Strategie & Management

Führungssouveränität aufbauen (Teil 1 von 7)

Die Führungskraft als direktiver Anweiser

New Work gestaltet die Arbeitswelt immer komplexer. Das betrifft auch die Persönlichkeit, die Bedürfnisse und Erwartungen der Mitarbeitenden. Um mit dieser Vielfalt konstruktiv umgehen zu können, ist ein differenziertes Führungsverhalten notwendig.
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Hierarchisch, nicht autoritär

Hierarchisches und autoritäres Führen dürfen nicht miteinander verwechselt werden. Der autoritäre Führungsstil leitet sich daraus ab, dass die Führungskraft aufgrund ihrer Position und Machtstellung befugt ist, den Mitarbeitenden zu sagen, wie sie vorzugehen haben. Die Mitarbeitenden folgen den Anweisungen allein deswegen, weil die Top-down-Entscheidungen von einer autoritären Person vorgegeben werden, die über die entsprechende Macht verfügt. Mit dieser Ausrichtung hat hierarchisches Führen wenig zu tun. Dessen Legitimation gründet darauf, dass die hierarchisch gefällte Entscheidung angesichts der Situation und des Kontextes die einzig richtige oder zumindest eine angemessene Option darstellt.

Beim hierarchischen Führungshandeln zeigt die Führungskraft an, wo es langgeht und was zu tun ist, aber – im Unterschied zum autoritären Vorgehen – in einem wohlwollenden und überdies wertschätzenden Sinn. Denn Unternehmen, Abteilung oder Team befindet sich zum Beispiel in einer Gefahrensituation, sodass Diskussionen nicht möglich und nicht erwünscht sind: Es muss sofort gehandelt werden. Meistens folgen die Mitarbeitenden gern, denn sie wissen, dass die Führungskraft in dem Moment angesichts der Rahmenbedingungen und Umstände vorangehen und schnell entscheiden muss.

Auf Augenhöhe

Hilfreich in diesem Zusammenhang ist eine Unterscheidung, die der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick in seinem Buch «Menschliche Kommunikation» (2016, S. 79) vorgenommen hat: «Symmetrische Beziehungen zeichnen sich (…) durch Streben nach Gleichheit und Verminderung von Unterschieden zwischen den Partnern aus, während komplementäre Interaktionen auf sich gegenseitig ergänzenden Unterschiedlichkeiten basieren.» Übertragen auf das ­Führungshandeln heisst das: Beim symmetrisch-hierarchischen Führungsstil ­interagiert die Führungskraft trotz ihrer übergeordneten Position mit den Mit­arbeitenden auf Augenhöhe – auch An­sagen, Anweisungen und Befehle kommuniziert sie respektvoll. 

Sie sieht die Mitarbeitenden nicht als Zahnräder, die gefälligst zu gehorchen haben, sondern als Menschen, die in einer Notfallsituation eine bestimmte Tätigkeit ausfüllen müssen, und zwar umgehend und ohne darüber ausufernd zu diskutieren. Beim asymmetrisch-hierarchischen Führungsansatz hingegen agiert die Führungskraft von «oben herab», mithin herablassend und autoritär.

Stolpersteine 

Erfolgen direktive Anweisungen symmetrisch, sind sie ein zentrales Führungsinstrument, um Mitarbeitende in schwierigen Situationen dazu zu bewegen, das Richtige richtig zu tun. Wichtig ist, Top-down-Entscheidungen eindeutig und unmissverständlich zu formulieren, die Dinge klar beim Namen zu nennen und auf den Punkt zu bringen – aber immer wertschätzend: «Liebe Mitarbeitende, wir haben auf der Führungsetage aus guten Gründen eine Entscheidung getroffen, die wir nun rasch und ohne Wenn und Aber umsetzen müssen, ansonsten ist der Auftrag ge­fährdet. Wir haben keine Zeit, die Entscheidung mit Ihnen durchzusprechen, es geht darum, sofort zu handeln. Lassen Sie uns wie folgt vorgehen…»

Natürlich hat der hierarchische Führungsstil Nachteile. So verhindert er die Ent­stehung einer chancenorientierten Fehlerkultur, tendieren hierarchische Führungsstrukturen doch dazu, Fehler nicht ausreichend zu thematisieren. So kann keine Lernkultur zustande kommen, in denen ein Fehler als Anstoss für einen Verbesserungsprozess verstanden wird. Diese Gefahren bestehen jedoch nur, wenn die Führungskraft über nur diesen einen Führungsstil verfügt, also immer eindimensional hierarchisch vorgeht.

Hierarchisches Führen trainieren

Wie jeder andere Führungsstil auch, verlangt das hierarchische Führen die Aus­bildung spezifischer Kompetenzen. Dazu zählen die Fähigkeiten, Distanz zu den Mitarbeitenden zu wahren und überdies zu kontrollieren, inwiefern Direktiven korrekt ausgeführt werden. Hinzu kommen hierarchisches Fachwissen und vor allem die Beherrschung der respektvoll-direk­tiven Gesprächsführung. Zu empfehlen ist, dass die Führungskraft lernt, selbst ­Befehle wertschätzend und motivierend zu formulieren und auszusprechen. Diese Herausforderung bewältigt sie, indem sie sich möglichst häufig bewusst in Situationen begibt, in denen sie belastende und unangenehme Anweisungen kommunizieren muss. Sie versucht dann, trotzdem ­empathisch vorzugehen, die Entscheidung also unmissverständlich, aber trotzdem motivierend zum Ausdruck zu bringen. 

Zugleich gibt es Umstände, die eine andere Art des Führens notwendig machen. Und darum geht es im zweiten Teil dieser Serie, um das transaktionale Führen: die Führungskraft als Dealmaker.

Porträt