Das 21. Jahrhundert ist erst wenige Jahre alt, trotzdem erleben wir, wie die unternehmerische Dynamik und Komplexität weiter zugenommen hat. Unternehmen sehen sich heute mit deutlich mehr Anforderungen als vor einigen Jahren konfrontiert. Der Grad an Vernetzung hat spürbar zugenommen. Wie reagieren die Firmen darauf? Meist erhöhen sie die organisatorische Komplexität – die Zahl an Zielen, Planungen, Prozessen, Schnittstellen, Kontrollen – damit das Unternehmen alle Vorgaben erfüllen kann.
Gestalter statt Macher
Aktuelle Studien zeigen, dass dies leider oft ins Hamsterrad führt, zu Überlastung, Überforderung und zum Verlust des Sinnbezugs der Arbeit. Der heute weit verbreitete ergebnisorientierte Führungsstil ist eben an Zahlen und nicht an Personen ausgerichtet.
Moderne Unternehmen sind aber auf den ganzen Menschen angewiesen, auf sein Bestes: Kreativität, Ideenreichtum, Engagement, Schnelligkeit, Kundennähe. Klassisches Management ist allerdings wenig zielführend. Das, was Manager gemeinhin als wichtig bei ihrer Tätigkeit erachten – etwa Ziele vorgeben, Budgets einhalten, Zielerreichung messen, Massnahmen planen und umsetzen, Mitarbeitende führen und anleiten – ist oft nicht das, was wirklich zu Beschleunigung, Eigeninitiative und Innovation beiträgt.
Allerdings macht eine systemischere Sicht darauf, wie ein Unternehmen funktioniert, Führungspersonen Mühe, weil damit eine Rollenveränderung verbunden wäre. Das Bild des Machers, der alle Fäden in seinen Händen hält, ist selbstwertschonend und angenehm. Manager sind ja dafür da, zu bewegen, ein- und durchzugreifen. Eine stärker systemisch geprägte Sicht weist Unternehmensführern eine weniger invasive und indirektere Rolle zu: Danach sind Manager vor allem Gestalter von Rahmenbedingungen, die dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden gute Voraussetzungen vorfinden, um ihren Job zu machen. Unternehmen stellen dynamische Systeme dar, die sich durch Nichtlinearität, Rückkoppelungseffekte und Vernetztheit kennzeichnen lassen. Und während die Psychologie das Dogma der Konditionierung lange überwunden hat, tut man in der Wirtschaft oft noch so, als seien Menschen und Märkte vollkommen rational und direkt steuerbar.
Sieben Prinzipien
Unternehmen lassen sich aber nicht deterministisch lenken. Führung wird in diesem Verständnis zur Selbstdisziplinierung mit dem Ziel, andere mehr entscheiden zu lassen. Eine systemische Sicht setzt auf Komplexitätsreduktion anhand von wenigen zentralen Prinzipien statt «mehr von allem»:
- Intrinsische Motivation
- Vertrauenskultur
- Empowerment
- Kooperationsförderung
- Sinnstiftung
- Diversität
- Wertschätzung
So verstandene Unternehmensführung ist einfach, effektiv und erfreulich. Die nachfolgend kurz umrissenen Prinzipien eines kulturbasierten Managements priorisieren Ziele, im Wissen um die mannigfaltigen Zielkonflikte. Sie definieren Leuchttürme, Orientierungsmarken, an denen sich Management im Wissenszeitalter jenseits der Kurzfristziele ausrichten kann.
Primat der intrinsischen Motivation
Kreativität, Ideenreichtum und Engagement gehören zu den wichtigsten Assets des 21. Jahrhunderts. Menschen haben starke Leistungsmotive. Deren Entfaltung setzt eine uneingeschränkte intrinsische Motivation voraus. Unternehmen können einen Rahmen schaffen, der das innere Feuer lodern lässt und Demotivation nach Kräften vermeidet.
Vertrauenskultur
Vertrauen als Grundhaltung stellt dazu eine wichtige Vorleistung dar. Vertrauen entspringt einem alternativlosen Menschenbild und schafft eine erfreuliche Atmosphäre, in der vieles einfach ist und die deshalb stimuliert.
Empowerment
Autonomie und Mastery sind die stärksten Arbeitsmotivatoren. Erschlossen werden sie durch konsequente Befähigung der Mitarbeitenden und Abbau unnötiger Vorgaben. Das entsprechende Führungsverständnis setzt auf Ermächtigung und Freiheit.
Kooperation fördern
Unternehmen sind Orte der Zusammenarbeit. Menschen verhalten sich reziprok und kooperieren, wenn dies gefördert wird. Kooperationsplattformen statt Konkurrenzarenen entfalten das Potenzial der vielen.
Sinnstiftung
Menschen orientieren sich an einem grösseren Ganzen, den Firmen schaffen können. Sich für etwas Richtiges, Gutes einzusetzen ist ein Wert für sich. Sinnstiftung ist ein Nachhaltigkeitsgenerator für die intrinsische Motivation.
Diversität fördern
Gutes Management darf angesichts sich wandelnder Systemumwelten nicht nur die selbstreferenzielle Systemstabilität im Blick haben. Eine Monokultur führt zur Sortenarmut und macht anfällig für einseitige Bedrohungen. Die bewusste Verbreiterung des Gedankenpools eröffnet neue Problemlösekompetenzen.
Wertschätzung
In vielen Firmen erleben die Mitarbeitenden ein Wertschätzungsdefizit. Unbedingte persönliche Zuwendung rückt den Menschen ins Zentrum, ist Balsam für die Seele und beflügelt.
Nachfolgend wird beispielhaft das erste Prinzip etwas genauer erörtert.