Im Unterschied zu ausländischen Rechtsordnungen sieht das schweizerische Aktienrecht vor, dass die Überwachungs- und Geschäftsführungsfunktionen einzig und alleine beim Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft liegen. Dieser trägt die gesamte Verantwortung und das Haftungsrisiko aus der Geschäftsführung und hat seine Tätigkeit auch gleich selbst zu überwachen (sog. einstufiges oder monistisches System). Beide Aufgaben mit der notwendigen Distanziertheit zu erfüllen, verlangt einiges ab. Bei mittleren und grossen Unternehmen ist eine (ganze oder teilweise) Trennung von Überwachungs- und Geschäftsführungsaufgaben angezeigt.
Das gesetzlich vorgesehene monistische System darf aber abgeändert werden. Es bestehen unter anderem sogar spezialgesetzliche Regelungen, welche diese Personalunion zwischen überwachenden und geschäftsführenden Organen (Bsp. Bankengesetz) verbieten und ausdrücklich eine Delegation vorschreiben. Mit einer Delegation werden die mit der Geschäftsführung einhergehenden Aufgaben und Risiken ganz oder teilweise an einzelne oder mehrere Personen übertragen. Die Überwachungsfunktionen verbleiben dabei weiterhin beim Verwaltungsrat.
Im Rahmen der Delegation der Geschäftsführung an Dritte sind zwei Erscheinungsformen typischerweise anzutreffen. Erfolgt die Delegation an einen anderen Verwaltungsrat, liegt ein – mit dem amerikanischen Recht vergleichbares – Board-System vor (Abb. 1). Dieser Geschäftsführer und Verwaltungsrat wird als «Delegierter» bezeichnet. Erfolgt die Delegation an einen nicht im Verwaltungsrat Einsitz nehmenden Dritten, liegt ein dualistisches System vor. Beim dualistischen System ist eine Überschneidung von Geschäftsführungs- und Überwachungsaufgaben per se ausgeschlossen (Abb. 2).
Erfolgt eine gehörige Delegation der Geschäftsführungsaufgaben an Dritte und kommt der Verwaltungsrat bei der Auswahl, der Unterrichtung und der Überwachung des Geschäftsführers seiner nach den Umständen gebotenen Sorgfalt nach, haftet er nicht mehr für den von diesem verursachten Schaden (Art. 754 Abs. 2 OR). Die Delegation bewirkt diesbezüglich eine Haftungsbeschränkung der nicht geschäftsführenden Verwaltungsräte. Ohne Delegation verbleibt die Geschäftsführung bei allen Mitgliedern des Verwaltungsrates gesamthaft (Art. 716b Abs. 3 OR).