Strategie & Management

Mitarbeiterführung I

Aus Topmitarbeitern und Low Performern ein Team bilden

Es führt kein Weg daran vorbei: Es gibt leistungsstärkere und es gibt leistungsschwächere Mitarbeiter. Beide Gruppen sollten angemessen gefordert und gefördert werden, auch, um eine Gemeinschaft, ein Team aus ihnen zu schmieden. Wie gelingt es, dass sich Leistungsträger und Low Performer gegenseitig unterstützen und nicht demotivieren?
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Eine Führungskraft sollte akzeptieren, dass ihr Team aus sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten besteht – und dass es bei der Leistungsfähigkeit eine Bandbreite gibt. Das muss nicht von Nachteil sein, solange es gelingt, aus den High Performern und den Low Performern eine Truppe zu bilden, die ihren Beitrag leistet, die Unternehmensziele zu erreichen. Aber natürlich darf die Führungskraft die Augen vor der Realität nicht verschliessen:

  • Es gibt Mitarbeiter, deren Leistungsschwäche sich selbst durch die ent­sprechenden Qualifikationsmassnahmen nicht kompensieren lässt. Hier ist die Überlegung angebracht, ob eine Trennung nicht angemessener wäre.
  • Low Performer können sich meistens selbst gut einschätzen – sie wissen, dass es Kollegen gibt, die bessere Arbeitsergebnisse erzielen. Das hemmt sie und treibt sie zuweilen in eine Negativspirale. Pointiert ausgerückt: Schwächere Leistungen rufen noch schwächere Leistungen hervor.
  • Umgekehrt gilt: Leistungsträger fühlen sich im Team von den Low Performern manchmal blockiert. Sie befürchten, die leistungsschwächeren Kollegen könnten das Teamergebnis negativ beeinflussen. Und darum schöpfen sie ihr Leistungspotenzial bewusst nicht voll aus. Mit fatalen Folgen: Die Qualität des gesamten Teams sinkt.


Massnahmen zur Teambildung

Wie kann die Führungskraft den gordischen Knoten durchschlagen? Fünf Massnahmen können dabei unterstützen.

Massnahme 1: Mit Fingerspitzengefühl führen

Die Bewältigung dieser Herausforderung erfordert ein Höchstmass an Sensibilität. Und das beginnt bereits bei der Sprache: Die Führungskraft darf den leistungsschwächeren Mitarbeitenden auf keinen Fall als Minderleister oder C-Mitarbeiter bezeichnen. Erst recht nicht in einem Gespräch mit anderen Führungskräften, der Geschäftsleitung oder mit anderen Mitarbeitenden. Die Führungskraft sollte solcherlei Kategorisierungen vermeiden, ohne zu verschweigen, dass nun einmal Leistungsunterschiede vorliegen.

Bei den Low Performern ist die Führungskraft verpflichtet, die Gründe für die Minderleistungen zu analysieren. Wenn ein Mitarbeiter offensichtlich nicht will oder sich sogar verweigert, ist eine Trennung nicht auszuschliessen. Andererseits gibt es Mitarbeiter, die angesichts ihrer Qualifikationen und Kompetenzen eigentlich mehr leisten können müssten. Hier steht die Führungskraft in der Verantwortung, zu prüfen, ob und wie sich Low Performer so fördern lassen, dass sie ihr gesamtes Potenzial doch noch entfalten können und wollen.

Zudem achtet eine mitarbeiterorientierte Führungskraft darauf, die eher durchschnittlichen Mitarbeiter nicht blosszustellen, indem ihnen die Leistungsstärke der Kollegen ständig vorgehalten wird. «Der macht das ja sowieso besser als ich.» – diese Denkhaltung des Low Performers ist ebenso kontraproduktiv wie die der Spitzenkraft: «Es lohnt sich nicht, sich anzustrengen, der Kollege wird schon dafür sorgen, dass das Arbeitsergebnis kein berauschendes sein wird.» Gefragt ist das «Führen mit Einfühlungsvermögen»: Das Ziel der Führungskraft besteht darin, wie es ihr gelingt, beide Gruppen zu fördern.

Massnahme 2: Leistungsschwächere Mitarbeiter durch Lern-Teams unterstützen

Wer in die Weiterbildungsabteilungen der Unternehmen schaut, wird feststellen, dass es für die «guten» Mitarbeiter meistens genügend Fortbildungsmöglichkeiten, Programme zur Entwicklung, Qualifizierungskonzepte und «Beschleunigungstools» gibt. Spezielle Weiterbildungsangebote für leistungsschwächere Mitarbeiter hingegen werden eher selten aufgelegt. Dabei liessen sich Analysetools wie Innermetrix, mit denen Persönlichkeits- sowie Leistungspotenzialanalysen durchgeführt und brachliegende Potenziale aufgespürt werden können, auch auf die Low Performer anwenden, um anschliessend punktgenaue Weiterbildungsaktionen zu initiieren.

Eine wichtige Unterstützungsmassnahme für die leistungsschwächeren Mitarbeiter liegt in der Bildung von Lern-Teams: Warum nicht aus einem High Performer und einem Low Performer ein Duo bilden, sodass der leistungsschwächere Mitarbeiter in der direkten Anschauung vom Kollegen profitieren kann? Aber Achtung: Dies bedarf der Abstimmung, der leistungsstärkere Mitarbeitende muss damit einverstanden sein. Die Person darf es nicht als Strafe empfinden, mit dem Kollegen zum Beispiel gemeinsam ein Kundengespräch zu führen, damit dieser von ihm lernen kann. Aber vielleicht gibt es aufseiten des leistungsschwächeren Mitarbeiters eine Stärke, die er in dem Kundenkontakt einsetzt – im Idealfall profitiert auch der High Performer von der Lern-Partnerschaft.

Massnahme 3: Unterstützungskultur aufbauen

Die Führungskraft fördert die Effektivität der Lern-Partnerschaften, indem sie in ihrer Abteilung und ihren Teams eine Atmosphäre des gegenseitigen Unterstützens etabliert. Sie nutzt jede Möglichkeit, einen Teamspirit zu erwecken sowie den Teamgeist und den Zusammenhalt zu fördern. Jeder Mitarbeiter sollte es als Selbstverständlichkeit empfinden, den Kollegen wo immer möglich zu helfen. Und niemand erklärt es zur Niederlage oder gar Schmach, wenn man sich einmal von einem Kollegen unter die Arme greifen lässt.

Es ist die Führungskraft, die jeweils mit einem guten Beispiel vorangehen kann. Sie schliesst eine kategorische Trennung nach dem Motto «Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen» aus und überlegt sich wirksame Teambildungsmassnahmen. Des Weiteren führt sie einen Kompetenz-Check durch: Stimmen Arbeitsplatzanforderungen und Qualifikationsprofil überhaupt überein? Vielleicht kann der leistungsschwächere Mitarbeiter nicht mehr leisten, weil er die falsche Position bekleidet und angesichts seiner Qualifikationen an einem anderen Arbeitsplatz besser aufgehoben wäre.

Massnahme 4: Das Führungs­verhalten der Führungskraft

Das ständige Gespräch mit dem Low Performer über seinen Status quo und zu den Möglichkeiten, ihn zu unterstützen, gehört zu den kommunikativen Förderinstrumenten. Er benötigt Feedback und ausführliche Rückmeldungen zu seinen Leistungen. Der Führungskraft stehen dazu mehrere Gesprächsarten zur Ver­fügung. Im Zielvereinbarungsgespräch etwa vereinbart sie mit dem Mitarbeiter Aktivitäten, die zum einen auf dessen vorhandene Leistungspotenziale Rücksicht nehmen und zum anderen dazu führen sollen, dass er sich Schritt für Schritt weiterentwickelt. So stellen sich erst kleinere, dann grössere Erfolgserlebnisse ein, die zu einem Motivationsschub führen.

Im Beurteilungsgespräch bewertet die Führungskraft die Arbeitsergebnisse des Low Performers. Im Unterstützungsgespräch legen die Beteiligten Förderaktivitäten fest, die dem Mitarbeiter helfen, seine Arbeit besser zu machen. Wichtige Massnahmen sind unternehmensinterne Trainings, Coachings, eine Supervision, die Patenschaft oder die Unterstützung durch einen Mentor, aber auch der Workshop, der speziell auf den oder die Low Performer ausgerichtet ist.

Und indem die Führungskraft die Aktivitäten des Mitarbeiters lobt, Leistungen begründend anerkennt, ihn im Kritikgespräch konstruktiv kritisiert und ihm unterstützendes und förderliches Feedback gibt, hilft sie ihm, seine Aufgaben besser zu erledigen.

Massnahme 5: Vier-Augen-Gespräch führen

Entscheidend ist: In allen genannten Gesprächen – vor allem im Kritikgespräch – ist es wichtig, die Verhaltensebene anzusprechen, nie die Identitätsebene. Es geht immer um die Sache und die konkreten Handlungen des leistungsschwächeren Mitarbeiters, nie um die Bewertung seiner Person. Hinzukommt: Es ist heikel, im Teammeeting darauf einzugehen, dass es verschiedene Leistungsstärken bei den Mitarbeitern gibt. Darum sollte die Führungskraft die Aspekte rund um dieses Thema immer im Vier-Augen-Gespräch ansprechen und, zum Beispiel, den Spitzenverkäufer darauf hinweisen, dass es angesichts seiner Leistungsfähigkeit von Vorteil wäre, wenn er den eher schwächeren Kollegen unterstützen würde, ohne dadurch die eigene Leistungsbereitschaft und -fähigkeit einzuschränken. In dem Einzelgespräch können Vertriebsleiter und Verkäufer überdies konkrete Unterstützungsmassnahmen diskutieren.

Beim Low Performer legt der Vertriebs­leiter eher den Schwerpunkt darauf, im Vier-Augen-Gespräch dessen Selbstbewusstsein und dessen Selbstsicherheit zu fördern und ihn so darin zu bestärken, seine Kernkompetenzen noch gezielter einzusetzen.


Fazit

Es gibt keinen Königsweg, keinen Automatismus, der aus einem Low Performer einen leistungsstarken Mitarbeiter macht. Jeder leistungsschwächere Mitarbeiter ist ein Individuum, zu dem die Führungskraft einen individuellen Zugang finden muss, um punkt- und zielgenau Massnahmen zu ergreifen, die ihm helfen, seine brachliegenden Potenziale zu entdecken und zu entfalten.

Porträt