Analysiert man, warum bei Projekten die Ziele nicht erreicht wurden, dann zeigt sich meist: Viele Mitglieder der Organisation spürten schon früh: «Hier läuft etwas schief. Wenn wir nicht aufpassen, fährt das Projekt gegen die Wand.» Doch Konsequenzen wurden hieraus nicht gezogen – aus vielerlei Gründen. Zum Beispiel, weil sich niemand zuständig fühlte. Oder weil niemand sein flaues Gefühl artikulierte. Oder weil Mitarbeiter befürchteten: Wenn ich vorpresche, stehe ich am Pranger. Oder weil schlicht ein Instrument fehlte, das die Abweichungen vom rechten Weg frühzeitig signalisierte. Also bekamen die Verantwortlichen in den Bereichen sowie im Steuerungsteam des Projekts die Fehlentwicklungen nicht rechtzeitig mit. Folglich konnten sie auch nicht gegensteuern. Also wurstelten alle Beteiligten weiter so vor sich hin, als sei alles im Lot. Bis das Scheitern so offensichtlich wurde, dass es nicht mehr verschleiert werden konnte.
Die Stimmung ausloten
«Das kann uns bei der Neustrukturierung unseres Werks auch passieren, wenn wir nicht aufpassen.» Zu dieser Erkenntnis kam Anfang 2014 ein weltweit agierendes Unternehmen, das in einem seiner deutschen, fast tausend Mitarbeiter zählenden Standorte die Prozesse neu strukturieren wollte, um die Profitabilität zu steigern. Denn der Unternehmensführung war bewusst: Das Projekt birgt einen erheblichen Sprengstoff, weil
- mit der Restrukturierung ein Personalabbau von zirka zehn Prozent einhergeht und
- sich aufgrund der Neustrukturierung die Arbeitsbeziehungen und Arbeitsinhalte der Mitarbeiter stark verändern werden.
Deshalb kam die Unternehmensführung überein: Wir brauchen in dem Projekt ein Instrument, um regelmässig auszuloten:
- Wie ist die Stimmung am Standort und in dessen verschiedenen Abteilungen und Bereichen?
- Inwieweit verändert sich diese? Und:
- Wo sollten wir intervenieren, damit das Ziel des Projekts erreicht wird?
Die Unternehmensleitung beauftragte die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, die das Changeprojekt begleitete, ein solches Instrument zu entwickeln. Dieses Tool soll ähnlich wie ein Fieberthermometer funktionieren.
Das heisst, ohne einen grossen Aufwand an Zeit und Energie sollte mittels Befragungen ermittelt werden, wie aktuell die Stimmung am Standort ist und wie sich diese seit der letzten Messung verändert hat. Wichtig war der Unternehmensleitung nämlich, dass das Messen der «Betriebstemperatur» in recht kurzen Zeitabständen erfolgt, damit
- Veränderungen, aus denen Probleme erwachsen könnten, frühzeitig erkannt werden und
- rechtzeitig Gegenmassnahmen ergriffen werden können.
Klar wurde in den Gesprächen schnell: Die Befragung darf nicht allzu viele Fragen umfassen. Sonst ist das Instrument nicht mehr handhabbar, und es wird von den Mitarbeitern, die während des Projekts ohnehin tendenziell überlastet sind, nicht akzeptiert. Zugleich sollte die Befragung jedoch folgende vier Dimensionen erfassen:
- Informationsfluss: Wie gut fühlen sich die Befragten informiert, und wie beurteilen sie den Informationsfluss im Unternehmen?
- Engagement: Inwieweit identifizieren sich die Mitarbeiter mit den Zielen des Projekts, und sind sie bereit, sich hierfür zu engagieren?
- Dialog: Inwieweit fühlen sich die Mitarbeiter in den Prozess integriert, und wie beurteilen sie die Möglichkeit, eigene Anregungen sowie Ideen einzubringen? Und:
- Handlungsunterstützung: Erhalten sie, sofern gewünscht und nötig, die nötige Unterstützung, um ihren Beitrag zum Erreichen der Ziele zu leisten?