Strategie & Management

Energie- und Umweltmanagement III

Corporate Social Responsibility kann sich auch finanziell lohnen

In einer Studie der Uni Zürich kommt ein Forschungsteam zum Schluss, dass sich Corporate Social Responsibility finanziell nicht auszahlt. Die vorgebrachten Argumente dafür werden in diesem Artikel kritisch hinterfragt.
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«Corporate Social Responsibility (CSR) lohnt sich finanziell nicht für Unternehmen.» Dies zumindest schlussfolgern die Professoren Katja Rost und Thomas Ehrmann in einer im Jahr 2014 veröffentlichten Meta-Studie, in der sie insgesamt 162 Studien zu diesem Thema statistisch auswerteten (siehe Quellenhinweise).

Die Gegenthese besagt, dass Unternehmen, welche Corporate Social Responsibility als Konzept in ihrer Unternehmensstrategie umsetzen, langfristig betrachtet eine bessere finanzielle Performance zeigen. Dieser mehrfach nachgewiesene, positive Zusammenhang ist aber gar keiner, sondern kommt lediglich durch eine Asymmetrie in der Veröffentlichungspraxis zustande. Demnach zeigen die un-
tersuchten Veröffentlichungen mit ganz wenigen Ausnahmen jeweils nur die positiven Auswirkungen auf, während jene Resultate, die einen negativen Einfluss zwischen finanzieller Performance und sozialem Engagement sehen, nicht veröffentlicht werden.


Eine Frage der Methode

Die rein theoretische Existenz solcher Studien wurde mit Hilfe einer statistischen Methode nachgewiesen, die bereits erfolgreich bei klinischen Studien angewandt wurde. In diesem Forschungsbereich konnte man damit belegen, dass es tatsächlich Studien gab, deren Ergebnisse aktiv zurückgehalten wurden. Auf den ersten Blick ist es somit verständlich, diese Methode auch in dieser Meta-Studie über die Auswirkungen von CSR auf die finanzielle Performance anzuwenden. Allerdings muss hier bedacht werden, dass sich die Fragestellung und das Design bei klinischen Studien doch stark vom Thema dieser Meta-Studie unterscheiden.


Ursache: Mainstream

Wie es zu dieser einseitigen Veröffentlichungspraxis kommen kann, begründen die Forscher damit, dass ein ausgleichendes ökonomisches Modell fehlt, das einen negativen Zusammenhang zwischen Corporate Social Responsibility und der finanziellen Performance sieht. Forscher müssten also gegen den Mainstream publizieren. Sie müssten sich fragen, ob eine solche Studie überhaupt veröffentlicht würde und ob es weitere Forschungsgelder und Projektbewilligungen gäbe, die ja wiederum von der Veröffentlichungsquote abhängen.

Tatsächlich ist das ein nicht zu unterschätzendes Problem, womit man sich dieser Argumentation nicht ganz verschliessen kann. Die Autoren Katja Rost und Thomas Ehrmann führen dann auch Gründe an, weshalb die Corporate Social Responsi­bility und die finanzielle Performance gar keinen Einfluss aufeinander haben können und das Ergebnis dieser Studie somit zu erwarten gewesen sei.
Auf diese Argumente wird im Folgenden eingegangen.


Lohnende Standards

These 1: Corporate Social Responsibility zahlt sich nur am Anfang finanziell aus. Später wird der Erfolg aber dadurch zunichte gemacht, dass weitere Marktteilnehmer das Verhalten kopieren.

Gegenargument: Dies ist ein allgemein beobachtbares Phänomen, welches nicht nur bei CSR, sondern ganz allgemein bei Innovationen zu beobachten ist – der «first to market»-Unternehmer wird immer dann gerne kopiert, wenn sich sein Produkt oder seine Dienstleistung gut verkauft oder dadurch eine positive Publicity erreicht wird. Dies ist damit sogar ein Argument pro Corporate Social Re­sponsibility. Denn nur wenn es sich für den Ersten lohnt, wird es sich auch für die Nachfolger lohnen.

Im Fall von Innova­tionen kann sich der Erfinder durch Patente schützen, im Fall von Corporate Social Responsibility hingegen nicht. Die Aufgabe der CSR-Kultur besteht also darin, sich immer weiterzuentwickeln, um den Vorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern halten zu können. So wie es – trotz Patenten – auch für alle innovativen Unternehmen gilt, die ihren Marktvorteil halten möchten.
Auf dem «CSR-Markt» wurden deshalb Innovationen durch Unternehmen mit Pioniergeist, unter anderem in Zusammenarbeit mit NGOs oder kompetenten Be­ratern, entwickelt. Wie beispielsweise die Sozialstandards ISO 26000 oder SA8000, die faire Arbeitsbedingungen fordern, oder fair gehandelte Bioprodukte, welche heute in fast allen Lebensmittelläden zu kaufen sind. Würde sich dieses Engagement unter dem Strich nicht lohnen, hätten sich solche Produkte und Standards nie durchgesetzt.


Mittel zur Krisenbewältigung

These 2: Die Stakeholder honorieren ein entsprechendes Verhalten nur anfänglich. Im Laufe der Zeit nivelliert sich dieser Effekt und kann sich eventuell sogar finanziell negativ auswirken. Nur im Fall unvorhergesehener negativer Ereignisse – so die Argumentation der Professoren – erleidet ein Unternehmen mit positivem CSR-Image weniger Verluste an den Finanzmärkten.

Gegenargument: Genau auf diese möglichen, unvorhergesehenen negativen Ereignisse muss aber jedes Unternehmen, welches langfristig auf dem Markt bestehen will, vorbereitet sein! Genau das ist aktives Risiko- und CSR-Management. Nike, BP und aktuell VW zeigen deutlich, welche finanziellen Verluste einem Unternehmen durch ein einzelnes Gross­ereignis erwachsen können, wenn solche Risiken, bewusst oder unbewusst, ignoriert werden.

Ein gelebtes Management der Corporate Social Responsibility sowie auch ein Risikomanagement kostet das Unternehmen selbstverständlich Ressourcen und hat in der Regel kurzfristig keinen messbaren Einfluss auf den finanziellen Erfolg. Die Konkurrenz kann diese Ressourcen anderswo einsetzen und hat dadurch zeitweilig einen gewissen Vorteil. Aber trotzdem wird für eine wachsende Zahl an Investoren die Nachhaltigkeitsperformance in der Unternehmensbewertung immer wichtiger. Was am Ende dann doch zu einem Vorteil für nachhaltig ausgerichtete Unternehmen wird.


Das Spendenargument

These 3: Die finanzielle Performance nimmt ab, wenn ein Unternehmen durch Spenden, zum Beispiel an ein Museum, im Gegenzug Vorteile erhält, beispielsweise durch einen Sitz im dortigen Leitungsgremium.

Gegenargument: Unternehmen sind eingebettet in ein Gemeinwesen und profitieren davon, beispielsweise in Form von gut ausgebildeten Mitarbeitern, In­frastruktur oder stabilen politischen Verhältnissen. Durch Sozialabgaben und Steuern finanzieren sie wiederum einen Teil der genutzten staatlichen Dienstleistungen. Manche Unternehmen engagieren sich über diese Pflicht hinaus, indem sie Projekte sponsern, freiwilliges Mitarbeiterengagement unterstützen oder gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen Partnerschaften eingehen.

Gesellschaftliche Verantwortung oder zu Neudeutsch «Corporate Citizenship» hat unterschiedliche Facetten und Möglichkeiten. Es sollte aber immer mit der Absicht erfolgen, der Gesellschaft einen Teil zurückzugeben und sie zu unterstützen – auf eine offene und transparente Weise. Kommt es aber eines Tages ans Licht, dass mit der Unterstützung des örtlichen Museums ein Sitz im Leitungsgremium einherging, um beim Beispiel zu bleiben, so haftet diesem Vorgang ein unguter Beigeschmack an und kann dem Unternehmen tatsächlich auch schaden. Auch ein solches Verhalten wird, analog zum «Greenwashing», mit einem Imageschaden und somit auch einer schlechteren finanziellen Performance bestraft.


Schwieriges Controlling

These 4: Die finanzielle Performance kann der jeweiligen CSR-Aktivität nicht zugeordnet werden – es sei sogar so, dass Unternehmen den gleichen oder gar besseren Profit erwirtschaften, egal, ob sie sich sozial engagierten oder nicht.

Gegenargument: Tatsächlich ist die Zuordnung der Kosten und der damit erwirtschafteten Einnahmen respektive erreichten Einsparungen ein allgemeines und bekanntes Problem im Risiko- wie auch im Nachhaltigkeitsmanagement. Oft können die Investitionen und deren unmittelbarer Nutzen nicht eindeutig zugeordnet werden. Deshalb werden Verfahren zum Nachweis von Kosten / Nutzen wichtiger. Nur so können Unternehmen ihre Massnahmen optimal planen und anpassen.

Ein Versuch für einen umfassenden Ansatz ist die Umweltkostenrechnung, mit deren Hilfe die Auswirkungen entlang der gesamten Produktionskette monetär bewertet werden. Ein weiterer Ansatz ist der Social Return on Investment (SROI), ein Konzept, mit dessen Hilfe der Mehrwert von gesellschaftlichem Engagement quantifizierbar gemacht wird. Während also nachvollziehbar ist, dass sich Forscher in einem gewissen Spannungsfeld von Veröffentlichungsdruck, Forschungsfinanzierung und Reputation bewegen, kann den aus dieser Meta-Studie gezogenen Schlussfolgerungen und aufgeführten Argumenten nicht zugestimmt werden. CSR und die finanzielle Performance beeinflussen sich sehr wohl gegenseitig in positiver Weise (siehe Kasten).

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