Herr Schumacher, warum hat man anlässlich der Revision nicht ausdrücklich ein Grundpfandrecht für die nichtmateriellen Leistungen der Architekten und Ingenieure ermöglicht? Die Formulierung «Arbeit allein» könnte durchaus auch geistige Arbeit bedeuten, auch wenn die Gerichte bisher anderer Meinung waren.
Die beiden Leistungskategorien Lieferung von «Material und Arbeit» und Leistung von «Arbeit allein» bilden seit 1912 den Urtext der Baupfandberechtigung. Sie wurden durch die Revision nicht abgeändert. Dieser Wortlaut des Gesetzes ist weit abstrakt-offen und bedarf deshalb gestützt auf Art. 1 Abs. 3 ZGB der Ermittlung des gesetzlichen Kerngehalts durch die Auslegung in Rechtsprechung und Lehre. Die Auslegung ergibt die Einschränkung des Baupfandrechts-Anspruchs für typische Bauarbeiten, die sowohl physisch als auch objektspezifisch sind.
Architekten und Ingenieure erbringen keine physischen, sondern intellektuelle Leistungen, weshalb sie nicht baupfandberechtigt sind. Wären sie baupfandberechtigt, müsste die Baupfandberechtigung auf alle Beauftragten ausgedehnt werden, die intellektuelle Beiträge für die Überbauung eines Grundstücks erbringen, z.B. auch auf Bauanwälte. Das würde zu einer fast grenzenlosen «Ausuferung» des Bauhandwerkerpfandrechts führen. Der Baupfandanspruch der Architekten und Ingenieure wurde vom Bundesrat in seinem Entwurf vom 27. Juni 2007 abgelehnt. In den Beratungen des Ständerats und des Nationalrats war dies überhaupt kein Thema.
Wie schützt man sich als Eigentümer davor, dass das Grundpfandrecht für mangelhafte oder nicht vertragsgemässe Leistungen, z.B. von Subunternehmern, in Anspruch genommen wird?
Der beste Schutz ist die Prävention. Dem Grundeigentümer stehen verschiedene effiziente Vorsorgemassnahmen zur Verfügung. Die für den Grundeigentümer sicherste und zugleich bequemste Schutzmassnahme ist die Sicherheitsleistung eines zahlungsfähigen Dritten. Eine Bankgarantie kann so gestaltet werden, dass sie ausschliesslich als Sicherheit gegen das Risiko von Baupfandrechten dient. Die andere Möglichkeit ist eine umfassende Erfüllungsgarantie, die auch das Risiko von Baupfandrechten abdeckt.
Nach Art. 368 Abs. 2 OR kann der Bauherr bei einem Werkmangel «einen dem Minderwert entsprechenden Abzug am Lohn machen.» Insoweit erlischt die Vergütungsforderung. Für andere vertragswidrige, z.B. unnötige oder unbestellte Leistungen, entsteht kein Vergütungsanspruch. Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB gewährt den Baupfandanspruch nur für existierende Forderungen. Führt der haftpflichtige Unternehmer selber Nachbesserungsarbeiten (Garantiearbeiten) aus, besitzt er dafür ohnehin keinen Vergütungsanspruch und kann deswegen auch das Bauhandwerkerpfandrecht gar nicht in Anspruch nehmen.
Kann der Schuldner zugunsten des Gläubigers ein Pfandrecht eintragen lassen?
Nur der Bauunternehmer («Handwerker oder Unternehmer») ist aktivlegitimiert, den Grundbucheintrag eines Baupfandrechts zu erwirken. Würde der Grundeigentümer selber den Grundbucheintrag eines Baupfandrechts beantragen, würden sowohl das Gericht als auch der Grundbuchverwalter den Antrag abweisen. Das dient auch zum Schutze der anderen Grundpfandgläubiger und Baupfandgläubiger. In der Praxis ist ein solches Begehren noch nie gestellt worden und wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nie gestellt werden.
ZGB Art. 836 regelt die gesetzlichen Grundpfandrechte des kantonalen Rechts. Welche Forderungen werden in der Praxis damit abgesichert?
«Die Kantone haben von der Möglichkeit, Forderungen mittels gesetzlicher Pfandrechte des kantonalen Rechts zu sichern, vor allem im Steuerrecht regen Gebrauch gemacht», so die Botschaft 07.061 des Bundesrats vom 27. Juni 2007 zum Entwurf der ZGB-Teilrevision. «Die Kantone sehen namentlich Grundpfandrechte zur Sicherung ihrer Grundstückgewinnsteuer-Forderungen und anderer grundstückbezogener Abgaben vor», so heisst es im Werk Sachenrecht von Jörg Schmid und Bettina Hürlimann-Kaup.