Recht

Markenrecht

Marken brauchen (rechtliche) Pflege

Anders als bei einem neuen Fahrzeug, welches früher oder später wertlos sein kann und dem Recycling zugeführt wird, kann eine Marke bei richtiger Pflege deutlich an Wert gewinnen. Welche rechtlichen Voraussetzungen nötig sind, damit eine Marke nicht nur wertbeständig ist, sondern über die Dauer an Wert zulegt, zeigt dieser Beitrag.
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In der Ausgabe 01-02/13, Seite 40, des «KMU-Magazin» hat Autor Pascal D. Staub in seinem Artikel über Holistic Branding geschrieben, dass sich Markenstärke letztlich vor allem in der finanziellen Dimension zeigt, welche bei der Veräusserung einer Marke und/oder ihrer seriösen Bewertung erreicht werden kann. Nachfolgende Zeilen sollen einen Einblick geben, welche Voraussetzungen für die Wertsteigerung einer Marke notwendig sind.

Es ist allgemein bekannt, dass eine Marke ein betriebliches Herkunftszeichen für bestimmte Waren und/oder Dienstleistungen ist, welches dazu dient, diese von den Waren und/oder Dienstleistungen der Konkurrenz zu unterscheiden. Etwas weniger verbreitet ist die Erkenntnis, dass Marken einen monetären Wert haben können, und nur eingefleischte Markenrechtler werden wohl nachvollziehen können, aufgrund welcher Umstände eine Marke (oder ein Marken-Portefeuille) für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens ausschlaggebend sein kann.

Das Immaterialgüterrecht Marke bedarf einer nicht unerheblichen Pflege durch den In- oder Outside Counsel. Im Gegensatz zu einem neuen Fahrzeug, welches früher oder später wertlos sein kann und dem Recycling zugeführt wird, ist die Marke ein theoretisch unsterbliches Etwas, das mit der richtigen Mischung aus Marketing, Qualität, Preis-Leistungs-Verhältnis, Kundentreue und rechtlichem Support an Wert in erstaunlichem Ausmass zunehmen kann. Wir alle kennen die im eingangs erwähnten Artikel zitierten berühmten Marken Coca-Cola, Nivea, Apple oder Nike. Sie alle sind nicht von heute auf morgen zu dem geworden, was sie heute sind. Auch Nespresso musste zu Beginn harte Zeiten durchmachen, und manchmal braucht es den Glauben an den Erfolg, Mut und die finanzielle Stärke, um Durststrecken zu überwinden.

Nun soll nicht im Detail darauf eingegangen werden, wie man den tatsächlichen Wert von Marken zu berechnen versucht. Vielmehr soll hier aufgezeigt werden, worin die rechtliche Markenpflege besteht, welche konkreten Aspekte berücksichtigt werden müssen, und welche Fehler sich fatal auswirken können.

Jede Firma vertreibt ein Produkt, sei dies eine Ware oder eine Dienstleistung. Jedes Produkt braucht einen Namen, wenn es sich von den Produkten der Konkurrenz abheben will. Der Name – oder eben die Marke – wird von der Inhaberin selber oder von einer Agentur kreiert. Je fantasievoller oder kennzeichnungskräftiger eine Marke ist, desto eher wird sie von den Registerbehörden zur Eintragung zugelassen. Es liegt jetzt bei der Rechtsabteilung oder dem Markenanwalt, diesen Namen als Marke zu schützen. In den meisten KMU selber werden keine Spezialisten auf dem Gebiet des Immaterialgüterrechts vorzufinden sein, so dass man einen Outside Counsel beizieht, welcher aber im Gegenzug das unter der neuen Marke zu vertreibende Produkt nicht kennt. Hier setzt der erste Punkt der Markenpflege an.

Der instruierte Markenanwalt muss sich in den Markeninhaber und sein Produkt hineindenken und allfällig nachfolgende oder begleitende Produkte (z.B. Peripheriegeräte für Computer) erkennen. Dem Markenanwalt obliegt es, einen Vorschlag für ein Waren- und/oder Dienstleistungsverzeichnis auszuarbeiten, welches den Bedürfnissen des Markeninhabers vollumfänglich Rechnung trägt. Dies setzt individuelle Beratung und eine enge gegenseitige Kooperation voraus. Je breiter das Verzeichnis verfasst ist, desto grösser ist grundsätzlich auch der Schutzumfang. Anderseits wird aber auch mit jeder zusätzlichen Angabe im Verzeichnis einer Marke die Möglichkeit grösser, dass man in den Gleichartigkeitsbereich ähnlicher älterer Marken eindringt. Es erhöht sich also gleichsam die Angriffsfläche, je breiter man das Verzeichnis seiner eigenen Marke verfasst.

Steht einmal der definitive Wortlaut des Verzeichnisses fest, muss entschieden werden, ob die neue Marke als Wort oder als Wort-/Bildmarke (in eher seltenen Fällen als reine Bildmarke, dreidimensionale Marke, akustische Marke, Hologramm oder Positionsarke) eingetragen werden soll. Den grössten Schutzumfang geniessen reine Wortmarken, weil dadurch sichergestellt ist, dass der Inhaber gegen jegliche grafische Darstellung des entsprechenden oder eines mit der Marke verwechselbar ähnlichen Wortes vorgehen kann, wenn sich die Waren/Dienstleistungen im Gleichheits- oder zumindest im Gleichartigkeitsbereich befinden. Den umfassendsten Schutz erreicht man freilich dadurch, dass neben der Wort- auch die Wort-/Bildmarke registriert wird.

Vorgängig der Anmeldung oder in Zeitnot zeitgleich mit der prioritätsbegründenden Erstanmeldung im Heimatland der Markeninhaberin erfolgt die Markenrecherche, welche darüber Aufschluss gibt, ob aufgrund der Registerlage vernünftige Aussichten bestehen, den neuen Namen als Marke registrieren zu können.

Als Nächstes ist zu überprüfen, in wessen Namen die Eintragung erfolgen soll. Liegt eine Konzern- oder Holdingstruktur vor, können beispielsweise die Marken in der Mutter- oder Holdinggesellschaft untergebracht werden. Diese kann sodann den Gebrauch der Marken an die operativen Gesellschaften delegieren resp. lizenzieren. Welche Voraussetzungen dabei zu berücksichtigen sind, ist von Land zu Land unterschiedlich, und dies muss mithilfe lokal ansässiger Marken- und Steuerspezialisten überprüft werden.

Schweizer Markeninhaber werden in der Regel ihre Marke zunächst in der Schweiz anmelden. Innerhalb der sechsmona­tigen Prioritätsfrist muss entschieden werden, in welchen weiteren Territorien Schutz erwirkt werden soll. Dabei ist zu überprüfen, welche Methode die für den konkreten Fall kostengünstigste darstellt. Neben der Anmeldung in jedem einzelnen Land und der Gemeinschaftsmarke (EU-Marke) kann Schutz erwirkt werden nach den Bestimmungen des Madrider Markenabkommens sowie des Protokolls zum Madrider Markenabkommen.

In rund 20 afrikanischen Staaten ist die Registrierung in der Form einer OAPI-Marke möglich. Weil die Mitgliedsstaaten der verschiedenen Abkommen immer ändern, ist es ratsam, die Methode der Anmeldung unter Berücksichtigung der jeweiligen Risiken in enger Zusammenarbeit mit dem Spezialisten auszuwählen. Ist die Prioritätsfrist abgelaufen, kann die Marke in zusätzlichen Ländern weiterhin angemeldet werden, doch wird der Schutz nicht rückwirkend auf das Datum der Erstanmeldung erteilt, sondern lediglich ab tatsächlichem Hinterlegungsdatum in den entsprechenden Territorien. In gewissen wenigen Ländern ist zu berücksichtigen, dass bereits der Gebrauch einer Marke bestimmte Markenrechte verleiht.

Nach der Eintragung der Marke wird in den meisten Ländern eine sogenannte Benutzungsschonfrist in Gang gesetzt. Dies bedeutet, dass die neu eingetragene Marke geschützt ist, auch wenn der tatsächliche Gebrauch derselben noch nicht aufgenommen worden ist. Diese Frist beträgt zwischen zwei und fünf Jahren und ist nur in seltenen Fällen höherer Gewalt erstreckbar. Es ist somit von entscheidender Bedeutung, dass der Markeninhaber weiss, bis wann er seine Marke in einem bestimmten Territorium gebrauchen muss, um im Bedarfsfall von den Behelfen des Markenrechts profitieren zu können.

Die Überwachung auf möglicherweise verletzende Drittzeichen ist der nächste Schritt. Dabei wird regelmässig in den Publikationsorganen der verschiedenen Länder überprüft, ob neue Markenanmeldungen in den Ähnlichkeitsbereich der bestehenden Marke fallen und dadurch zu einer Verwirrung im Markt mit Verwechslungsgefahr hinsichtlich der unter der eigenen Marke angebotenen Waren und/oder Dienstleistungen führen können. Dagegen ist konsequent vorzugehen, denn ein «laisser faire» beinhaltet die Gefahr einer Verwirkung der eigenen Rechte. Durch generische Benutzung einer Marke und den damit einhergehenden Sprachwandel kann eine ursprünglich schutzfähige Marke ihre Unterscheidungsfähigkeit und Individualisierungsfunktion einbüssen und so zum Freizeichen degenerieren. Berühmtestes Beispiel dafür ist in der Schweiz das Spiel «Eile mit Weile», welches im Laufe der Zeit von allen Marktteilnehmerinnen als Sachbezeichnung benutzt worden ist und mangels rechtzeitiger Intervention durch die Markeninhaberin heute von allen Mitbewerberinnen für das entsprechende Spiel benutzt werden darf.

Oft bietet sich im Konfliktfall die Möglichkeit einer gegenseitigen Abgrenzung mittels Vorrechts-, Verpflichtungs- oder Koexistenzvereinbarung an. Die Redaktion solcher Vereinbarungen sollte man allerdings tunlichst dem Spezialisten überlassen, weil der Wert der eigenen Marke dadurch stark beeinflusst werden kann.

Genau gleich wie die Registrierungsurkunden gehören die Originale solcher Vereinbarungen in den Firmensafe der Markeninhaberin, und zwar so, dass sie jederzeit greifbar sind. Dadurch lassen sich mögliche teure Prozesse vermeiden, denn was schriftlich vereinbart worden ist, muss in der Regel nicht abermals und mit gerichtlicher Hilfe einer Lösung zu­geführt werden.

Die Markenverwaltung und das systematische Sammeln aller relevanten Informationen obliegt in der Regel dem Markenanwalt. Es ist deshalb nicht zwingend erforderlich, dass der Markeninhaber die gleichen Daten bei sich nachführt. Mit den heute zur Verfügung stehenden Kommunikationsmethoden wird diese Doppelspurigkeit tendenziell überflüssig. Das Ändern von Daten sollte aber dem Spezialisten überlassen bleiben, damit keine Verwirrung entsteht. Somit können die Mehrkosten der externen Markenverwaltung zum Teil auch durch die Einsparung eigenen Personals wettgemacht und Fehlerquellen vermieden werden.

Die professionelle Markenpflege ist aufgrund der komplizierten und weltweit in einem ständigen Wandel begriffenen Markenrechtssituation unabdingbar. Jeder Markeninhaber sollte sich dieser Tatsache bewusst sein und die daraus resultierenden, hier beschriebenen Konsequenzen auf sich nehmen.

Damit sich die getätigten Investitionen lohnen, muss nicht nur das Produkt, sondern auch die Marke gepflegt werden. Nur so behält eine Marke ihre Bestimmung, in Bezug auf bestimmte Waren/Dienstleistungen als Hinweis auf deren Anbieterin und die mit ihr verbundenen Qualitätsvorstellungen zu dienen. «

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