Firmen, die sich als Folge der Corona-Krise nun zurückziehen und ausschliesslich mit ihrem Fortbestand während der Ausnahmesituation beschäftigen, überleben diese zwar eventuell. Sie kommen aber nicht gestärkt aus ihr hervor, sondern erweisen sich als schwer beschädigt und schwach. Deshalb profitieren Unternehmen, die die aktuelle Situation als Chance sehen und Massnahmen für den Erfolg nach und sogar während der Krise ergreifen.
Dabei geht es gar nicht einmal so sehr um Grosskonzerne mit ihren nahezu unbegrenzten Mitteln, sondern um Mittelständler mit einer klaren Marktpositionierung. Dazu zählen auch die spezialisierten Produktions- und Servicebetriebe, denen innerhalb weniger Tage der komplette Vertriebsweg eingebrochen ist. Geschäfte sind nicht mehr geöffnet und im oft als Ausweg geltenden Versandhandel räumen Amazon & Co ihre Lagerflächen erst einmal für Güter des täglichen Bedarfs. Doch gerade weil selbst ein Branchenriese wie Amazon nun Prioritäten setzen muss, entstehen Versorgungslücken, die andere mit etwas Geschick füllen können. Wer sich selbst Logistikkapazitäten sichert – zumindest Lagerplatz ist derzeit mehr als ausreichend vorhanden – und nicht zusätzlich von Nachschubengpässen betroffen ist, erweist sich vielleicht als Gewinner in der Krise. Denn es besteht weiter eine Nachfrage nach bestimmten Gütern, die von den üblichen Verdächtigen nur eingeschränkt befriedigt werden kann.
Fünf Hypothesen
Doch eine kurzfristige Anpassung des eigenen Geschäftsmodells reicht längst nicht aus, da sich die Welt gerade in dramatischer Weise verändert. Und davon ist natürlich jede Firma betroffen – egal ob sie online, offline oder über alle Kanäle hinweg verkauft. Deshalb gehören überall sowohl die eigenen Vorgehensweisen als auch die bisher geltenden Prognosen dringend auf den Prüfstand.
Dabei ist es natürlich hilfreich, wenn sich ein klares Ziel erkennen lässt, auf das zugesteuert werden sollte. Hier helfen ein paar hypothetische Annahmen, um den richtigen Kurs nicht zu verlassen.
Hypothese 1: Physische Läden werden immer stärker automatisiert
Dass immer mehr Vorgänge in stationären Geschäften künftig automatisiert werden, gilt als sicher – nur das Ausmass ist unbekannt. Selbst Amazon, das in Seattle kurz vor Beginn der Krise noch seinen ersten komplett kassenlosen Supermarkt eröffnete, setzt dort zumindest vorerst weiter auf Ladenpersonal, um Produkte in die Regale zu räumen und Kundenfragen zu beantworten. Dabei ermöglichen installierte Gewichtssensoren eine ziemlich genaue Überwachung der von den Kunden entnommenen Bestände, so dass die Regale bei entsprechendem Ladenaufbau eigentlich auch automatisiert aus einem Zentrallager eingeräumt werden könnten. Kunden müssten sich dann – abgesehen von den derzeitigen Logistikengpässen – nicht mehr über leere Regale ärgern, weil das Marktpersonal gerade mit dem Nachfüllen nicht hinterherkommt. Wie solche Systeme in der Praxis funktionieren, lässt sich im kleineren Massstab schon bei Apotheken bewundern, die sich Medikamente erst nach der Bestellung in die zur Ausgabe vorgesehenen Fächer legen lassen.
Und auch reine Verkaufsautomaten gewinnen künftig sicher weiter an Bedeutung, zumal die modernen Versionen der Geräte eine immense Warenvielfalt erlauben und dabei durchgängig «geöffnet» sein können. In anderen Ländern ist es bereits ganz normal, sich daraus Obst und Gemüse, Eier, Modeartikel, Smartphones oder frisches Fastfood zu holen. Deutschland zieht langsam nach. So bringt Erntebox beispielsweise frisch von Bauern produzierte Produkte nach München, wo sie an mehreren Automaten erworben werden können. Ihr wahres Potential dürften die Maschinen allerdings auf dem Land entfalten, da sie vergleichsweise kostengünstig die Lücke füllen, die der Niedergang der Tante-Emma-Läden hinterlassen hat.