Recht

Umweltschutz

Komplexe Gesetzeslage durchschauen

Jedes Unternehmen muss die Gesetzgebung in seinem Tätigkeitsbereich kennen, damit sie auch in ihrem ganzen Umfang eingehalten werden kann. Diese Feststellung gilt insbesondere auch für den Bereich Umweltschutz, wo ein breiter Fächer von Gesetzestexten existiert, deren Anwendung und Umsetzung oft schwierig und aufwendig sein kann.
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Für Unternehmen, die umweltfreundlich und /oder sozial verantwortlich handeln wollen, ist die Einhaltung der Rechtskonformität natürlich eine unerlässliche Voraussetzung, um kohärent und glaubwürdig zu sein. Wer nach Normen wie ISO 14001 zertifiziert ist, muss dafür auch den Nachweis erbringen können.

Um die Einhaltung des Rechts sicherzustellen, muss das Unternehmen nicht nur herausfinden, von welchen Vorschriften es betroffen ist, sondern es muss sich auch vergewissern, dass diese in allen seinen Tätigkeitsbereichen umgesetzt werden. Die Nichteinhaltung von Vorschriften oder eine mangelnde Berücksichtigung kommender Veränderungen kann für das Unternehmen weitreichende Folgen haben.

Relevante Gesetzesvielfalt

Nun umfasst das Umweltrecht auf Bundesebene aber eine grosse Vielfalt an Gesetzestexten. Je nachdem, wo man die Grenze zieht, sind es mehr als 120, die sich ganz oder teilweise mit dem Umweltschutz befassen; wobei einige davon nur bestimmte Sektoren oder Tätigkeitsbereiche betreffen. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Vorschriften in ständiger Entwicklung sind, wie natürlich auch die Aktivitäten der eigenen Organisation, was eine ständige Überwachung erfordert.

Der erste Grund für die Vielfalt der Umweltschutzgesetzgebung liegt in der Verschiedenheit der behandelten Themen: Gewässerschutz, Luftreinhaltung, Bodenschutz, Lärmschutz, Strahlungen, Abfall- und Chemikalienmanagement, Schutz vor Störfällen, Energie und Klimaschutz. Dazu kommen weitere Themen wie Naturschutz und Erhaltung der Biodiversität, Jagd und Fischerei, Landwirtschaft, usw., die bestimmte Wirtschaftszweige mehr betreffen. Der zweite Grund für die Vielfalt ergibt sich aus der Struktur unseres politischen Systems und der Kompetenzverteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden. Anforderungen des Umweltrechts bestehen auf allen drei Ebenen, wenn auch die grosse Mehrheit der Regelungen auf Bundesebene erlassen wird. Der dritte Grund für die Vielfalt ist schliesslich in den verschiedenen Handlungsmöglichkeiten zu suchen, über die das Recht verfügt.

Handlungsmöglichkeiten

Zunächst gibt es einen Kern von gesetzlichen Vorschriften mit zwingendem Charakter. Sie bestehen im Wesentlichen aus Verpflichtungen und Einschränkungen wie zum Beispiel Emissionsgrenzwerten (an der Quelle der Belastungen) oder Immissionsgrenzwerten (am Ort der Einwirkung), Vorschriften für den Bau und Betrieb von Anlagen, oder auch Bewilligungsverfahren und Deklarationspflichten gegenüber Behörden. Diese Art von Instrumenten betrifft hauptsächlich die Themen Wasser, Luft, Boden, Lärm, Strahlungen, Abfälle und Störfälle. Abgesehen von der Gesetzgebung im engeren Sinne bestehen zahlreiche zusätzliche Richtlinien von den Behörden selbst, von anerkannten Organisationen oder Branchenverbänden redigiert, welche den oft zu allgemein gehaltenen Gesetzestext verdeutlichen. Da man davon ausgeht, dass die Beachtung des Gesetzes auch die Beachtung dieser sogenannten «Guten Praxis» impliziert, muss diese ebenfalls berücksichtigt werden.

Ein anderes Instrument in unserem Gesetzesapparat stützt sich auf den Begriff der Selbstkontrolle. Besonders die Chemikaliengesetzgebung ist stark von diesem Prinzip durchdrungen. Die Akteure innerhalb der Kette von Herstellung und Vermarktung wachen darüber, dass die gesetzlichen Anforderungen im Rahmen ihrer Tätigkeit eingehalten werden. Sie garantieren insbesondere, dass die auf den Markt gebrachten Produkte nach ihrer Gefährlichkeit für Mensch und Umwelt beurteilt und klassifiziert werden und dass die Anwender alle für eine gute Handhabung nötigen Informationen erhalten.

Es gibt auch Instrumente für einen finanziellen Anreiz, wie sie zum Beispiel in der Abgabe auf flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) oder in der CO²-Abgabe zur Anwendung kommen. Für die betreffenden Unternehmen besteht der Anreiz in der Möglichkeit, die Abgabe ganz oder teilweise rückerstattet zu bekommen, wenn sie nachweisen können, dass sie ihre relevanten schädlichen Wirkungen reduziert haben.

Das Verursacherprinzip wird zum Beispiel mit Finanzierungssystemen zur Abfallbehandlung oder für Sanierungen umgesetzt. Zu erwähnen sind hier zum Beispiel die vorgezogene Entsorgungs­gebühr für elektrische und elektronische Geräte oder die Gebühr für die Ablagerung von Abfällen, die zur Finanzierung der Altlastensanierung dient. Die Beeinflussung des Konsums bildet ebenfalls einen Teil der reglementarischen Hebel. Dazu zählt zum Beispiel die Energieetikette, welche die Konsumenten über die Energieeffizienz von Personenwagen, elektrischen Haushaltgeräten, Lampen oder auch Pneus und Sanitärprodukten informiert. Diese Praxis konnte in der Schweiz und in Europa dank entsprechenden gesetzlichen Grundlagen eingeführt werden. Die ganze Herstellungs- und Vertriebskette ist dadurch berührt.Bei dieser Aufstellung dürfen die freiwilligen Vereinbarungen der Wirtschaft nicht fehlen, wie man sie zum Beispiel am Anfang in der CO²-Gesetzgebung fand. In diesem Fall erwies sich allerdings das freiwillige Engagement als ungenügend, was zur Einführung der CO²-Abgabe führte.

Eine Besonderheit dieser Abgabe liegt darin, dass deren Höhe von der Erreichung – oder Nichterreichung – der vom Bund festgelegten Ziele für die gesamte Reduktion der Emissionen abhängt. Werden diese Ziele nicht erreicht, bedeutet das automatisch eine Erhöhung der Abgabe, was in den letzten Jahren schon mehrmals der Fall war und auch bald wieder eintreten könnte, sollten sich die Anstrengungen als ungenügend erweisen.

Gesetzgebung entwickelt sich

Die Gesetzgebung ist alles andere als in Stein gemeisselt; sie entwickelt sich zusammen mit ihrem wirtschaftlichen und politischen Umfeld, aber auch mit Veränderungen in der Sensibilisierung unserer Gesellschaft. Als Beispiel sei der Vorschlag des Bundesrates zur Änderung des Umweltschutzgesetzes erwähnt, der als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Grüne Wirtschaft» dienen soll und deren Vernehmlassungsfrist Ende September abgelaufen ist. Diese Änderung soll die Rahmenbedingungen schaffen, um den Konsum in der Schweiz ökologischer zu gestalten, die Kreislaufwirtschaft zu stärken und Informationen zur Ressourceneffizienz zur Verfügung zu stellen. Im Vordergrund stehen auch hier freiwillige Initiativen in Zusammenarbeit mit den betroffenen Kreisen.

Die KMU sehen sich somit einer manchmal nur schwer zu handhabenden Komplexität gegenüber, die zu allen anderen Vorschriften und Normen, denen sie sich unterziehen müssen, hinzukommt. Wie sollen die Unternehmen nun vorgehen, um gleichzeitig Konformität und Effizienz sicherzustellen?

Konformität und Effizienz

Ein sinnvolles und effizientes Vorgehen gliedert sich in drei Phasen:

  1. Die Ermittlung der Vorschriften, welche das Unternehmen speziell betreffen: Zunächst geht es darum, alle Tätigkeitsfelder aufzulisten und für jedes die angesprochenen Themen und die zugehörigen Gesetzestexte zu bestimmen. Dann können für jeden Fall die zu berücksichtigenden Gesetzesartikel herausgesucht werden.
  2. Die systematische Überprüfung der Gesetzeskonformität geschieht anschlies­send in der Praxis, gestützt auf eine Bestandsaufnahme und die vorhandenen Dokumente im Unternehmen, sowie auf die intern und unter Um­ständen auch extern vorhandenen Kompetenzen der betroffenen Personen.
  3. Ist die Überprüfung einmal abgeschlossen und sind die zu verbessernden Punkte herausgearbeitet und bearbeitet, kann man durch eine laufende Beobachtung der aktuellen Gesetz­gebung die Entwicklung der Anforderungen verfolgen und auch für die Zukunft eine rechtzeitige Konformität sicherstellen.

Trotz des dafür nötigen Aufwands, der übrigens je nach Art der Tätigkeit und der Grösse des Unternehmens sehr unterschiedlich ausfallen kann, gibt es zahlreiche Vorteile eines solchen Vorgehens: Die Gesetzeskonformität ist gesichert, die Risiken werden minimiert und Veränderungen werden antizipiert.

Ein Unternehmen kann zudem auch entscheiden, über das gesetzlich verlangte Minimum hinauszugehen und sich dadurch einen Konkurrenzvorteil zu verschaffen.

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