseres geschehen, als eine Persönlichkeit an der Spitze zu haben, die für sich selbst Sorge tragen kann und sich damit Gesundheit und Wohlbefinden sichert.

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