Recht

Ehe- und Erbrecht

Prüfenswerte Anpassungen ehe- und erbrechtlicher Regelungen

Die frühzeitige Vorsorge einer Nachfolgeregelung ist auf Basis der individuellen Ausgangslage festzulegen und unter Berücksichtigung des Ehe- und Erbrechts umzusetzen. Dabei sollte regelmässig überprüft werden, ob die privaten und gesetzlichen Umstände noch stimmen, so z.B. bei Annahme der Erbschafts- und Schenkungssteuerinitiative.
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«Ich kann jederzeit ableben, ich habe für diesen Fall vorgesorgt» – diese Aussage eines Unternehmers zeigt, dass er sich mit einer gegebenen Tatsache befasst hat: jeder von uns ist sterblich, und der Tod kann jederzeit eintreten. Als Unternehmer oder Unternehmerin hat man einerseits dafür zu sorgen, dass das Unternehmen ohne grossen Unterbruch weitergeführt wird – das erfolgt am besten durch eine funktionierende Stellvertretung. Als Privatperson und Inhaber oder Inhaberin des Unternehmens hat man andererseits dafür zu sorgen, dass das Unternehmen und das andere Vermögen in die «richtigen Hände» gelangt – das erfolgt mittels Anpassung des Ehe- und Erbrechts durch ehegüterrechtliche und erbrechtliche Vorkehrungen.

Ausgangslage und Ziele

Zuerst hat der Unternehmer seine Ausgangslage aufzunehmen und sich gestützt darauf zu fragen, was bei seinem Ableben geschehen soll: Welchen Weg sollen mein Vermögen und insbesondere mein Unternehmen bei meinem Tod nehmen? Ist die Meistbegünstigung des Ehegatten das Richtige, z.B. wenn die Kinder noch klein sind? Oder soll das Unternehmen ganz oder teilweise an Kinder gehen, die dort bereits mitarbeiten? In beiden Fällen: was sollen die anderen Erben erhalten? Oder soll ich anordnen, dass das Unternehmen an das Management oder an Dritte veräussert werden soll? Sind die Ziele klar, kann die Umsetzung durch die notwendigen ehegüter- und erbrechtlichen Vorkehrungen erfolgen.

Meistbegünstigung

Häufig wird die Meistbegünstigung des überlebenden Ehegatten gewählt, insbesondere wenn die Kinder noch klein sind oder wenn gar keine Kinder vorhanden sind. Die Meistbegünstigung erfolgt bei gemeinsamen Kindern primär damit, dass der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung beibehalten wird, dass aber durch einen Ehevertrag dem überlebenden Ehegatten die Errungenschaften beider Ehegatten zugewiesen werden.

Befindet sich das Unternehmen in einer Errungenschaft, und stellt vielleicht auch noch das gesamte übrige Vermögen der Ehegatten Errungenschaft dar, erhält der überlebende Ehegatte so bereits aufgrund des Ehegüterrechts praktisch das ganze Familienvermögen. In diesem Fall fällt in den erbrechtlichen Nachlass des verstorbenen Ehegatten – von dem die Kinder die Hälfte erben – nämlich nur noch dessen Eigengut und kein Anteil an den Errungenschaften mehr. Und das Eigengut besteht diesfalls nur noch aus den persönlichen Gegenständen des Verstorbenen.

Befindet sich das Unternehmen hingegen nicht in der Errungenschaft, sondern im Eigengut, nützt die ehevertragliche Zuweisung der Errungenschaften nichts; als Eigengut fällt das Unternehmen in den Nachlass und unterliegt der Erbteilung.

Für einen solchen Fall ist die zusätzliche Begünstigung des überlebenden Ehegatten durch Testament oder Erbvertrag angebracht. Dies indem die Kinder auf den Pflichtteil gesetzt werden, der drei Viertel ihrer gesetzlichen Erbquote von ein Halb beträgt, somit drei Achtel des Nachlasses; die frei verfügbare Quote wird dem Ehegatten zugewiesen. Diesfalls ist dem überlebenden Ehegatten zudem durch eine Teilungsvorschrift das Unternehmen zuzuweisen, oder es kann ihm allgemein das Recht eingeräumt werden, vor den übrigen Erben aus den Nachlassgegenständen zu wählen.

Sind die Kinder volljährig, kann ausserdem durch einen Erb- und Erbverzichtsvertrag jenseits aller Erb- und Pflichtteilsquoten eine passende Familienlösung vereinbart werden. Zum Schutz der Kinder für den Fall einer neuen Heirat wird dann im Gegenzug oft eine Wiederverheiratungsklausel eingefügt.

Individuelle Lösungen

Besteht nicht eine klassische Familienkonstellation mit Eltern und gemeinsamen Kindern, verkompliziert sich die Sache. So sind nichtgemeinsame Kinder gegenüber einer ehevertraglichen Begünstigung pflichtteilsgeschützt. Sind keine Nachkommen vorhanden, haben auch die Eltern einen Pflichtteil. Auch in solchen Fällen bestehen aber Regelungsmöglichkeiten, bis hin zum Abschluss von Erb- und Erbverzichtsverträgen.

Bei jedem Unternehmer ist deshalb seine Situation individuell aufzunehmen, um dann anhand der formulierten Ziele die optimalen Regelungen zu treffen. Der Ehe- und auch der Erbvertrag müssen durch einen Notar öffentlich beurkundet werden. Dieser ist gleichzeitig der Berater für die individuell beste Lösung.

Regelmässige Überprüfung

Wichtig ist, dass die getroffenen Regelungen regelmässig überprüft werden, ob sie noch stimmen. Das hat vor allem auch bei geänderten Umständen zu erfolgen, so z.B. wenn Kinder zur Welt kommen, wenn jemand verstirbt, oder wenn sich die gesetzlichen Umstände ändern.

Erbschafts- und Schenkungssteuerini­tiative

Eine solche Änderung der gesetzlichen Umstände würde eintreten, wenn die im August 2011 lancierte eidgenössische Volksinitiative «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)» angenommen würde. Diese besagt: Der Bund erhebt anstelle der bisherigen kantonalen Regelungen unter bestimmten Voraussetzungen eine Schenkungs- und Erbschaftssteuer zu einem einheitlichen Steuersatz von 20 Prozent. Es besteht ein einmaliger Freibetrag von 2 Mio. Franken, bezogen auf das gesamte Nachlassvermögen (Nettovermögen), was darüber liegt, wird mit den 20 Prozent besteuert.

Von der Erbschaftssteuer umfasst wird nicht nur das gesamte aktuelle Nachlassvermögen, sondern es werden für die Berechnung des Nachlasses auch die ab 1. Januar 2012 geleisteten Schenkungen von über 20 000 Franken pro Jahr und beschenkte Person miteinbezogen. Zudem werden Schenkungen und somit auch Erbvorbezüge grundsätzlich zum gleichen Satz von 20 Prozent besteuert, wenn sie Zuwendungen von 20 000 Franken pro Jahr und Person übersteigen und zusammengezählt mehr als 2 Mio. Franken ausmachen (einmaliger Freibetrag). Steuerbefreit sind Zuwendungen an Ehegatten und registrierte Partner sowie steuerbefreite, gemeinnützige Organisationen. Nicht steuerbefreit sind hingegen Schenkungen und Erbschaften an direkte Nachkommen.

Für die Übertragung von Unternehmen an Nachkommen schafft der Initiativtext folgende Erleichterungen: Gehören Unternehmen (oder Landwirtschaftsbetriebe) zum Nachlass oder zur Schenkung und werden sie von den Erben, Erbinnen oder Beschenkten mindestens zehn Jahre weitergeführt, so gelten für die Besteuerung besondere Ermässigungen, damit ihr Weiterbestand nicht gefährdet wird und die Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Diese besonderen Ermässigungen müssen nach Annahme der Initiative durch das Parlament in einem Ausführungsgesetz bestimmt werden. Der Bundesrat hat bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes Ausführungsvorschriften zu erlassen, wobei er bei den besonderen Ermässigungen folgende Vorgaben zu beachten hat: Bei Unternehmen wird die Ermässigung durchgeführt, indem auf dem Gesamtwert der Unternehmen ein Freibetrag gewährt und der Steuersatz auf dem steuerbaren Restwert reduziert wird. Ausserdem kann für höchstens zehn Jahre eine Ratenzahlung bewilligt werden.

Angedacht sind somit bei Unternehmen ein zusätzlicher Freibetrag und ein tieferer Steuersatz als 20 Prozent, wenn das Unternehmen während mindestens zehn Jahren weitergeführt wird. Die Höhe des Freibetrages und des tieferen Steuersatzes sind noch unbestimmt und durch den Gesetzgeber festzusetzen. Auch ist die Dauer der Weiterführung von zehn Jahren lang, da in dieser Zeit viel geschehen kann; würde das Unternehmen nicht zehn Jahre weitergeführt, würde die normale Besteuerung fällig.

Anpassungen aufgrund der Initiative

Bei einer Annahme der Initiative ist jeder gut beraten, zu überprüfen, ob eine Anpassung seiner bisherigen ehegüter- und erbrechtlichen Regelungen an die neue Situation angebracht ist. Neu würden ja die Nachkommen besteuert, neu gäbe es aber auch einen Freibetrag von 2 Mio. Franken. Der zusätzliche Freibetrag für das Unternehmen, wenn dieses von den Erben während mindestens zehn Jahren weitergeführt wird, wäre ebenfalls in Betracht zu ziehen.

Im Hinblick nur schon auf den normalen Freibetrag von 2 Mio. Franken könnte es sinnvoll sein, diesen beim Ableben jedes Ehegatten zu nutzen, d.h. dass das Vermögen auf die beiden Erbgänge verteilt wird. Das bedeutet, dass bereits der Nachlass des erstversterbenden Ehegatten den Umfang des Freibetrags erreichen müsste. Wenn das der Fall sein soll, müsste eventuell die bisherige Meistbegünstigung des überlebenden Ehegatten abgeändert werden, da sonst alles an ihn geht. Als gewisse Kompensation für den überlebenden Ehegatten könnte man ihm auf dem Teil, der vom nun erhöhten Nachlass an die Nachkommen geht, Rechte wie eine Nutzniessung einräumen. Beim Tod des zweiten Elternteils profitieren die Nachkommen dann das zweite Mal vom Freibetrag. Wie hoch die jeweiligen Nachlässe geplant werden und wie das Ganze im Detail geregelt werden soll, ist anhand der individuellen Situation zu prüfen und festzulegen.

Fazit

  • Der Unternehmer hat seine Nachfolge anhand seiner individuellen Ausgangslage zu prüfen, festzulegen und schliesslich ehegüterrechtlich und erbrechtlich umzusetzen.
  • Die getroffenen Regelungen sind in regelmässigen Umständen zu überprüfen, ob sie noch stimmen. Ein Anpassungsbedarf könnte sich bei einer Annahme der Erbschafts- und Schenkungssteuerinitiative vom August 2011 ergeben.

 

Rolle der Vormundschaftsbehörde

Vielen ist nicht bewusst, dass die Vormundschaftsbehörde eingeschaltet wird, wenn minderjährige Kinder Erben sind. Diese entscheidet, ob zur Wahrung der Interessen der Kinder gegenüber dem überlebenden Elternteil bei der Erbteilung ein Beistand zu ernennen ist. Der Erbteilungsvertrag muss von der Vormundschaftsbehörde genehmigt werden. Nach Abschluss der Erbteilung entscheidet die Vormundschaftsbehörde darüber, ob eine Erbenverwaltung angeordnet wird. Der überlebende Elternteil hat dann ein Inventar über das Kindesvermögen einzureichen, und es kann die periodische Berichterstattung angeordnet werden. Die Erträge des Kindesvermögens dürfen für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit billig, auch für die Bedürfnisse des Haushalts verwendet werden. Die Substanz darf grundsätzlich nur mit Zustimmung der Vormundschaftsbehörde angegriffen werden.