Strategie & Management

Interne Kommunikation

Bei Fusionen ist Pragmatismus gefragt

Die Kommunikationskonzepte bei Firmenzusammenschlüssen jeglicher Art sind reichhaltig – die meisten schiessen aber entschieden über das Ziel hinaus. Erfolg hat, wer auf pragmatische Personalkommunikation setzt, statt auf komplexes Changemanagement.
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Wann ist denn die interne Kommunikation überhaupt gut, und wie lässt sich das messen? Wann kann man als Geschäftsleitung sagen, die Fusion ist gut über die Bühne gegangen? Diese Frage stellt man sich hinsichtlich der internen Kommunikation leider zu selten. Und dies obwohl doch alle gern Ziele setzen, um die Erreichung des Ziels später überprüfen zu können. Viel wird immer wieder behauptet, Kommunikation – speziell die interne Kommunikation mit den Mitarbeitenden – sei nicht messbar. Eine total falsche Annahme, die in der Tat dazu führt, dass man später keine Aussage darüber machen kann, ob die Projektkommunikation erfolgreich war oder nicht. Gerade in der Kommunikation gilt der Grundsatz, wer die Massnahmen messbar machen will, muss konkrete Ziele definieren.

Gezielt informieren

Egal, ob eine Fusion, eine Übernahme oder eine andere Form des geschäftlichen Zusammenschlusses angestrebt wird, die Verhandlungen dazu werden meist schon seit Monaten hinter verschlossener Tür geführt. Die Geschäftsleitung hat verschiedene Möglichkeiten evaluiert, geprüft, verworfen und sich schliesslich auf eine Variante festgelegt. An keinem anderen Tag klafft der Informationsstand hinsichtlich der angestrebten Übernahme derart weit auseinander wie am Tag der ersten offiziellen Ankündigung.

Da ist auf der einen Seite die Geschäftsleitung, die sich seit Wochen und Monaten intensiv mit dem Thema befasst hat. Auf der anderen Seite sind es die Mitarbeitenden, die in diesem Moment erstmals überhaupt davon hören. Auch wenn zwar die Mitarbeitenden schon lange gespürt haben mögen, dass etwas im Busch ist, ist die Information doch erst mal neu für sie. Belastend ist jede Unternehmensveränderung. Besonders schwer wiegt die Neuigkeit dann, wenn mit dem Zusammenschluss noch ein Stellenabbau einhergeht.

Anfangs immer persönlich

Die Kunst der Kommunikation ist es, den grossen Informationsrückstand der Mitarbeitenden mit gezielter Kommunikation schnell zu schliessen. Die Geschäftsleitung sollte Stellung beziehen, was die Gründe für die Fusion sind, warum dies der beste Weg ist und welche Alternativen geprüft wurden. Diese Erklärungen sind nötig, damit die Mitarbeitenden den Zusammenschluss auch verstehen können. Nur informieren, dass man vor einer Fusion steht, reicht nicht aus, man muss die Gründe dafür erklären – und das immer wieder. Zugegeben, es ist keine einfache Aufgabe, eine Unternehmensver­änderung zu kommunizieren, denn ein solch bedeutender Schritt kann auch immer Anlass für unbequeme Fragen sein. Diesen muss man sich aber stellen – und das persönlich. Es gibt viele Gründe, warum man eine solche erste Information lieber schriftlich machen möchte. Wie soll man es anstellen, wenn man verschiedene Standorte hat. In einem Schichtbetrieb kann man nie alle Mitarbeitenden gleichzeitig erreichen. Die verschiedenen Sprachen können ein Erschwernis darstellen, oder mangelnde Infrastruktur oder Räumlichkeiten.

Dies nur ein paar Gründe, die dazu verleiten könnten, schriftlich über den bevorstehenden Zusammenschluss zu informieren. Schliesslich ist es viel praktischer zu organisieren, denn die Kommunikation kann vorbereitet und schliesslich per Knopfdruck zeitgleich an alle Mitarbeitenden versendet werden. Die Mitarbeitenden empfinden dies aber als fehlende Wertschätzung ihnen und ihrer Arbeit gegenüber. Dies wiederum führt einerseits schlagartig zu einem Vertrauensverlust in die Führungscrew und andererseits ist es der Nährboden von Gerüchten sondergleichen.

KMU erliegen der Versuchung, den vermeintlich einfachen Weg der schriftlichen Kommunikation zu gehen, seltener und stellen sich sehr wohl persönlich den Fragen der Mitarbeitenden. Dazu gehört eine Mitarbeiterversammlung anlässlich der ersten Information. Und diese Mitarbeiterversammlung muss der Geschäftsführer abhalten – er persönlich muss die Botschaft überbringen. Die Information muss zeitgleich in den sich zusammenschliessenden Unternehmen erfolgen. Denn nichts ist verheerender, als durch ein E-Mail oder einem Telefonanruf eines Kollegen zu erfahren, dass man bald der gleichen Muttergesellschaft angehört. Wenn ein Unternehmen verschiedene Standorte besitzt, sollte auch an den Standorten gleichzeitig informiert werden. Je nach Unternehmens- und Kommunikationskultur kann man dies mittels Videoübertragung erreichen oder indem sich die Geschäftsleitungsmitglieder auf die verschiedenen Standorte aufteilen. Die persönliche Kommunikation durch ein Geschäftsleitungsmitglied ist bei KMU sicher akzeptierter.

Präsent sein und bleiben

Die erste Ankündigung ist zwar für die allgemeine Akzeptanz der Fusion von enormer Bedeutung. Daher muss die Kom­munikation akribisch genau und gut vorbereitet sein. Die Präsenz bei der Ankündigung allein genügt aber nicht. In den ersten Tagen und Wochen danach brennen den Mitarbeitenden viele Fra­gen unter den Nägeln. Diese müssen umgehend beantwortet werden. Organisieren Sie kurze Abteilungsmeetings oder Informationsstunden, anlässlich derer die Mitarbeitenden im kleinen Kreis Fragen stellen können. Seien Sie als Geschäftsleitung laufend präsent und bieten Sie sich immer wieder an, Diskussionen zu führen und Fragen zu klären. Selbstverständlich gibt es das ganz «normale» Tagesgeschäft zu bewältigen, es sind aber optimal investierte Stunden, in denen Sie sich ins direkte Gespräch einbringen. Die interne Kommunikation hat nämlich das erklärte Ziel, Informationen zu vermitteln, den Plan zu erklären, so dass die Fusion verstanden und schliesslich von den Mit­arbeitenden akzeptiert wird. Nur dann nämlich, wenn die Mitarbeitenden die Fusion akzeptieren, werden sie diese mittragen. Darauf muss der Fokus der Personalkommunikation gerichtet sein.

Erst mal nur erklären

Mit der angestrebten Fusion haben die Geschäftsleitungen neue Strategieziele. Die Unternehmenskultur wird sich ändern, aktiv oder passiv. Neue Firmennamen und Logos sind schöne und wichtige Formen der neuen Identifikation. Sie allein machen aber noch keine neue Strategie und auch keine neue Unternehmenskultur aus. Man sollte daher die Ruhe haben, erst mal zu erklären, warum es zur Fusion kommen wird und was das für die Mitarbeitenden bedeutet – Changemanagement kommt dann im zweiten Schritt. Jede Unternehmensveränderung schürt bei den Mitarbeitenden unmittelbar Arbeitsplatzängste. Zwei Fragen stehen dabei im Zentrum: «Wird es meinen Arbeitsplatz noch geben, oder bin ich nun überflüssig?» «Muss ich umziehen oder bleibe ich im gleichen Gebäude, am gleichen Ort?»

Diese Fragen muss man vordringlich und schnell klären, ehrlich sein und nicht verschleiert sprechen. Die neue Unternehmenskultur kann warten. Die Aussage eines Firmenchefs, dass am Ende des Prozesses der Personalbestand gleich hoch sein wird wie aktuell, verstanden die Mitarbeitenden so, dass es keine Kündigungen geben wird. Als es dann gleich in der Woche danach doch zu Kündigungen kam (wenngleich auch nur wenige und teilweise sogar aus ganz anderen Gründen), war das Vertrauen der Belegschaft auf einen Schlag vernichtet. In monatelanger intensiver Personalkommunikation musste anschliessend der Schaden mühsam repariert werden.

Dieses reale Beispiel zeigt in eindrücklicher Weise auf, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht die gleiche Sprache sprechen. Diese beinahe banale Erkenntnis ist nicht allgemein bekannt. Und so sprechen noch immer viele Geschäftsleitungen in ihrer Sprache zu ihren Mitarbeitenden. Will die Geschäftsleitung aber verstanden werden, so muss sie in der Sprache der Mitarbeitenden sprechen. Dabei hilft es, die Unterstützung eines «Übersetzers» zu holen. Dieser kann intern beispielsweise in der Personalabteilung oder allenfalls in der Arbeitnehmervertretung gefunden werden. Oder extern bei Kommunikationsberatern, welche die Regeln der internen Kommunikation kennen.

Erfolg ist messbar

Wie bereits eingangs erwähnt, die Ziele müssen so definiert werden, dass sie später auch gemessen werden können. Es reicht nicht, zu definieren, die Mitarbeitenden müssen über die Fusion Bescheid wissen. Die Ziele müssen genauer formuliert werden. Ein mögliches Kommunikationsziel könnte sein «80 Prozent der Mitarbeitenden kennen die Kernbotschaft der Fusion». Neben vielen Zielen, die mittels Mitarbeiterbefragung ermittelt werden können, gibt es eine sehr taugliche – und bereits vorhandene – Messgrösse, ob die Kommunikation in der Unternehmung gut ist: die Abwesenheitsrate. Es ist statistisch erwiesen, dass in den Phasen der Unsicherheit sowohl die Unfälle wie auch die Krankheitsfälle zunehmen. Hat das Unternehmen keinen Anstieg der Absenzen, kann dies durchaus als Kommunikationserfolg gewertet werden.

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