Es mag widersprüchlich sein: Auf der einen Seite wird viel von Vertrauen in der Führungskultur gesprochen, wogegen auf der anderen Seite die Nachfrage nach elektronischer Überwachung der Mitarbeitenden zugenommen haben soll. Mit der pandemiebedingten plötzlichen Zunahme von Homeoffice soll die Überwachung der Mitarbeitenden sprunghaft angestiegen sein. Nicht alle Mitarbeitenden sind sich bewusst, dass und in welchem Ausmass ihr Arbeitgeber Daten über sie sammelt oder sie gar überwacht.
Datenschutz
Werden technische Mittel eingesetzt, um Informationen zu Mitarbeitenden zu sammeln, liegt damit eine Datensammlung gemäss Datenschutzgesetz (DSG) vor, wenn sich die Daten auf eine bestimmte Person oder auf eine bestimmbare Person beziehen (Personendaten).
Nach Datenschutzgesetz dürfen Personendaten nur rechtmässig bearbeitet werden (Art. 4 I DSG), die Bearbeitung hat ausserdem nach Treu und Glauben zu erfolgen und muss verhältnismässig sein (Art. 4 II DSG). Und schliesslich dürfen Personendaten nur zu dem Zweck erhoben und bearbeitet werden, der angegeben wurde, ersichtlich war oder gesetzlich vorgesehen ist. Gemäss Arbeitsvertragsrecht darf der Arbeitgeber Daten über einen Mitarbeitenden bearbeiten, soweit sie dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind (Art. 328b OR).
Bemerkenswert ist der zweite Satzteil, wonach während des Arbeitsverhältnisses nur Daten bearbeitet werden dürfen, die für dessen Durchführung erforderlich sind. Die juristische Lehre ist sich nicht einig, ob dies nun eine Spezialnorm zum Datenschutzgesetz darstellt oder ob sie das Datenschutzgesetz lediglich ergänzt. Verbreitet aber ist der Ansatz, wonach Art. 328b OR die Datenschutzbestimmungen konkretisiert. Demnach nützt eine allgemeine Einwilligung eines Mitarbeitenden grundsätzlich nichts. Nur jene Daten dürfen gesammelt und bearbeitet werden, die auch tatsächlich für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich sind.
Gesetzliche Schranken
Solange Daten nicht personenbezogen erhoben werden, ist dies in der Regel erlaubt. Kritisch wird es allenfalls aber schon dann, wenn bei grundsätzlich anonymisierter Datenerhebung Rückschlüsse auf bestimmte Personen möglich sind. Handelt es sich klar um personalisierte Daten, ist dies grundsätzlich nur dann zulässig, wenn diese Datenerhebung für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist oder die Eignung eines Mitarbeitenden für das Arbeitsverhältnis betreffen.
Sollen Mitarbeitende überwacht respektive kontrolliert werden, sind an die Rechtmässigkeit noch weitere Anforderungen gestellt. Gemäss den Bestimmungen des Arbeitsgesetzes sind nämlich Überwachungs- und Kontrollsysteme, die das Verhalten der Mitarbeitenden überwachen sollen, unzulässig und dürfen nicht eingesetzt werden (Art. 26 I ArGV3). Sind solche Überwachungs- und Kontrollsysteme aber aus anderen Gründen erforderlich, sind sie so zu gestalten, dass die Gesundheit und die Bewegungsfreiheit der Mitarbeitenden dadurch nicht beeinträchtigt werden (Art. 26 II ArGV3).
Immer dann also, wenn das Verhalten eines oder mehrerer Mitarbeitenden kontrolliert werden soll, ist dies nicht zulässig, unerheblich welchen Mittels sich ein Arbeitgeber bedient. Eine solche Überwachung bleibt selbst dann unzulässig, wenn der Arbeitnehmende dazu eingewilligt hat. Der Grund liegt darin, dass die erwähnte Vorschrift öffentlich-rechtlicher Natur ist, also zwingend eingehalten werden muss und der Vertragsautonomie gänzlich entzogen ist.
Zulässig ist eine solche Überwachung vor dem Hintergrund des Arbeitsgesetzes allerdings dann, wenn sie beispielsweise dafür eingesetzt wird, Abläufe zu prüfen und zu hinterfragen, also für das Unternehmen Optimierungspotenzial zu ermitteln. Auch Leistungsüberwachung kann erlaubt sein. Damit ist das Tor für viele Software-Programme geöffnet, die Prozessabläufe beschreiben, um Effizienzsteigerungen ermitteln zu können. Sobald aber eine Software eingesetzt wird, um zu ermitteln, wann der Mitarbeitende wie lange online ist, was er am Bildschirm tut und wie er beispielsweise Suchmaschinen aufruft und einsetzt, kann das eine unzulässige Überwachung darstellen.
Entscheidend ist also das Motiv einer Kontrolle. Wenn der Arbeitgeber andere Motive darlegen kann als die Verhaltenskontrolle der Mitarbeitenden, kann eine Überwachung zulässig sein. So hatte beispielsweise das Bundesgericht es als zulässig erachtet, als ein Arbeitgeber heimlich eine Videokamera installieren liess und so die Kasse beobachten liess, nachdem es zu Diebstählen gekommen war. Das Bundesgericht argumentierte, dass es sich bei dieser Kassenüberwachung nicht um die Überwachung der Arbeitnehmer «als solches» ging, sondern zum Schutz vor Diebstählen (BGE 9C_785/2010).
Anders urteilen Gerichte dann, wenn eine Kamera nicht ausschliesslich auf die Kasse gerichtet ist, sondern die Mitarbeitenden in ihrem Arbeitsbereich im Fokus hat. Je fokussierter eine Videoüberwachung ausgerichtet ist, und je weniger dadurch die Mitarbeitenden erkennbar sind, desto eher ist eine solche Überwachung zulässig.