Unter Wirtschaftsspionage wird die gezielte Ausforschung von geschützten oder geheimen Informationen aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie und Militär wie die Ausspähung eines erarbeiteten Know-hows einer wirtschaftlichen Unternehmung oder wissenschaftlichen Einrichtung verstanden. Zu differenzieren ist hauptsächlich zwischen der nachrichtendienstlichen Wirtschaftsspionage, hinter welcher ein staatlicher Apparat steht, und der Konkur-
renzspionage, für welche ein Unternehmen verantwortlich ist.
Bedrohung wächst
Das Schadenspotenzial im Bereich der Wirtschaftsspionage ist aufgrund der Komplexität der Fälle und der hohen Dunkelziffer sehr schwer einzuschätzen. Das jährliche Schadenspotenzial wird auf ein Volumen von 7,5 Milliarden Schweizer Franken geschätzt und entspricht somit über 1 Prozent des BIP der Schweiz.
Infolge der verstärkten Globalisierung sowie der internationalen geschäftlichen Vernetzung wächst auch die Bedrohung für Schweizer Unternehmen, Opfer von Wirtschaftsspionage zu werden. Sensible Daten und deren illegaler Wissenstransfer können zur Existenzgefährdung eines Unternehmens führen, da sie einen allfälligen Wettbewerbsvorteil zunichtemachen können. Die Schweiz ist eines der führenden Länder im Bereich Forschung und Entwicklung, demzufolge wecken die hier ansässigen Firmen das Interesse ausländischer Nachrichtendienste und sind deshalb prädestiniert für entsprechende Ausforschungen.
Strafrechtliche Relevanz
Strafrechtliche Bestimmungen
Das Schweizerische Strafgesetzbuch stellt eine Reihe von Normen zur strafrechtlichen Bekämpfung der Wirtschaftsspionage zur Verfügung. Besonderes Augenmerk wird im Folgenden auf den Art. 273 und den Art. 162 des Strafgesetzbuches (StGB) gelegt.
Wirtschaftlicher Nachrichtendienst
Im Gegensatz zu Art. 162 StGB schützt Art. 273 StGB nicht direkt die Interessen der Privatpersonen. Vielmehr umfasst Art. 273 StGB den wirtschaftlichen Nachrichtendienst, welcher dem Schutz der wirtschaftlichen Gesamtinteressen der Schweiz und gleichzeitig der Bekämpfung der Wirtschaftsspionage dient. Strafbar nach Art. 273 StGB macht sich, wer ein Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnis auskundschaftet, um es einer fremden amtlichen Stelle oder einer ausländischen Organisation oder ihren Agenten zugänglich zu machen. Auch das blosse Zugänglichmachen eines geschützten Geheimnisses wird von Art. 273 StGB umfasst. Infolgedessen wird Art. 273 StGB durch Auskundschaften sowie das Zugänglichmachen von Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnissen verletzt, ganz unabhängig davon, ob es sich um ein zuvor ausgekundschaftetes Geheimnis handelt.
Ein Geheimnis im Sinne von Art. 273 StGB bezieht sich auf ökonomisch bedeutsame Tatsachen, die nur einem beschränkten Personenkreis bekannt sind und an deren Geheimhaltung die geschützte Person ein sachlich begründetes Interesse hat, das heisst, der Geheimnisherr weist einen Geheimhaltungswillen sowie ein Geheimhaltungsinteresse auf. Folglich können Gegenstand eines solchen Geheimnisses nur Tatsachen sein, die weder offenkundig und noch allgemein zugänglich sind.
Eine Differenzierung muss zwischen den Fabrikations- und den Geschäftsgeheimnissen vorgenommen werden. Fabrikationsgeheimnisse bilden das technische Know-how einer Unternehmung, wohingegen sich Geschäftsgeheimnisse auf unternehmerische Tatsachen und wirtschaftliche Verhältnisse beziehen. Von Bedeutung für das Greifen von Art. 273 StGB ist insbesondere der Bezug zur Schweiz und dass die Offenlegung der Geheimnisse die Interessen der Schweiz als Staat berührt.
Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind «alle Tatsachen des wirtschaftlichen Lebens [...], an deren Geheimhaltung nach schweizerischer Auffassung ein schutzwürdiges Interesse besteht und die deshalb dem Auslande gegenüber geschützt werden sollen», vom Geschäftsgeheimnisbegriff im Sinne von Art. 273 StGB erfasst. Dies ist beispielsweise gegeben, falls die Offenlegung die Geschäftsinteressen eines schweizerischen Unternehmens beeinträchtigt.
Die Tat ist vollendet, wenn die fremde amtliche Stelle, Unternehmung oder Organisation respektive deren Agent Gelegenheit hat, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen. Es reicht bereits die Ausforschung und das Zugänglichmachen eines Teils eines Geschäftsgeheimnisses aus.