Strategie & Management

Offboarding

Das Trennungsmanagement für einen guten Abgang

Bei vielen Anbietern sind fehlende Mitarbeitende längst der limitierende Faktor für Wachstum. Dem Recruiting neuer Talente kommt deshalb eine überlebenswichtige Aufgabe zu. Der Pool der Ehemaligen, aus dem man schöpfen kann, wird hierbei leider sehr oft vergessen. Wer diese reaktivieren will, braucht zunächst einen «Beautiful Exit».
PDF Kaufen

Die Rückgewinnung der Mitarbeitenden, die man wiederhaben will, gelingt nur dann, wenn im Vorfeld die Trennung fair verlaufen ist. Dann sind die Ex-Mitarbeitenden nicht verloren, sondern sie arbeiten nur gerade woanders. Und ganz gewiss: Die sind nicht immer glücklich dort, wo sie gelandet sind. Also heisst es, in Verbindung zu bleiben. Das Ziel? Eine gute Nachrede. Und: Der Wunsch, bei passender Gelegenheit wieder zurückzukommen. Oft ist es sehr viel einfacher, verlorene Mitarbeitende zurückzuholen, als neue zu gewinnen. Wiedereinstellungen kosten etwa halb so viel wie Ersteinstellungen, sie schonen Ressourcen und sind meist vom Start weg deutlich effizienter.

Guten Umgang wahren

Dass Mitarbeiterabbau manchmal unausbleiblich ist, sei unbestritten. Doch das Wie war und ist oft völlig inakzeptabel: Mancher hat aus der Presse erfahren, was sein zukünftiges Schicksal ist. Im Intranet konnte man ohne Vorwarnung lesen, wer bleibt und wer geht. Andere haben per E-Mail einen Dreizeiler erhalten. Selbst Entlassungen per SMS vom Golfplatz aus hat es gegeben. Auf solche Weise wird den Betroffenen ein Abgang in Würde unmöglich gemacht. Und Menschlichkeit wird mit Füssen getreten. Doch die Mitarbeitenden haben bei so was ein Elefantengedächtnis. Und dann, wenn es der Wirtschaft besser geht, bekommen schäbige Unternehmen die Quittung dafür: Alte Rechnungen werden beglichen.

Unter Beobachtung

Kündigungen sind für alle Beteiligten höchst belastend. Jede Trennung hat ja Einfluss auf das Beziehungsgeflecht im Unternehmen. Immer wird sehr genau beobachtet, wie die Firmenleitung mit gekündigten oder freigesetzten Kollegen umgeht. Wird Wertschätzung ausgedrückt für das in der Vergangenheit gezeigte Engagement? Verhalten sich die Vorgesetzten souverän oder zeigen sie unterkühlte Sachlichkeit? Schieben sie fadenscheinige Gründe vor? Oder rechtfertigen sie die Trennungsmassnahme mit unbegründeter Kritik an der scheidenden Person?

Werden Mitarbeitende, die von sich aus kündigen, mit übler Nachrede behaftet oder zum Tabuthema erklärt? Fairness im Umgang mit Scheidenden sorgt auto­matisch für eine grössere Loyalität der Bleibenden. Zudem gibt es oftmals freundschaftliche Bande im Unternehmen. Ein «Beautiful Exit» zwingt niemanden dazu, plötzlich so zu tun, als sei die abwandernde Person durch die Kündigung zum Aussätzigen geworden. Ferner zeigen Arbeitgeber damit, dass ihr Unternehmen ein offenes Haus ist, mit einer offenen Tür, und kein Käfig, in dem man sich eingesperrt fühlen müsste. Nicht der, der weggeht, hat es gut, weil er in eine bessere Zukunft entschwindet. Wer bleibt, bleibt gerne, weil er will, und nicht, weil er muss.

Bei Entlassungen

«Ich kam mir nach der Kündigung vor wie ein vollkommen wertloser Mensch. Es war wie ein Trauma. Wochenlang war ich wie gelähmt.» Das erzählte der Autorin ein Entlassener, der einen wenig schönen Ausstieg erlebte. Ja, zur schockierenden Nachricht darf nicht auch noch ein katastrophaler Trennungsstil kommen. Damit das Trennungsgespräch sauber verläuft und die Motivation der Bleibenden nicht leidet, sollten Kündigungsgespräche gut vorbereitet und ausgiebig geübt werden. Denn sie sind die schwierigsten Gespräche, die eine Führungskraft zu führen hat. Für beide Seiten bedeuten sie eine hohe emotionale Belastung.

Grundsätzlich gilt dabei: Die betroffene Person erfährt es zuerst. Und: Das Gespräch wird unter vier Augen geführt, in aller Regel durch den unmittelbaren Vorgesetzten selbst. Unabdingbar ist ein blickgeschützter neutraler Ort, der vor Störungen sicher ist. Den Zeitpunkt wählt man am besten so, dass der Mitarbeitende danach nicht mehr zurück an seinen Arbeitsplatz muss und ausreichend Zeit erhält, sich zu fangen. Es gilt das Harvard-Prinzip: Hart in der Sache, weich zu den Menschen.

Kündigung durch Mitarbeiter

Hat der Mitarbeitende selbst gekündigt, und nichts hat gefruchtet, um ihn für eine Weiterbeschäftigung zu begeistern, dann gilt es jetzt, das Beste aus der Situation zu machen. Bleiben Sie in guter Erinnerung. Bereiten Sie scheidenden Mitarbeitenden einen schönen Abschied. Und lassen Sie eine Brücke stehen. Ein Unternehmer zeigte der Autorin einmal das Abschiedsgeschenk, das er seiner Top-Mitarbeiterin machen wollte: eine elegante Ledermappe mit einem besonderen Inhalt: «Liebe Frau …», stand im Begleitbrief, «zum Start an Ihrem neuen Arbeitsplatz wünschen wir Ihnen alles erdenklich Gute. Studien besagen allerdings, dass jedes vierte Arbeitsverhältnis in der Probezeit wieder gelöst wird, weil man nicht zueinanderpasst. Sollten Sie also das Gefühl haben, dass irgendetwas an Ihrer neuen Stelle nicht stimmt, dann kommen Sie bitte wieder zurück. Beiliegend finden Sie einen bereits vorberei­teten Arbeitsvertrag. Wir würden uns unglaublich freuen, Sie bald bei uns wiederzusehen.» Es ist schon vorgekommen, dass solch rührendes Bemühen noch Mitarbeitende zurückgelockt hat, die zunächst nicht rückkehrbereit waren.

Der «Beautiful Exit»

Ein «Beautiful Exit» verläuft immer so, dass man sich auch hinterher noch gegenseitig in die Augen schauen und bei einem Bierchen über alte Zeiten plaudern kann. Behandeln Sie Ihre abwandernden Mitarbeitenden selbst dann fair, wenn deren Fairness auf den ersten Blick zu wünschen übrig lässt.

Was demnach tabu sein sollte: angeblich verschlampte Austrittspapiere, schleppend bearbeitete Arbeitszeugnisse, Kommunikationssperren, Mobbing während der letzten Arbeitstage, Beschimpfungen und Beleidigungen, üble Nachrede. Bedanken Sie sich vielmehr aufrichtig für die zurückliegende Arbeitsbeziehung und wünschen Sie dem Mitarbeitenden für die Zukunft viel Erfolg. Und dann? Bleiben Sie in Kontakt. Zum Beispiel über einen Job-Newsletter oder die Mitarbeiterzeitung, über Xing, Linkedin, ein Alumni-Netzwerk, Einladungen zu Fachtagungen und Feiern, Informationen über wichtige Ereignisse und Neuerungen, eine Geburtstagskarte, ein Erinnerungsgoodie. Dabei schlagen Sie gleich zwei Fliegen mit einer Klappe:

  • Der Ex hat allen Grund, positiv über Sie zu sprechen. Vielleicht hatte die Arbeitsbeziehung ja Mängel, aber die Art und Weise des Abschieds hatte Stil.
  • Sie bleiben in guter Erinnerung und halten die Türe ein wenig offen für eine spätere Rückkehr nach einem geglückten Wiedergewinnungsversuch.

Basis für all das ist eine funktionsfähige, rechtskonforme Datenbank mit gut gepflegten Daten der (ausgeschiedenen) Mitarbeitenden. Wenn ein Ehemaliger tatsächlich wiederkommen solle, muss das Onboarding dann reibungslos klappen (zum Thema Onboarding siehe das «KMU Magazin» 6 /7-2018). Wenn man Ihnen eine zweite Chance gibt, braucht es einen besonders gelungenen Einstand.

Porträt