Im Arbeitsrecht ist die Verbindung einer Konventionalstrafe mit einem nachvertraglichen Konkurrenzverbot ein häufig anzutreffender Fall. Wie es sich bei der Verletzung von anderen arbeitsvertraglichen Pflichten mit einer vereinbarten Konventionalstrafe verhält, war teilweise unklar. In einem neulich ergangenen Entscheid konnte das Bundesgericht zu dieser Frage Stellung nehmen. Das Gericht hielt fest, dass, sofern die Konventionalstrafe auf den Ausgleich vermögensrechtlicher Nachteile des Arbeitgebers ausgerichtet ist und darüber hinaus die Arbeitnehmerhaftung gemäss Art. 321e OR verschärft, die Konventionalstrafe nichtig ist. Zulässig bleiben Konventionalstrafen bei Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten, die als Disziplinarmassnahmen ausgestaltet sind. Diese Disziplinarmassnahmen müssen die zu sanktionierende Verhaltensweise und die daran angeknüpfte Sanktion umschreiben sowie verhältnismässig sein. Hat dieser Entscheid allenfalls Auswirkungen auf die mit einer Konventionalstrafe verbundenen nachvertraglichen Konkurrenzverbote?
Der Sachverhalt
Eine Ärztin wurde als geschäftsführende Ärztin in einer Arztpraxis angestellt. Unter dem Titel «Konventionalstrafe» wurde Folgendes vereinbart: «Bei Zuwiderhandlungen gegen diesen Vertrag, insbesondere gegen das Konkurrenzverbot oder die Geheimhaltungspflicht, schuldet die Arbeitnehmerin eine Konventionalstrafe von je 50 000 CHF pro Verstoss. Die Bezahlung der Konventionalstrafe befreit die Arbeitnehmerin nicht von der weiteren Einhaltung des Vertrages, insbesondere des Konkurrenzverbots, der Geheimhaltungspflicht oder des Verbots der Abwerbung. In jedem Fall, auch bei Bezahlung der Konventionalstrafe, kann die Arbeitgeberin die Beseitigung des vertragswidrigen Zustandes sowie den Ersatz weiteren Schadens verlangen.» Infolge Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten (Aufnahme einer Nebentätigkeit als Belegärztin ohne Zustimmung der Arbeitgeberin, Verweigerung der Rückgabe der ZSR-Nummer) hat die Arztpraxis die Konventionalstrafe geltend gemacht. Nachdem die erste Instanz die Klage abwies und die zweite Instanz die Klage teilweise guthiess, erhoben beide Parteien Beschwerde ans Bundesgericht.
Konventionalstrafe bei Vertragsverletzungen
Die Haftung des Arbeitnehmers ist in Art. 321e OR geregelt und darf nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden (Art. 362 OR). Eine Konventionalstrafe, die den beim Arbeitgeber eingetretenen Schaden ersetzen soll (sog. Ersatzcharakter einer Konventionalstrafe), zielt somit auf die Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers ab, welche im Arbeitsrecht aufgrund der Bestimmung zur Haftung des Arbeitnehmers beurteilt werden muss. Somit sind sämtliche Konventionalstrafen, welche bei einer Vertragsverletzung zu Lasten des Arbeitnehmers vereinbart worden sind und einen Ersatzcharakter aufweisen, auf die Vereinbarkeit mit der Arbeitnehmerhaftung zu überprüfen.
Bewirkt die Konventionalstrafe, dass das Haftungskonzept gemäss Art. 321e OR zuungunsten des Arbeitnehmers abgeändert wird, ist die vereinbarte Konventionalstrafe nichtig. Die Arbeitnehmerhaftung ist unter anderem verschuldensabhängig ausgestaltet. Das Bundesgericht legte den Vertrag nach dem Vertrauensprinzip aus und sah in der Formulierung «Ersatz weiteren Schadens» einen Hinweis, dass die Konventionalstrafe somit (zumindest teilweise) Ersatzcharakter aufweise. Da die Konventionalstrafe unabhängig vom Verschulden der Ärztin und zudem unabhängig vom Vorliegen eines Schadens vereinbart war, lag eine Verschärfung der Arbeitnehmerhaftung in zweierlei Hinsicht vor. Die Konventionalstrafe war somit nichtig.
Konventionalstrafe als Disziplinarmassnahme
Eine Konventionalstrafe kann zulässig sein, sofern es sich dabei um eine Disziplinarmassnahme handelt. Die infrage stehende Klausel prüfte das Bundesgericht dahingehend. Bei der Prüfung bezog sich das Bundesgericht auf das Arbeitsgesetz (Art. 38 ArG). Diese Bestimmung verlangt, dass Ordnungsstrafen in einer Betriebsordnung angemessen geregelt werden. Damit auch Ordnungsstrafen beziehungsweise Disziplinarmassnahmen in einem Arbeitsvertrag gültig vereinbart sind, muss die Höhe der Strafe bestimmt und verhältnismässig sein. Zudem sind alle unter Strafe gestellten Tatbestände sowie die Sanktion klar zu umschreiben.