Wenn davon ausgegangen werden kann, dass wachstumsorientierte Unternehmen Führung als Vorbild verstehen, ist das Voranschreiten als Führungsprinzip der nächste logische Schritt. Wenn eine Gruppe auf eine schwierige Bergtour geht, dann benötigt sie einen Bergführer, der voranschreitet, Gletscherspalten umgeht, Wege auswählt, die gangbar sind, Steinschlagrouten bestmöglich meidet. Sie benötigt einen Bergführer, der sich auskennt, der morgens in der Früh mit der Gruppe – oder besser: vor der Gruppe – aufsteht, der sich mit dem Wetter beschäftigt hat und der die Gruppe sicher zum Gipfel führt, indem er voranschreitet. Was die Gruppe nicht gebrauchen kann ist ein Bergführer, der ihr den Weg beschreibt und ansonsten in der warmen Hütte bei einem Jagertee auf die Rückkehr der Gruppe wartet.
Voranschreiten als Führungsprinzip ist also ein weiteres Muster, das wachstumsorientierten Unternehmen zu eigen ist. Dies geht über das vorbildhafte Verhalten weit hinaus, denn das Voranschreiten reicht bis in operative Handlungen hinein. Dieses Voranschreiten der Führungskräfte wird in wachstumsorientierten Unternehmen nicht nur gefördert, sondern es wird gefordert. Der Verwaltungsrat fordert es vom Vorstand oder der Geschäftsführung, die Geschäftsführung fordert es von ihren Führungskräften und auch die Unternehmer gehen mit gutem Beispiel voran. Es stehen schwierige Verhandlungen an? Voranschreitende Führungskräfte übernehmen die Initiative. Unangenehme Kundenreklamationsgespräche sind zu führen? Voranschreitende Führungskräfte scheuen sich nicht, diese Dialoge zu führen und daraus möglicherweise neue Geschäftschancen zu kreieren. Es besteht ein krankheitsbedingter Personalengpass? Voranschreitende Führungskräfte können temporär Filialarbeiten, Sacharbeiten oder andere Dinge, die eigentlich nicht zu ihren Aufgaben gehören, übernehmen und sind sich dazu nicht zu fein.
Das Faszinierende daran ist, dass sich voranschreitende Führungskräfte eines enormen Respekts bei ihren Mitarbeitern sicher sein können, werden Führungskräfte auf der operativen Ebene doch häufig als Schreibtischtäter, die sich, wenn sie sich nicht in ihrem luxuriösen Büro verschanzen, überwiegend in Meetings oder alternativ auf Reisen befinden, abgetan. Hat eine voranschreitende Führungskraft einmal gezeigt, dass sie auch operativ handeln kann und dass sie stets, wenn sie zu Veränderungen aufruft, vorangeht, ist ihr der Respekt nahezu nicht mehr zu nehmen.
Natürlich bringt dies auch Verpflichtungen mit sich. Wenn beispielsweise in Unternehmen die Devise ausgerufen wird, dass zu Meetings grundsätzlich pünktliches Erscheinen geboten ist, kann die Führungskraft sich nicht ständig mit der Ausrede verspätet zeigen, dass sie noch ein wichtiges Telefonat zu führen gehabt hätte. Das mag einmal funktionieren, aber nicht öfter. Wenn als Handlungsmaxime im Unternehmen betont wird, dass man grundsätzlich die Wahrheit sage, kann sich die am Schreibtisch sitzende Führungskraft nicht vom Sekretariat verleugnen lassen. Dies erscheint selbstverständlich? Warum beobachtet man dann genau das gegenteilige Verhalten so häufig?
Voranzuschreiten ist mehr, als nur Vorbild zu sein. Wachstumsorientierte Unternehmen haben dies in ihren Führungsprinzipien verankert.